Die Werwolfbraut (German Edition)
Rachen mit dolchspitzenlangen Zähnen. Seine Hände waren Pranken, die Füße nicht weniger. Er konnte aufrecht oder auf allen Vieren laufen und war schneller als ein galoppierendes Pferd. Unermüdlich rannte er durch die Berge.
Der Werwolf erkundete sein Reich. Oben am Gipfel, den er mühelos erklomm, kauerte er sich mit aufrechtem Oberkörper nieder und heulte den Vollmond an. Dessen bleicher Schimmer beschien seine haarige Fratze und spiegelte sich in seinen glühenden Augen wider. Blutgier erfasste ihn.
Als er abermals heulte, hörte er aus dem Tal die Antwort, schwächer als seine Stimme, aus drei Kehlen jedoch. Der Werwolf knurrte böse. Das war sein Reich, und die anderen störten ihn. Er lief in das Tal hinunter. Manchmal verschmolz er mit den Schatten, und er war schnell wie ein Geschöpf der Nacht es nur sein konnte.
Im Tal stand ein Schäferkarren. Im Pferch drängten sich blökend die Schafe. Der Schäfer hatte das Wolfsgeheul gehört, sich im Karren eingeschlossen und zitterte um sein Leben. Um keinen Preis hätte er sich hinausgewagt, um seiner Herde beizustehen. Er wusste, das waren keine normalen Wölfe, die da heulten und die sie überfielen.
Der graue Wolf, die schwarze Wölfin und der dritte Wolf, ein Jungtier, liefen heran. Die Zungen hingen ihnen aus den Mäulern. Sie hechelten gierig. Ihre Augen glühten unheimlich. Das Schafsgeblök wurde lauter. Die im Pferch zusammengedrängten Schafe flüchteten sich, soweit sie das konnten, auf die den Wölfen abgewandte Seite. Ein Schaf kletterte in seiner Panik auf die Rücken der Artgenossen.
Da krachte es, als der graue Wolf mit Urgewalt durch die Latten des Schafspferchs brach. Die Wölfin setzte mit einem hohen und weiten Sprung über den Pferch hinweg. Der Jungwolf folgte dem Grauen, und sie stürzten sich auf die Schafe. Im Nu waren zwei Schafe und ein Lamm tot.
Doch da ertönte ein donnerartiges Knurren und Grollen, wie aus dem Innern der Erde. Der Schäfer in seinem Karren wagte es, den Laden des schmalen Fensters einen Spaltbreit zu öffnen und hinauszuschauen. Er wollte seinen Augen nicht trauen.
Denn ein riesiger, klobiger Wolf stürzte sich auf die drei anderen. Ein schrecklicher Kampf begann, bei dem die Schafe jetzt ungeschoren blieben. Die Fetzen flogen, und Haarbüschel wurden aus den dicken Wolfsfellen gerissen. Der große Wolf mit den glühenden Augen packte den Grauen bei der Kehle und schüttelte ihn. Der graue Wolf jaulte kläglich und winselte dann.
Die beiden anderen Wölfe fielen dem großen Wolf in die Flanke, sonst hätte er den Grauen glatt totgebissen. Er schleuderte ihn weg, dass er sich winselnd überschlug, und ging auf die beiden Angreifer los. Sie hatten keine Chance. Der riesige Wolf zerbiss sie und schüttelte sie durch. Verletzt und blutend, konnten sie gerade noch fliehen.
Der graue Wolf war auf dem Bauch davongekrochen. Auch er war verletzt. Der Schäfer hielt nicht für möglich, dass er die Bisswunden überleben würde. Nachdem er seine drei Gegner in die Flucht geschlagen hatte, behauptete der riesige Wolf den Platz. Die Schafe wichen vor ihm zurück und waren so verängstigt, dass sie nicht einmal zu blöken wagten.
Der große Wolf setzte sich auf die Hinterkeulen und heulte schaurig den bleichen Mond an. Dann richtete er sich auf und stand wie ein Mensch auf zwei Beinen, eine ungeschlachte, zottige Bestie mit glühenden Augen und kantigem Schädel. Der Schäfer bekreuzigte sich.
»Ein Werwolf«, flüsterte er. »Gott sei mir gnädig. Heilige Mutter Gottes, stehe mir bei und vergib mir, was ich gesündigt habe aus menschlicher Schwäche. Alle Heiligen, beschützt mich vor dem wütenden Werwolf.«
Die Bestie spähte umher und erblickte den Schäfer, der den Fensterladen noch nicht geschlossen hatte. Ihre Blicke kreuzten sich. Dem Schäfer schlotterten die Knie, und seine Zähne klapperten wie Kastagnetten. Rasch warf er den Fensterladen zu, schloss ihn mit dem Eisenhaken und setzte sich mit dem Rücken gegen die Wand in den Schäferkarren. Er hörte, wie der Werwolf draußen herumtappte und knurrte.
Dann krachte ein dröhnender Schlag gegen den Karren und ließ ihn erzittern. Der Schäfer zuckte zusammen. Im nächsten Moment packte der Werwolf den schweren Schäferkarren und warf ihn mit Urgewalt um. Drinnen flog alles durcheinander. Der Schäfer wurde gegen die Wand geschleudert und schlug sich den Schädel an. Sein Kopf brummte, und er sah Sterne.
Das fürchterliche Geheul des Werwolfs ließ ihm
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