Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
Vom Netzwerk:
Mitglieder der Gruppe hatten sich beruhigt und waren in einmütiges Schweigen versunken. Außer dem Gesang des Dropaolat herrschte Stille. Als sie die enge Schlucht betraten, hörte er mit seinem Gesang abrupt auf. Eine gespenstische Ruhe breitete sich im gedämpften Licht aus. Der Dropaolat wies stumm mit dem ausgestreckten Arm auf mehrere Statuen, die in einiger Entfernung über ihnen aus dem Fels geschlagen waren.
    „Sehen seltsam aus, diese Gestalten“, sagte Schüssli.
    „Jetzt schaffst du es wohl auch alleine weiter, oder?“, sagte Sam zu Schüssli. „Hier ist ja nichts mehr zum Runterfallen.“
    „Ein bisschen wie die Steinköpfe auf der Osterinsel“, sagte Figaro Slinkssons.
    Als sie näher kamen bemerkte Laima, wie groß die Skulpturen waren. Sie stiegen mehrere Treppen hinauf bis zum Eingang einer kleinen Höhle. Schüsslis Neugier war in diesem Fall größer als seine Höhenphobie.
    Die großen Figuren mit den eckigen Köpfen bildeten mehrere Meter hohe Säulen, zwischen denen sie hindurchgingen, bis die Decke immer niedriger wurde und sie vor einer halbhohen Öffnung standen. Selbst der Dropaolat musste sich bücken.
    Sie krochen hindurch. Im Inneren war es absolut dunkel. Der Dropaolat entzündete eine Fackel. Er hatte den Schal von seinem Gesicht entfernt und wies sie an, ihm zu folgen. Die Grotte war natürlichen Ursprungs. Sie konnten die Höhlendecke im Schein der Fackel erahnen.
    „Ahhh!!!“, Schüssli sprang zur Seite.
    „Das sind Tierschädel“, sagte Professor Carlsen.
    „Sie sehen noch so ... frisch aus“, sagte Schüssli. „So lebendig!“
    „Mumifiziert, mein Lieber“, sagte Professor Carlsen und trat an das Holzgestell, in dem eine Reihe verschiedener Schädel gestapelt waren. „Pferd, Schaf, Ziege. Auch einen Hund haben wir hier.“
    „Es sieht nicht aus, als wären die extra präpariert worden“, sagte von Stein.
    „Nein, das Klima reicht aus, sie in diesem Zustand zu konservieren. Der Verwesungsprozess setzt gar nicht erst ein. Die trockene und kühle Luft verhindert es. Und wenn sich das Klima nicht ändert, können sie so über mehrere Jahrhunderte in diesem lebensnahen Zustand verbleiben. Es ist recht kühl hier. Ich tippe auf vier Grad über Null. Die optimale Konservierungstemperatur.“
    Der Dropaolat sagte etwas, das Thian übersetzte.
    „Wir werden gleich die eigentliche Grabkammer betreten“, sagte Gerold von Stein.
    „Wenn ich das sehe, reichts mir völlig“, sagte Schüssli.
    „Du kannst auch gerne hier bei den Schädeln auf uns warten, wenn dir das lieber ist“, sagte von Stein.
    „Nein. Überredet!“
    „Es ist in vielen Kulturen üblich, Tiere mit Menschen zu bestatten“, sagte Laima. „Als Ausdruck des Reichtums oder einfach um die gesamte Habe mit auf den Weg zu geben.“
    „Wie in Ägypten? Wo die Frauen gleich lebendig mit beerdigt wurden“, sagte Sam.
    „So oder so ähnlich“, sagte Laima.
    „Dann sind wir im tibetischen Tal der Könige gelandet?“, sagte Slinkssons verschwörerisch.
    „Warum klingt das aus ihrem Mund immer nach blanker Ironie, mein lieber Figaro?“, sagte Professor Carlsen.
    „Das war mein Ernst“, sagte er.
    „Nun, das meine ich ja, dass man es bei ihnen nicht mehr unterscheiden kann.“
    Sie kamen zu einer Holzleiter, die durch ein Loch in der Decke führte.
    Der Dropaolat gab ihnen ein Zeichen hinaufzusteigen. Sie folgten, während er mit der Fackel wartete, bis alle durch das Loch waren. Laima stieg als Letzte hinauf und stellte fest, dass alle um das Loch saßen und sich nicht aus dem spärlichen Schein der Fackel trauten, der hinauf ins Dunkel der Grabkammer fiel.
    „Meinen Bione-Scanner“, sagte von Stein und griff sich an den Gürtel, „den habe ich ganz vergessen.“
    Laima sah, wie er im Halbdunkel Einstellungen am Gerät vornahm. Dann stieg der Dropaolat zu ihnen hinauf. Das Licht seiner Fackel breitete sich auf den Wänden aus.
    „Ein Bettgestell. Seht euch die kunstvollen, bunten Schnitzereien an.“
    „Es sieht aus, als ob die Kultur zur Zeit der Bestattung sehr entwickelt war. Wenn man die künstlerischen Fertigkeiten betrachtet“, sagte Laima.
    „O mein Gott, da liegt ja einer drin“, sagte Schüssli und drehte sich weg.
    „Irgendwie geht der Scanner nicht“, sagte von Stein.
    „Wie auch, der da im Bett ist ja tot“, sagte Figaro Slinkssons.
    „Warum ist er denn gefesselt?“, fragte Schüssli.
    „Er ist nicht gefesselt, aber seine Arme und Beine sind zusammengebunden“, sagte

Weitere Kostenlose Bücher