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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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darauf fiel sie in die Kuhle aus
Drahtgeflecht, starb dort, zuckend und sich kräuselnd, blieb
schließlich still liegen, während etwas Rauch von ihr
aufstieg.
    Ich saß da und betrachtete das geschwärzte Insekt,
knusprig gebraten, saß da und betrachtete die ruhigen Flammen,
die zum Maschendraht emporzüngelten und es umwirbelten,
saß da und betrachtete die Spiegelungen der kleinen zuckenden
Flammen auf der anderen Seite der Glasröhre; dann streckte ich
endlich die Hand aus, löste die Klammern am Boden des Zylinders,
zog die Schüssel mit Benzin unter einem Metalldeckel zu mir her
und schnupperte an dem Feuer. Ich öffnete den Deckel der Kammer
und fuhr mit einer Pinzette hinein, um den Leichnam zu entfernen. Ich
verstaute ihn in einer Streichholzschachtel und legte diese auf das
Tischchen.
    Die Fabrik gibt ihre Toten nicht immer heraus; die Säure und
die Ameisen lassen nichts übrig, und die Venus-Fliegenfalle und
die Spinne geben lediglich die Hülle heraus, wenn überhaupt
irgend etwas. Wieder einmal hatte ich jedoch eine verbrannte Leiche;
wieder einmal war eine Entsorgung erforderlich. Ich legte den Kopf in
die Hände und schaukelte auf dem kleinen Hocker nach vorn. Die
Fabrik umgab mich, das Tischchen stand hinter mir. Ich ließ den
Blick über das Drum und Dran der Fabrik schweifen, ihre vielen
Wege zum Tod, ihre Krabbelpfade und Korridore und Kammern, ihre
Lichter am Ende von Tunnels, ihre Tanks und Behälter und
Trichter, ihre Hebel und Abzüge und Knöpfe, ihre Batterien
und Schnüre, Stützen und Ständer, Rohre und
Drähte. Ich legte ein paar Schalter um, und winzige Propeller
surrten durch verzweigte Korridore und schickten ventilierte Luft
über Fingerhüte voll Marmelade und auf das Zifferblatt. Ich
lauschte eine Weile auf ihr Geräusch, bis ich selbst Marmelade
riechen konnte, aber diese war dafür gedacht, langsame Wespen zu
ihrem Ende hinzulocken, nicht für mich. Ich schaltete die
Motoren ab.
    Nach und nach schaltete ich alles ab, kappte Verbindungen, leerte
hier und da etwas aus und füllte Neues nach. Der Morgen gewann
jenseits der Dachluken an Kraft, und ich hörte, wie ein paar
frühe Vögel in der neuen, frischen Luft sangen. Als die
rituelle vorläufige Stillegung der Fabrik durchgeführt war,
ging ich zurück zum Tischchen und betrachtete alle Stücke
darauf, die Sammlung von Miniatursockeln und kleinen Gläsern,
die Souvenirs meines Lebens, die Dinge, die ich in der Vergangenheit
gefunden und aufbewahrt hatte. Fotografien aller meiner verstorbenen
Verwandten, derjenigen, die ich getötet hatte, und derjenigen,
die so gestorben waren. Fotografien der Lebenden: Eric, mein Vater,
meine Mutter. Fotografien von Dingen: eine 500er BSA (nicht das Motorrad, leider; ich glaube, mein Vater hat alle Fotos davon
vernichtet), das Haus, als es noch in prächtigen Farben prunkte,
sogar ein Foto vom Tischchen selbst.
    Ich schob die Streichholzschachtel mit der toten Wespe über
das Tischchen, schwenkte sie davor herum, vor dem Glas mit dem Sand
des Strandes draußen, den Flaschen mit meinen kostbaren
Flüssigkeiten, ein paar Spänen vom Stock meines Vaters,
einer anderen Streichholzschachtel mit einigen von Erics ersten
Zähnen, eingebettet in Watte, einem Fläschchen mit einigen
Haaren von meinem Vater, einem anderen mit etwas Rost und Farbe, die
ich von der Brücke zum Festland abgekratzt hatte. Ich
zündete Wespenkerzen an, schloß die Augen und hielt mir
den Streichholzschachtel-Sarg vor die Stirn, so daß ich im
Innern meines Kopfes die Wespe darin spüren konnte, ein
stechendes, kitzelndes Gefühl direkt unter der
Schädeldecke. Danach blies ich die Kerzen aus, deckte das
Tischchen ab, stand auf, klopfte den Staub von meiner Cordsamthose,
nahm das Foto von Eric, das ich auf das Glas der Fabrik gelegt hatte,
und wickelte den Sarg darin ein, sicherte die Verpackung mit einem
Gummiband und steckte das Päckchen in meine Jackentasche.
     
    Ich ging langsam am Strand entlang zum Bunker, die Hände in
den Taschen vergraben, den Kopf gesenkt, wobei ich auf den Sand und
meine Füße hinunterblickte, ohne sie richtig zu sehen.
Wohin ich mich auch wandte, überall war Feuer. Die Fabrik hatte
es zweimal gesagt, ich hatte instinktiv zu diesem Mittel gegriffen,
als mich der tollwütige Rammler angegriffen hatte, und es war in
jede freie Ecke meiner Erinnerung eingepfercht. Außerdem
brachte Eric es ständig näher.
    Ich hob das Gesicht der scharfen Luft und den blauen und
rosafarbenen Pastelltönen des

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