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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Geschäftsmann in
Belfast, und er und seine Frau sorgten fast fünf Jahre lang
für Eric, als mein Bruder noch ein Kleinkind war. Harmsworth
beging irgendwann Selbstmord, und zwar mit einer elektrischen
Bohrmaschine, bestückt mit einem Viertelzollbohrer. Er
führte ihn seitlich in seinen Schädel ein, und als er
feststellte, daß er immer noch lebte, wenn auch unter
großen Schmerzen, fuhr er in ein Krankenhaus, wo er später
starb. Wie die Dinge liegen, kann es durchaus sein, daß ich ein
wenig mit seinem Tod zu tun habe, denn er ereignete sich ein knappes
Jahr nachdem die Stoves ihr einziges Kind verloren hatten, Esmeralda.
Ohne daß sie es wußten – und ohne daß sonst
jemand es wußte, nebenbei bemerkt –, war sie eins meiner
Opfer.
     
    An diesem Abend lag ich im Bett und wartete auf die Rückkehr
meines Vaters oder auf das Läuten des Telefons, während ich
über die Ereignisse des Tages nachdachte. Vielleicht stammte der
große Rammler von irgendwo außerhalb des Kaninchenhains,
vielleicht war es irgendein wildes Tier, das von jenseits des Geheges
eingedrungen war, um die Einheimischen zu terrorisieren und sich
selbst zum Anführer zu machen, nur um dann in einer Begegnung
mit einem überlegenen Wesen zu sterben, das er nicht richtig
begreifen konnte.
    Wie auch immer, es war ein Zeichen. Dessen war ich sicher. Mit
dieser ganzen bedeutungsvollen Begebenheit sollte etwas zum Ausdruck
gebracht werden. Meine automatische Reaktion hatte
möglicherweise etwas mit dem Feuer zu tun, das die Fabrik
angekündigt hatte, aber in meinem tiefsten Innern wußte
ich, daß mehr dahintersteckte und daß noch mehr kommen
würde. Das Zeichen verbarg sich im Ganzen, nicht nur in der
unerwarteten Grausamkeit des Rammlers, den ich getötet hatte,
sondern auch in meiner zornigen, fast gedankenlosen Reaktion und dem
Schicksal der unschuldigen Kaninchen, die die Wucht meiner Rache
getroffen hatte.
    Das Geschehene bedeutete ebenso einen Rückblick als eine
Vorausschau. Mein erster Mord geschah wegen der Begegnung der
Kaninchen mit einem feurigen Tod, und diese Begegnung mit jenem
feurigen Tod geschah durch die Düse eines Flammenwerfers, der
buchstäblich identisch war mit dem, den ich zur
Durchführung meines Racheaktes an dem ganzen Gehege benutzte. Es
war alles zu viel, zu dicht und zu vollkommen. Die Ereignisse formten
sich schneller und unheilvoller, als ich es hätte erwarten
können. Ich drohte die Kontrolle über die Situation zu
verlieren. Der Kaninchenhain – dieses angeblich so erfreuliche
Jagdrevier – hatte gezeigt, daß es passieren konnte.
    Vom kleinsten bis zum größten blieben sich die Muster
stets treu, und die Fabrik hatte mich gelehrt, auf der Hut vor ihnen
zu sein und sie zu respektieren.
    Das war das erste Mal, daß ich jemanden umgebracht habe, und
zwar wegen der Dinge, die unser Vetter Blyth Cauldhame unseren
Kaninchen, Erics und meinen, angetan hatte. Es war Eric, der als
erster den Flammenwerfer erfunden hatte, und er lag in dem Schuppen,
der damals unser Fahrradschuppen war (heute mein Schuppen), als unser
Vetter, der mit seinen Eltern angereist war, um das Wochenende bei
uns zu verbringen, beschloß, daß es ein Riesenspaß
sein würde, mit Erics Fahrrad durch den weichen Schlamm am
südlichen Ende der Insel zu fahren. Diesem Spaß gab er
sich dann auch ausgiebig hin, während Eric und ich Drachen
steigen ließen. Dann kam er zurück und füllte den
Flammenwerfer mit Benzin. Er saß damit im hinteren Teil des
Gartens, dem Blick durch die Fenster des Salons (wo seine Eltern und
mein Vater saßen) durch die Wäsche verborgen, die im Wind
auf der Leine flatterte; er entzündete den Flammenwerfer und
bespritzte unsere beiden Kaninchenställe mit Feuer, wodurch er
all unsere Lieblinge in Brand steckte.
    Besonders Eric war sehr traurig darüber. Er weinte wie ein
Mädchen. Ich hätte Blyth am liebsten auf der Stelle
umgebracht; der Schutz, den ihm sein Vater, meines Vaters Bruder
James, angedeihen ließ, war nach meinem Ermessen nicht
ausreichend, nicht nach dem, was er Eric, meinem Bruder,
angetan hatte. Eric war untröstlich, verzweifelt darüber,
daß er das Gerät hergestellt hatte, das Blyth benutzt
hatte, um unsere geliebten Tierchen umzubringen. Er war schon immer
ein wenig sentimental gewesen, immer der Empfindsame, der Kluge; bis
zu seinem abscheulichen Schicksalsschlag dachte jeder, daß er
es weit bringen würde. Jedenfalls war das der Anfang von
Schädelhain, dem Gebiet um die große, alte, zum

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