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Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Titel: Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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interessiert, seit ... seit ... Seine Augen werden feucht.
    Wie er heimgekommen sei, fragt sie.
    Er will nicht ins Detail gehen, also sagt er, dass er sich nicht erinnern kann.
    »Sie leiden also an Gedächtnisverlust?«
    »Vollkommen.«
    Sie diagnostiziert eine leichte Gehirnerschütterung, schickt ihn ins Krankenhaus, um einen Haufen Tests durchführen zu lassen, und sagt ihm, dass er eine Woche lang die Finger vom Alkohol lassen und sich krankmelden soll.
    »Soll ich noch mal herkommen?«
    »Nur, wenn die Symptome wieder auftreten.«
    Ich bin ein Symptom! Mein ganzes Leben ist ein Symptom! Helfen Sie mir, Dr. Dhaliwal!
    »Danke, Frau Doktor.«
    Sie lächelt liebenswürdig. Sie hat ziemlich süße Grübchen.
    Er weiß nicht, was dran ist an ihrer Gehirnerschütterungsdiagnose, aber als er anruft, um sich noch länger krankschreiben zu lassen (»Ich fühle mich ziemlich schwach. Und deprimiert«), hat sie nichts einzuwenden.
    Er verbringt die Tage allein in seinem Penthouse und sieht durchs Fenster zu, wie der Herbst mit rasantem Tempo in Winter übergeht. Wolken jagen über den Himmel, und aus dem Nichts landen braune Blätter auf seinem Balkon. Die Abende sind kalt. Eines Nachts schneit es.
    Gegen Anfang der zweiten Woche fängt er an, sich ernsthaft zu langweilen, also geht er ins Internet und öffnet seine Konten. Dr. Black hat sich in seiner Abwesenheit wacker geschlagen. Er hat nicht nur ein kleines Polster angelegt, sondern die SYC-Aktien sind durch die Decke geschossen. Serge schnappt nach Luft, als er das Ergebnis sieht: Inzwischen hat er ein Guthaben von 1,3 Millionen Pfund. Wie ist das passiert? Zu schade, dass er Edenthorpe Engineering so früh abgestoßen hat, sonst wären es jetzt noch mehr. Wirklich, Aktienhandel ist so was von einfach, wenn man den Trick erst mal raus hat. Ein kurzer Blick auf die Transaktionen von Kenporter1601 zeigt ihm, dass auch er verkauft hat. Seltsam. Wenn man sich die Transaktionen so ansieht, könnte man meinen, die beiden hätten gemeinsam eine Art von Bear Raid angezettelt, um den Preis von Edenthorpe aus voller Berechnung in den Keller zu drücken – dabei ist Serges Rolle darin absolut zufällig.
    Seine persönlichen Finanzen haben sich auch gut erholt. Bei näherer Betrachtung sieht er eine Rückzahlung in Höhe von £ 10 488,81 auf sein Kreditkartenkonto, überwiesen vondem Restaurant Poire d’Or. Wie nett. Wenn auch ein bisschen spät.
    Das einzige Nervende ist die ständige Tirade von Textnachrichten und entgangenen Anrufen seiner Mutter, plus einige von Clara und einige von einer unbekannten Nummer. Er löscht sie alle. In Zeiten wie diesen muss er sich auf das Positive konzentrieren.
    Er ruft bei der Personalabteilung der FATCA an, um von seinen gesundheitlichen Fortschritten zu berichten, und ist überrascht, als er nach ein paar Tagen eine Karte mit Genesungswünschen von seinen Kollegen erhält. Es sind fünf Unterschriften darauf. Der Hamburger fehlt, aber Maroushka ist dabei – ein kringeliges kyrillisches Gekritzel in der oberen rechten Ecke. Ihre Unterschrift hat eine ungemein beschleunigende Wirkung auf seine Genesung.

TEIL FÜNF
    Alles muss raus

Clara
    Er kriegt keinen Tee
    Am Mittwoch verlässt Clara um Punkt halb vier das Klassenzimmer, geht direkt zu ihrem Wagen und fährt in die Hardwick Avenue.
    Sie haben ein Familientreffen, um Oolies zukünftige Wohnsituation zu besprechen. Mr. Clements hat es einberufen, Marcus und Doro haben widerwillig zugestimmt, und Oolie hat darauf bestanden, dass Clara dabei ist.
    Als sie das Haus betritt, fällt ihr als Erstes auf, wie ordentlich alles ist. Ein ungewohnter Geruch begrüßt sie, blumig und süßlich – Doro muss mit Raumspray hantiert haben.
    Oolie kommt ihr auf dem Flur entgegen und umarmt sie. »Hallo, Clarie. Mr. Clemmins ist noch nicht da. Mum sagt, er kriegt keinen Tee.«
    »Keinen Tee? Warum?«
    »Sie sagt, sie will nicht, dass er hier rumhängt.«
    Clara zuckt die Schultern. Doro scheint immer verschrobener zu werden.
    »Na gut, aber ich will eine Tasse. Ich habe einen harten Schultag hinter mir.«
    Sie geht in die Küche und setzt Wasser auf. Oolie folgt ihr.
    »Ist er wieder da, der Hamster?« Ein seltsamer Ausdruck huscht über ihr Gesicht.
    Das ist das zweite Mal, dass sie den Hamster erwähnt.
    »Oolie, bist du dir ganz sicher, dass du ihn nicht aus dem Käfig gelassen hast?«
    Oolie schüttelt nachdrücklich den Kopf. »Ich war’s nicht. Er ist es selbst gewesen. Der freche Stinker. Hat

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