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Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Titel: Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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kamen die Leute her? Sie kannte sie kaum. Eine Frau legte den Arm um sie. »Sie wird schon wieder, Liebes. Es war nur der Rauch.«
    Doro hatte sie wütend abgeschüttelt. Was wusste sie schon?
    Dann kamen nach und nach die anderen nach Hause – zuerst Otto und Star, dann Toussaint und Kollontai, gefolgt von Nick, Moira, Marcus und zuletzt Chris Howe, der um halb sechs Feierabend hatte. Die Polizei befragte sie alle. Es fehlten Clara, die bereits in Sheffield studierte, Chris Watt, die ihre Schwester in Skelmersdale besuchte, und Fred, der in London war. Die Nachbarn verzogen sich. Wahrscheinlich hatte die Polizei auch sie befragt.
    Oolies Aussage wurde aufgenommen, als sie noch im Krankenhaus lag.
    »Na komm. Du kannst dich bestimmt noch an mehr erinnern, Schätzchen. Wer war da, als du nach Hause kamst?«, hakte die Polizistin nach.
    Oolie legte die Hände über das Gesicht und begann zu heulen.
    »Sehen Sie nicht, dass Sie es nur noch schlimmer machen?«, flehte Doro sie an. »Warum lassen Sie mich nicht allein mit ihr reden?«
    Die Polizistin hatte selbst Kinder. »Tut mir leid, Liebes«, sagte sie. »Dann hätte ihre Aussage vor Gericht keinen Bestand. Ich mache nur meine Arbeit.«
    Doro war zwar der Ansicht, dass Oolie durchaus versehentlich Feuer hätte legen können, aber hätte sie auch die Kiefernzapfen vom Dachboden holen und ein Streichholz daran halten können? Oder war es Serge, der früher von der Schule nach Hause kam und herumexperimentierte oder ein Spiel spielte, das schrecklich schieflief? Oder war es ein Unbekannter, derOolie wehtun wollte? Schaudernd erinnerte sich Doro an die Geschichte mit den Ziegelsteinen, als Oolie noch klein war, und fragte sich, warum verletzliche Menschen solche Bösartigkeit auf sich zogen.
    Auch der Fahrer des Kleinbusses wurde befragt, der Oolie nach Hause gebracht hatte.
    Warum war sie allein? Warum war sie früher zu Hause als sonst?
    Der Fahrer stritt ab, dass er früh dran gewesen war; er brachte sie immer um halb vier nach Hause. Ja, er hatte sie bis direkt vor die Tür gebracht. Er hatte angenommen, dass jemand zu Hause war, weil Oolie gewinkt hatte und im Haus verschwunden war, also musste die Haustür offen gewesen sein.
    Hatte der Letzte, der aus dem Haus gegangen war, vergessen abzuschließen? Oder hatte sie jemand reingelassen? Serge?
    Serge hatte die Feuerwehr gerufen, also musste er da gewesen sein, zumindest kurz nach dem Ausbruch des Feuers. Und Oolie hatte niemanden gesehen, als die Tür des Anbaus zufiel und sie darin einschloss.
    »Willst du mir irgendwas erzählen, Serge?«, hatte Doro ihn leise gefragt, als sie allein waren. Er war damals fünfzehn gewesen.
    »Warum denken alle, dass ich es war?«, rief er und brach in Tränen aus.
    Sie fragte nicht weiter, sondern vergrub die verkohlten Kiefernzapfen im Garten unter den Saubohnen.
    Dann kam die Kommune mit ihren lockeren Wohnverhältnissen auf den Prüfstand. Die Polizei schien sich mehr dafür zu interessieren, wer mit wem schlief, als wie das Feuer entstanden war. Chris Howe bestätigte ihre finstersten Vermutungen, als er halbnackt die Tür aufmachte und dann irgendwas von Faschismus schrie. Daraufhin wurde das Sozialamt hinzugezogen, und es wurde gedroht, alle Kinder wegzuholen.
    Die Chrises und ihre Kinder machten sich eines Nachts aus dem Staub, ohne eine Adresse zu hinterlassen. Jen kam und holte Otto, und Nick folgte ihnen. Fred blieb gleich in London; er kam nur für ein Wochenende, um seine Bücher abzuholen und sich zu verabschieden. Nur Moira und Star blieben in der Kommune, bis auch sie Anfang 1995 etwas anderes fanden. Vielleicht hätten Doro, Marcus und Serge auch gehen sollen. Aber Oolie hatte sich gerade glücklich in ihrer neuen Schule eingelebt, und Marcus war zum Fakultätsleiter am Institut befördert worden.
    Eine Weile lebten sie zu viert in der riesigen leeren Villa mit dem ausgebrannten Anbau, den verkohlten Balken und dem Rauchgestank, der überall hing. Die polizeiliche Untersuchung zog sich in die Länge und kam irgendwann ins Stocken, wobei man Oolie selbst in Verdacht zu haben schien. Doch heimlich fragte Doro sich immer noch, wie Serges Kiefernzapfen im Kamin gelandet waren. Andere Hinweise gab es nicht. Eine Nachbarin glaubte jemanden gesehen zu haben, der über den Feldweg rannte, konnte aber weder eine Beschreibung noch eine präzise Uhrzeit angeben. War es Serge, der zur Telefonzelle lief, oder ein Täter auf der Flucht?
    Trotz all der Gaffer schien keiner etwas

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