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Die Werwolfbraut (German Edition)

Die Werwolfbraut (German Edition)

Titel: Die Werwolfbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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beinahe die Trommelfelle platzen. Der Schäfer war überzeugt, sein letztes Stündlein hätte geschlagen. Er zitterte vor lauter Todesangst an allen Gliedern. Gleich würde der Werwolf die Bretterwand des Karrens mit seinen gewaltigen Pranken zertrümmern, oder die Tür zerschlagen. Und dann war es vorbei mit dem Schäfer.
    Die Zeit dehnte sich endlos lang für ihn. Er hörte und merkte nichts mehr von dem Werwolf. Die Schafe fingen wieder zu blöken an. Doch es dauerte noch eine Weile, bis der Schäfer es wagte, mit einiger Mühe die Tür zu öffnen, die in den Angeln verbogen war. Er streckte den Kopf hinaus und überzeugte sich, dass der Werwolf verschwunden war.
    Im Pferch lagen drei tote Schafe. Etliche Latten des Schafspferchs waren zerbrochen. Ein Teil der Schafe war weggelaufen, die anderen standen noch in dem Pferch. Der Schäfer kletterte aus dem auf der Seite liegenden Karren. Er war schweißgebadet, hatte immer noch Angst und war überzeugt, um Haaresbreite dem Tod entronnen zu sein.
    Es sind drei Wölfe, dachte er, vermutlich auch Werwölfe. Und ein vierter, der große Werwolf, die Bestie, die die anderen, kleineren dominierte. Vermutlich hat er sie von seiner Beute verjagt, dachte der Schäfer nicht ganz logisch. In den Bergen ertönte wieder das Geheul der riesigen Bestie.
    Der Schäfer erfasste nicht, dass der große Werwolf die drei anderen Wölfe von seinen Schafen vertrieben und diese damit gerettet hatte. Die drei Wölfe waren drei Kilometer entfernt in den Bergen in einem Felsenkessel. Das Licht des Vollmonds beschien. Im Mondlicht leckten sie sich ihre Wunden, die sich unter der magischen Wirkung des Vollmonds zusehends schlossen und verheilten. Gelb lohten die Lichter der drei kleineren Werwölfe.
    Sie schworen dem großen Rache. Die Niederlage sollte er ihnen büßen. Der große Werwolf lief in Richtung Kastell Lampedusa. Dort in der Nähe, hinter einem Gestrüpp, lagen männliche Kleidungsstücke. Der Werwolf raffte sie zusammen und befleckte sie dabei mit Blut. Er lief mit den Kleidern unter dem Arm zu der Hinterpforte in der Schlossmauer. Er zwängte sich hindurch.
     
    *
    Am anderen Morgen schlief Francesca bis in den Tag hinein. Hammerschläge weckten sie dann. Gähnend setzte die junge Frau sich auf und reckte und streckte sich. Als das Gehämmer nicht aufhörte, stand sie auf, obwohl sie noch müde war, wusch sich und zog sich an. Im hellen Sommerkleid betrat Francesca den Garten hinter dem Schloss. Eine Leiter war dort an die Mauer gelehnt. Bretter lehnten an der Wand. Das Dienstmädchen Claudia stand dabei, um sie hochreichen zu können.
    Adolfo, der Hausbursche, stand auf der Leiter und war damit beschäftigt, das Schlafzimmerfenster Ricardo di Lampedusas zu vernageln. Francesca sah das armdicke Eisengitter, das vorm Fenster gewesen war, am Boden liegen. Die Fensteröffnung, in der es tief verankert gewesen war, war ausgebrochen. Eine Urgewalt hatte das Eisengitter glatt aus der Mauer gerissen.
    Schaudern überlegte sich die junge Frau, was für Kräfte hier am Werk gewesen sein mochten – und was oder wer sie ausgeübt hatte. Die alte Filomena war von Francesca unbemerkt aus der Tür getreten und sprach sie an.
    »Möchten Sie frühstücken, Signorina? Der Tisch ist gedeckt.«
    »Ja, danke, ich komme. Was ist da passiert?«
    »Das wissen wir nicht. Stellen Sie mir keine Fragen, fragen Sie den Marchese, bitte.«
    »Wann kann ich ihn sprechen?«
    »Vielleicht heute, vielleicht morgen. Wenn es sein Zustand erlaubt. Es ist ungewiss.«
    Nach dieser erschöpfenden Auskunft ging Francesca ins Schloss und setzte sich an den Frühstückstisch. Nach den ersten Bissen, die sie hinunterwürgte, spürte sie, welchen Hunger sie hatte. Sie aß alles auf – Schinken und Speck, Croissants und ein Ei und Brötchen mit Marmelade. Dazu trank sie Milchkaffee.
    Es war still im Schloss, als Francesca später in den Hof hinausging. Es dauerte nicht lange, bis das Dienstmädchen Rosa sie rief.
    »Telefon für Sie, Signorina.«
    In einem Salon im Haupttrakt nahm Francesca den Hörer, den Rosa ihr hingelegt hatte. Ihr Vater war am Apparat. Er rief aus San Clemente an und war in Sorge um sie, wie sie an seiner Stimme hörte.
    »Ist alles in Ordnung bei dir, Francesca?«
    »Natürlich. Warum fragst du?«
    »Es hat ein Unglück gegeben. Wölfe haben in der letzten Nacht ein paar Schafe aus der Herde des Schäfers Anselmo Croce gerissen. Du kennst doch den alten Anselmo, der immer mit seiner Herde

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