Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
die
diesem dobermannartigen Vieh glichen und irgendwo aus dem Hinterhalt
heranstürmen und mich zerfetzen würden.
    Das verdammte Ding wollte ums Verrecken nicht sterben! Das Gummi
dehnte sich und dehnte sich immer mehr und straffte sich einfach
nicht genug, und ich wagte nicht, die Hände zu bewegen, aus
Angst, es würde mir das Fleisch von einem Finger reißen
oder die Nase abbeißen. Die gleiche Überlegung hielt mich
davon ab, den Kopf in das Tier zu rammen; ich würde mein Gesicht
auf keinen Fall in die Nähe dieser Zähne bringen. Ich
konnte auch kein Knie derart anheben, um ihm das Genick zu brechen,
denn ich drohte ohnehin schon, den Hang hinunterzurutschen, und mit
einem Bein konnte ich unmöglich Halt an dieser Oberfläche
finden. Es war Wahnsinn! Hier war doch nicht Afrika! Es war ein
Kaninchen und kein Löwe! Was, zum Teufel, geschah hier?
    Schließlich biß es mich, indem es den Hals weiter
verdrehte, als ich es für möglich gehalten hätte, und
erwischte meinen rechten Zeigefinger direkt am Knöchel.
    Das gab den Ausschlag. Ich brüllte und zog mit aller Kraft,
schwenkte meine Hände und den Kopf hin und her und warf mich
zurück und gleichzeitig zur Seite und schlug mit dem Knie gegen
das Gewehr, das in den Sand gefallen war.
    Zuletzt lag ich in dem struppigen Gras am Fuß des
Hügels; meine Fingerknöchel traten weiß hervor, mit
solcher Kraft erdrosselte ich das Kaninchen, während ich es an
der dünnen schwarzen Linie des Gummischlauchs, der seinen Hals
umspannte und jetzt wie ein Knoten in einer schwarzen Saite
verzwirbelt war, vor meinem Gesicht hin und her schwenkte. Ich
zitterte immer noch, deshalb konnte ich nicht unterscheiden, ob das
Beben, das den Körper erschütterte, von ihm oder von mir
ausgelöst wurde. Dann gab der Schlauch nach. Das Kaninchen
schlug gegen meine linke Hand, während das andere Ende des
Gummis mein rechtes Handgelenk peitschte; meine Arme flogen in
entgegengesetzte Richtungen und knallten zu Boden.
    Ich lag auf dem Rücken, mit dem Kopf auf dem sandigen
Untergrund, und blickte zur Seite, wo der Körper des Rammlers am
Ende einer schmalen, kurvigen Linie aus etwas Schwarzem lag,
eingeklemmt zwischen der Armstütze und dem Griff der Schleuder.
Das Her war reglos.
    Ich sah zum Himmel hinauf, ballte die andere Hand und schlug damit
auf den Boden. Ich wandte den Blick wieder dem Kaninchen zu, dann
stand ich auf und beugte mich darüber. Es war tot; der Kopf
sackte schlaff nach hinten, als ich es anhob; sein Genick war
gebrochen. Der linke Hinterlauf war über und über rot von
Blut, wo es meine Kugel getroffen hatte. Es war groß, so
groß wie ein ausgewachsener Kater; das größte
Kaninchen, das ich je gesehen hatte. Offenbar hatte ich mich allzu
lange nicht um die Kaninchen gekümmert, sonst hätte ich von
der Existenz eines solchen Ungeheuers gewußt.
    Ich saugte an einem kleinen Rinnsal von Blut an meinem Finger.
Meine Schleuder, mein Stolz und meine Freude, der Schwarze
Zerstörer, war nun selbst zerstört – von einem Kaninchen! Oh, ich vermute, ich hätte mir ein neues
Stück Gummischlauch bestellen oder den alten Cameron im
Eisenwarenladen beauftragen können, etwas Entsprechendes
für mich aufzutreiben, aber es wäre nie wieder dasselbe
Gefühl gewesen. Jedesmal, wenn ich die Schleuder anheben und auf
ein Ziel richten würde – lebend oder nicht –,
würde mir dieser Augenblick wieder in den Sinn kommen. Der
Schwarze Zerstörer war erledigt.
    Ich lehnte mich im Sand zurück und ließ den Blick
über die Gegend um mich herum schweifen. Immer noch keine
weiteren Kaninchen. Das war nicht weiter erstaunlich. Ich durfte
keine Zeit verlieren. Es gibt nur eine Möglichkeit, wie man sich
nach so einem Vorfall verhalten konnte.
    Ich erhob mich, nahm das Gewehr wieder auf, das halb im Sand des
Hangs vergraben lag, ging zum Gipfel des Hügels, blickte mich um
und entschied, daß ich das Risiko eingehen würde, alles so
zu lassen, wie es war. Ich nahm das Gewehr quer über die Arme
und setzte mich im Eiltempo in Bewegung, raste mit höchster
Geschwindigkeit über den Weg zurück zur Insel und vertraute
darauf, daß mein Glück und das Adrenalin mich davon
abhalten würden, einen falschen Schritt zu machen und
letztendlich japsend, mit einem mehrfachen Oberschenkelbruch im Gras
zu liegen. In den engeren Kurven benutzte ich das Gewehr, um mein
Gleichgewicht auszubalancieren. Das Gras und der Boden waren trocken,
so daß das Ganze nicht so gefährlich war, wie es
hätte sein

Weitere Kostenlose Bücher