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Die Werwolfbraut (German Edition)

Die Werwolfbraut (German Edition)

Titel: Die Werwolfbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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weshalb sie Mario Sciaso kennenlernte, den neuen Lehrer. Die Montalbas besaßen natürlich kein eigenes Klavier. Francesca spielte auf dem im Musikraum der Schule, das einmal ein reicher Mäzen aus der nahen Kleinstadt gestiftet hatte. Francesca hatte das Gymnasium in dieser Stadt besucht und die besten Noten gehabt.
    Doch dann war ihre Mutter schwer krank geworden. Francesca musste den Haushalt führen, ihre jüngere Schwester war nämlich schwachsinnig und spielte im Alter von siebzehn Jahren noch immer mit Puppen. Rosa war lieb, würde jedoch nie über den geistigen Stand einer Fünfjährigen hinauskommen. Francesca musste wegen der Krankheit ihrer Mutter die Schule ein Jahr vor dem Abitur verlassen. Es war einfach nicht mehr zu schaffen, all die Arbeit, dann noch das Lernen, die Mutter pflegen, die bittere Armut.
    Francesca hatte ihre Träume von einem Medizinstudium begraben müssen. Tagelang hatte sie damals geweint. Ein paar Mal war sie nahe daran gewesen, sich das Leben zu nehmen. Doch das hatte sie ihrer Familie nicht antun und vor allem die schwerkranke Mutter nicht im Stich lassen wollen.
    Abgefunden hatte sie sich mit ihrem Schicksal noch immer nicht. Aber was blieb ihr anderes übrig, als ihre Pflicht zu erfüllen? Also kein Abitur und kein Studium, sondern tagaus, tagein knochenharte Schufterei in der glühenden Hitze und als Glanzlichter hin und wieder eine Tanzveranstaltung, Kino und die Klavierstunden. Ein ödes Leben, bei dem ihre Schönheit verblühen würde. Die jungen Männer im Dorf waren ihr geistig weit unterlegen. Mit ihnen konnte Francesca nichts anfangen, sich in keinen davon verlieben.
    In der nahen Kleinstadt boten sich auch keine besseren Möglichkeiten. Dann war Mario Sciaso in ihr Leben getreten. Heimlich hatten sie sich verlobt. Francesca hätte es gern gesehen, wenn Mario um ihre Hand angehalten hätte. Doch er zögerte. Erst, sagte er, wollte er seine feste Anstellung als Lehrer in der Zwergschule des Dorfes. Das zog sich hinaus und war immer noch nicht soweit.
    Dann erschien der Marchese und Großgrundbesitzer Ricardo di Lampedusa, stolz, gutaussehend und herrisch, eine Erscheinung wie aus einer anderen Welt. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste Francesca gestehen, dass sie sich vor den anderen jungen Mädchen und Frauen des Dorfes ausgezeichnet fühlte, weil er um sie warb. Die anderen beneideten sie alle glühend, es gab sogar schon bösartigen Klatsch und Gerüchte.
    Er war Michele Montalba zu Ohren gekommen. Francescas Vater hatte nicht lange überlegt, sondern sich am Brunnen gründlich gewaschen, den Stoppelbart abrasiert und seine Haare schneiden lassen. Er hatte seinen besten Anzug angezogen, den schwarzen, in dem er vor zwanzig Jahren geheiratet hatte. In glühender Hitze in seinem schwarzen Anzug war er zum Castello der Lampedusas hinaufgestiegen und hatte um eine Unterredung mit dem Marchese ersucht.
    »Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie ein Verhältnis mit meiner Tochter haben, Marchese«, hatte er in dem düsteren, kühlen Ahnensaal zu ihm gesagt. »Deshalb frage ich Sie jetzt auf Ehre und Gewissen. Welche Absichten haben Sie mit Francesca?«
    »Ich glaube, dass ich Sie liebe und heiraten werde«, hatte Marchese Ricardo geantwortet. »Ich bitte Sie allerdings um vierzehn Tage Frist, ehe ich offiziell bei Ihnen um Francescas Hand anhalte. Vorher sprechen Sie bitte nicht mit ihr.«
    »Darf ich fragen, warum?«
    »Es gibt besondere Gründe.«
    Die beiden unterschiedlichen Männer hatten zusammen ein Glas Wein getrunken. Erstklassigen aus den Weinbergen des Marchese, nicht das saure Zeug, das Montalba von seinem Weinberg kelterte, der zu allem Übel auch noch mit Rebläusen übersät war. Michele Montalba hatte es kaum fassen können. Der hochangesehene Aristokrat Lampedusa lud ihn, den armen Kleinbauern, zu einem Glas Wein ein und plauderte freundlich mit ihm wie mit seinesgleichen. Montalba glaubte, die Welt würde sich in die andere Richtung drehen.
    Als er den Berg wieder hinunterstieg, festigte sich in ihm die Überzeugung, dass es sich hier um den größten Glücksfall seines Lebens handelte. Nicht nur für ihn, nein, auch für seine Tochter Francesca und für den Rest der Familie. Armut und Elend würden vorbei sein, wenn sie die Marchesa di Lampedusa wurde, die Schinderei und die harte Arbeit Vergangenheit. Dann kann ich mich ausruhen, dachte Michele Montalba, mit meinen Enkeln spielen, die sich wohl bald einstellen werden, und in der Sonne sitzen.
    Dann

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