Die Wesen (German Edition)
möglichst platzsparend zusammenzulegen. Sie fanden einige Meter flussabwärts eine Stelle, die sich besser eignete, um die Schlauchboote zu Wasser zu lassen. Jedes wurde mit einer ordentlichen Ladung Ausrüstung versehen. Es dauerte nicht lange, bis alles vertäut war.
Thian saß mit Schüssli in einem Boot. Professor Carlsen mit seinem Assistenten Slinkssons. Sam fuhr mit einer extra Ladung statt eines zweiten Mannes und Laima hatte das Glück, mit von Stein zu fahren.
Jeder bekam ein Paddel in die Hand. Dann legten sie ab.
„Versuchen sie, nicht zu viel zu machen“, sagte von Stein, als sie auf den Fluss glitten. „Ich werde uns auf Kurs bringen, damit wir nicht quer zur Strömung kommen. Sonst kentern wir. Wenn wir auf der Mitte des Flusses sind, können sie gerne auch rudern. Solange entspannen sie sich am besten.“
Von Entspannung konnte keine Rede sein. Laima hielt sich so gut sie konnte an der Sicherheitsleine fest, die rund um das schmale Schlauchboot lief. Sie spürte sofort die Kälte des Wassers unter sich durch die Luftkammern. Der Fluss war dunkel und reißend. Sie waren mittendrin. Jetzt konnte sie sich ein Bild machen, was Figaro Slinkssons gestern durchgestanden hatte. Gegen diese Naturgewalten kam niemand an. Mit dem Strom schwimmen, hieß es, oder untergehen.
Sie spürte die unbändige Kraft des Wassers. Es war eine bedrohliche Gewalt, vor der sie noch nie so einen Respekt gehabt hatte wie gerade jetzt, als sie auf ihr schaukelte. Es war nur ein schmaler Grat, auf dem sie balancierten. Kippten sie oder trafen sie unglücklich auf einen Strudel, war alles vorbei. Zwar konnten die Anderen sie immer noch rausfischen. Aber hatten sie gestern nicht alle gesehen, wie es bei Slinkssons ausgehen konnte?
„Rudern sie ein bisschen“, sagte von Stein.
Laima war froh, sich aus ihrer Starre zu lösen, in der sich ihr Körper aus Angst verkrampft hatte. Sie tauchte respektvoll das Paddel in die Flut.
„Kräftiger“, ermutigte sie von Stein. „Immer ich ein Mal, dann sie!“
Er saß vorne und tauchte sein Paddel tief ein. Sein Oberkörper beugte sich weit vor. Kraftvoll zog er durch. Wenn er ruderte, tanzte das Boot nicht so wild über die Wellen.
Der Fluss machte eine Biegung und die Wasseroberfläche wurde glatter und ruhiger. Sie tauchte ein, zog durch. Tauchte ein. Es gab ihr das Gefühl der Kontrolle zurück und damit auch ein Stück Sicherheit. Aber sie spürte die Gefahr, die vom Fluss ausging. Sie kam mit Gerold von Stein in einen Rhythmus. Ihre Verkrampfung löste sich. Mehr und mehr genoss sie die Fahrt auf dem Fluss durch das fantastisch schöne Tal.
„Sehen sie, dort oben steht die Mimi“, sagte von Stein und zeigte mit dem tropfenden Paddel in die Luft.
Laima erkannte ein Stück des Flügels, das über den Rand der Felsen ragte. Sie dachte an den Dropaolat, der getötet und von Geiern ausgeweidet dort oben lag.
Sie warf einen Blick auf die Andren, die hinter ihnen herfuhren.
Schüssli und Thian hatten es in die Mitte des Flusses geschafft. Thian machte im Gegensatz zu Schüssli eine bessere Figur. Professor Carlsen und Slinkssons wirkten wie ein eingespieltes Team. Gleichmäßig und kraftvoll glitten sie kurz hinter ihnen über den Strom dahin.
Sam war etwas zurückgefallen und hatte viel zu tun, das Boot gerade in der Strömung zu halten. Oft musste er beim Paddeln die Seite wechseln. Bei jedem Schlag zog die Spitze des Bootes immer wieder in die Gegenrichtung.
„Er wird es schon schaffen“, sagte von Stein. „Er ist der Kräftigste von uns. Außerdem hat er eine gute Kondition.“
Sie glitten sanft zwischen den riesigen Bergen hindurch, die immer wieder neue Ausblicke auf noch atemberaubendere Gipfel freigaben. Die Hänge fielen mal schroff, mal mäßig steil zu ihnen ab. Mal waren es Felswände, mal Geröllhalden. Sie sahen die wilden Gämsen, die Laima in der Nacht so erschreckt hatten.
Sie schwitzten in der Sonne, im Schatten mussten sie sich Fleecejacken überziehen. Laimas Hände brannten. Die Blasen waren geplatzt und es bildeten sich bereits neue vom Rudern. Auch wenn sie die Seite beim Paddeln wechselte, half es nichts.
„Ruhen sie ihre Hände aus, Laima“, sagte von Stein. „Ich werde es schon eine Zeit alleine schaffen. Nehmen sie die Creme dort aus der Tasche. Das wird ihnen helfen. Später werden wir eine Pause machen und ich bestrahle ihre Hände. Sie werden sehen, das wirkt Wunder.“
Laima lehnte sich entspannt zurück und cremte sich die Hände
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