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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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andere Professoren ihre Zweifel eimerweise über solche Theorien. Meist noch einen Kübel Spott obendrauf. Auch sie erinnerte sich, wie sie mitgelacht hatte, als das Thema Präastronautik aufkam.
    Es ging um den Bau der Pyramiden. Tausende von Sklaven hatten sie angeblich gebaut. Ein Student aus einem höheren Semester hatte die Frage gestellt, wie die tonnenschweren Steine bis an die Spitze gelangt waren. Mit der Technik der damaligen Zeit?
    Eine riesige, ja, gigantische Aufschüttung von Sand, noch größer als die Pyramiden selbst, hätte laut des Professors als Rampe gedient, die bis zur Spitze führte.
    Der Student hakte nach. Sein Vater war Bauunternehmer. Er hätte ihn gefragt, wie man das mit heutigen Mitteln schaffen konnte. Wie man Granitbalken von fünfzig bis achtzig Tonnen Gewicht, die als Decke der Königskammer der Cheops-Pyramide dienten, um die enorme darüberliegende Last zu tragen, überhaupt bewegen konnte. Sein Vater, ein Mann der Praxis, der sich jeder Herausforderung stellte, war von der Tonnenzahl der Steinquader überrascht. Mit heutigen Kränen, sogar mit Hubschraubern sei das nicht zu machen. Mit einer derart unvorstellbaren Aufschüttung von Sand schon gar nicht. Wie schafften es dann die Ägypter?
    Der Professor fühlte sich so in die Enge getrieben, dass er sagte, es werden dann wohl Ufos gewesen sein und die Einwände gingen im allgemeinen Gelächter unter.
    Laima überlegte, was es eigentlich war, was sie an der Situation von damals so störte? Es war die Arroganz. Eine Überlegenheit, die Professor Bersinsch nie hatte. Und diese Überlegenheit führte zu einer Blindheit. Es machte die Menschen blind andren Fakten gegenüber als denen, die sie sowieso schon erwarteten. Vielleicht war es, wie Schüssli in seinem Vortrag bei Bione gesagt hatte. Das, was man erwartete, trat schließlich ein. So wie man die Welt sah, so war sie auch. Wenn man etwas nicht sehen wollte, existierte es einfach nicht. Was nicht vorstellbar war, war einfach nicht da. Hatte sie bis jetzt nicht auch so gedacht? War es ihr nicht bequem, einfach nur das zu sehen, was sie sehen wollte? Dann hatte sich alles in einem Wirbelsturm verwandelt. Polizei. Ihre Mutter. Killer. Hatte sie das gewollt? Hatte ihr Denken das in ihr Leben gezogen? Sie schwebte in ständiger Gefahr, war mehrfach nur knapp dem Tod entronnen.
    Irgendetwas zwang sie, das Leben neu zu sehen seit ihrer Trennung von Tooms.
    Alle folgten dem Dropaolat, der nicht mehr seinen Gesang anstimmte, sondern sich rege mit von Stein unterhielt, während Thian übersetzte.
    Laima sah hinunter auf den Fluss, der sich tief unter ihnen wie eine silbrige Schlange wand. Eine Leere breitete sich in ihr aus. Die Vergangenheit stieß sie ab. Die Zukunft machte ihr Kopfschmerzen. Sie ließ ihre Gedanken los.
    Sie folgte einfach der Gruppe, die bis auf den Dropaolat und von Stein sehr müde wirkte. War es die Begegnung mit dem Tod in Form der Mumie? War es die Luft? Laima war es egal.
    Sie freute sich die Ziegen zu sehen, als sie wieder bei der Schlucht der Dropas angelangt waren. Lebendig und voll Freude sprangen sie von Felsen zu Felsen. Mütter säugten ihr Zicklein. Alles strahlte eine unbeschwerte Natürlichkeit aus, die fern aller erdachten Theorien um eine gedankliche Vorherrschaft war.
    Die Frauen hatte bereits in der großen Versammlungshalle das Essen vorbereitet. Wieder wurden sie von neugierigen Jungen und Mädchen freudig umringt, die den Dropaolat ausfragten, der geduldig mit ihnen sprach, bis er sie fortschickte.
    Sie setzten sich an den Tisch und aßen bereitwillig das Mahl, das ihnen aufgetragen wurde.
    „Der Dropaolat hat sich bereit erklärt, einen Blick in die Zukunft unserer Expedition zu werfen, um uns zu sagen, was uns erwartet“, sagte von Stein.
    „Glauben sie wirklich an Wahrsagerei?“, fragte Professor Carlsen.
    „Keine Ahnung. Aber schaden kann es nicht. Mich interessiert eigentlich mehr die Art der Meditation, mit der er sich in diesen Zustand versetzt. Ich habe mich mit ihm lange unterhalten, aber er versicherte mir, dass er nichts dazu brauche. Er könne sich allein durch geistige Übung in diese Trance versetzen.“
    „Haben sie ihn gefragt, ob er diese Fähigkeit geerbt hat?“, wollte Laima wissen.
    „Er meinte, jeder habe Zugang zu diesem inneren Raum. Man brauche keine speziellen Fähigkeiten. Er unterrichtet sogar die Kinder darin, wenn sie auch etwas ungeduldig und nicht so konzentriert sind.“
    „Ist das nicht gefährlich?“,

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