Die Wesen (German Edition)
konnte keiner von uns sagen. Wir lagen alle wimmernd am Boden. Dann schleppten wir uns zum Auto und fuhren, so schnell es ging, davon. Alle waren sich einig, dass es ein deutliches Zeichen war, nie wieder den Schatz anzurühren. Keiner von uns hatte bis dahin an etwas wie Geister geglaubt. Auch weiß ich nicht, ob jemand es danach tat. Sicher war nur, dass wir alle das Gleiche gesehen und erlebt hatten.
Es dauerte bis zum nächsten Sommer, bis Martins Vater sich wieder dort hintraute. Ich hatte in der Zeit ein Gerät entwickelt, dass bis heute in der Parawissenschaft eingesetzt wird. Aber wir fanden keinen Hinweis darauf, dass etwas ungewöhnlich war.
Dann, nach und nach, kehrte die Familie zurück. Sie wohnen zwar nicht das ganze Jahr dort, nutzen es aber als Sommerhaus, soviel ich weiß. Seit sie nicht mehr vorhatten, Schätze zu heben, ist auch nichts mehr vorgefallen. Außer dass ich meine Karriere auf dem Gebiet weiter fortgesetzt habe.“
„Huh“, sagte Slinkssons mit einem Grinsen. „Und das sollen wir ihnen abnehmen? Aber erzählen können sie ja. Vielleicht hätten sie lieber Gruselautor werden sollen.“
Niemand sonst wollte in Slinkssons Sarkasmus einstimmen. Alle waren guter Dinge, wenn ihnen auch langsam die Anstrengung des Tages auf die Lider drückte.
„Zum Glück haben wir Wurfzelte, wie ich gesehen habe“, sagte Professor Carlsen, der dem Whiskey mit großer Leidenschaft zugesprochen hatte.
Jeder fand einen passenden Felsen, um sein Zelt aufzustellen. Laima hatte eins für sich alleine. Zusammen mit den Fellen und dem Schlafsack war ihr Lager so angenehm weich und bequem, dass ihr kein Bett der Welt so wunderbar erschien. Sie genoss es, ihr kleines eigenes Reich zu haben.
„Gute Nacht“, rief sie noch Thian, Slinkssons und Professor Carlsen zu, die am Feuer ausharrten, nachdem sie die Zelte aufgestellt hatten.
Dann verkroch sie sich und schlief sofort ein.
Als sie am Morgen aufwachte, schmerzten ihre Hände. Blasen voll Wundflüssigkeit, die das Seil in ihre Haut gebrannt hatte. Sie hörte die müden Stimmen der drei Männer, die immer noch am Feuer saßen. Es dämmerte bereits. Laima schälte sich aus dem Schlafsack und streckte den Kopf aus ihrem Zelt.
„Guten Morgen“, begrüßte sie die Männerrunde.
Neben ihnen standen weitere leere Flaschen.
„Morgen? Es ist schon Morgen?“, sagte Professor Carlsen überrascht. „Es war doch gerade erst Abend. Warum muss auch immer so schnell diese verfluchte Sonne wieder aufgehen?“
In den anderen Zelten regte es sich. Von Stein erschien. Seine Laune war offensichtlich nicht die Beste.
„Es sieht so aus, als hätten sie sich an unseren gesamten Alkoholvorräten gütlich getan. Kann das sein?“
„Seien sie doch nicht so streng, mein Lieber“, sagte Professor Carlsen in einem milden Ton, den Laima nur zu gut von ihrem Vater kannte, wenn er verharmlosen wollte, dass er ein ausgiebiges Gelage hinter sich hatte. Meist kam er erst nach Tagen wieder nach Hause.
„Dann ist jetzt wenigsten alles weg, hoffe ich.“
„Jawohl, mein Lieber. Melde, Auftrag ausgeführt!“
„Wie sie allerdings heute durch den Tag kommen, bleibt ihre Sache. Darauf können wir keine Rücksicht nehmen.“
„Wir mussten doch feiern, dass der junge Mann hier, mein geliebter Assistent, noch am Leben ist“, sagte er und legte Slinkssons den Arm um die Schulter.
„Das ist mir egal. Wenn sie mitwollen, reißen sie sich zusammen. Außerdem hätten sie dann jeden Tag einen guten Grund sich zu besaufen, wenn wir unser Überleben jedes Mal so begießen würden.“
„Ein Herz aus Stein, der Mann! Deshalb heißt er wohl auch so, hihi! Nomen est omen!“
Von Stein richtete noch einige, vorwurfsvoll klingende, russische Worte an Thian. Dann ging er zum Fluss, um sich zu waschen.
Sam erschien und ging Wasser holen, um Kaffee zu kochen. Er hatte alles mit angehört, sagte aber nichts. Er ließ sich nicht anmerken, wie er zu der Sache stand. Begeistert über ein paar betrunkene und übernächtigte Expeditionsmitglieder war sicherlich keiner.
Das Frühstück aus frisch gebackenen Fladen, die Sam auf die Schnelle gezaubert hatte und Eiern aus einem Nest, das er zufällig zwischen den Felsen entdeckt hatte, verlief schweigend. Laima genoss das warme Brot mit Ei und den starken schwarzen Kaffee an der frischen Luft. Es hatte den Geschmack von Freiheit und Grenzenlosigkeit.
Danach verstauten sie ihre Sachen, wobei von Stein jedem von ihnen half, alles wieder
Weitere Kostenlose Bücher