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Die widerspenstige Lady

Die widerspenstige Lady

Titel: Die widerspenstige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GEORGINA DEVON
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durch die Luft, dass ihr weißer Musselinrock nur so flog. „Wir haben uns doch heute Nachmittag schon begrüßt, Rosalie. Wozu also all die Aufregung?“
    Das Mädchen kicherte. „Weil ich dich vermisst habe. Du warst so lange auf dem Kontinent.“
    Sanft stellte er sie wieder auf die Füße. „Ja, das stimmt. Und ich habe euch beide vermisst. Leider brauchte Wellington unbedingt meine Hilfe. Da war nichts zu machen.“
    Es dauerte einen Augenblick, bis Annabell begriff, dass er scherzte. Aber der Blick, den er der Kleinen schenkte, verriet, dass er Sehnsucht nach ihr gehabt hatte.
    Joseph öffnete weit die Augen, machte sich von der Mutter los und eilte hinüber zu Hugo. „Dann warst du also einer von Wellingtons wichtigsten Männern?“
    Lächelnd legte er dem kleinen Bruder die Hand auf die Schulter. „Nein, nein. Er hatte genug fähige Offiziere. Ich bin sogar früher heimgekehrt als manch anderer.“
    „Dann hast du uns also eben nur aufgezogen!“, rief Rosalie.
    „Ich dachte, du meinst es Ernst, Hugo.“ Joseph runzelte beleidigt die Stirn. „Dabei bin ich wirklich alt genug, dass du vernünftig mit mir über den Krieg reden kannst. Ich weiß nämlich, dass wir Napoleon bei Waterloo geschlagen haben. Sonst hätte er die ganze Welt erobert.“
    „Du hast recht, Joseph“, erwiderte Hugo ernst. „Von nun an werde ich dich nicht mehr wie ein kleines Kind behandeln.“
    Ein glückliches Lächeln zierte das sommersprossige Gesicht des Jungen. Von Sir Rafael hatte er die dunklen Augen und den sinnlichen Mund geerbt. Sonst sah er aus wie seine Mutter.
    Das Mädchen hingegen hatte einen dunkleren Teint wie Sir Hugo und die veilchenblauen Augen von Juliet. Sie würde zu einer echten Schönheit heranwachsen, die die kleine Stupsnase und einige Sommersprossen auf den Wangen nur betonen würden.
    „Joseph, Rosalie, ich möchte euch mit Sir Hugos Gast bekannt machen.“ Beide Kinder waren augenblicklich still. „Dies ist Lady Fenwick-Clyde.“
    Das Mädchen knickste anmutig, der Kleine verbeugte sich wohlerzogen.
    „Sehr angenehm“, erklärte Joseph.
    „Es freut mich, euch beide kennenzulernen“, antwortete Annabell lächelnd.
    Mit geneigtem Kopf musterte Rosalie sie. „Sie sind aber groß!“
    „Rosalie!“, rief Lady Fitzsimmon entrüstet. „Kinder! Ganz gleich, wie sehr man sich bemüht, ihnen Manieren einzubläuen, es fruchtet einfach nicht.“
    „Das macht doch nichts, Lady Fitzsimmon.“ Annabell lachte. „Ich war in dem Alter noch viel schlimmer.“
    „Tatsächlich?“
    „Seltsam, aber das vermag mich nicht zu überraschen“, bemerkte Hugo trocken.
    Annabell warf ihm einen bösen Blick zu, bevor sie sich wieder an die Kinder wandte. „Ich habe meine arme Mutter halb in den Wahnsinn getrieben. Aber so sind wohl die meisten Kinder.“
    „Faszinierend“, befand Hugo und streichelte Rosalie übers Haar. „Die meisten Eltern sind da nicht besonders geduldig.“
    „Oh, das waren meine auch nicht“, gestand Annabell lachend. „Ich durfte so manchen Abend ohne Nachtmahl im Kinderzimmer verbringen. Allerdings erging es meinen Brüdern da nicht viel besser, sodass ich selten allein oben saß.“ Sie zwinkerte den Kleinen zu. „Unser Kindermädchen hat uns dann etwas zu essen hinaufgeschmuggelt.“
    „Genug davon“, bat Lady Fitzsimmon fröhlich. „Sonst verfallen die beiden noch auf den Gedanken, Sie nachzuahmen. Ah, da kommt Miss Childs, um die beiden zu Bett zu bringen.“
    Schüchtern betrat die Gouvernante den Salon. Sie war mittelgroß, von anmutiger Figur und trug ein unauffälliges graues Kleid. Ihr hellbraunes Haar war von goldblonden Strähnen durchzogen. Die ein wenig zu lange Nase wurde durch die schönen grünen Augen mit den langen Wimpern wieder wettgemacht. Ihre Mandelform gab Miss Childs ein exotisches Aussehen.
    Aufmunternd lächelte Annabell der verlegenen jungen Frau zu, als sie bemerkte, dass Hugo es ihr gleichtat. Heiß loderte in ihr die Eifersucht auf, was ihr ausgesprochen peinlich war. Welchen Grund hatte sie, eine Frau so zu beneiden, die sie nicht einmal kannte, nur weil Fitzsimmon sie ein Mal freundlich angesehen hatte? Das sah ihr selbst gar nicht ähnlich, und diese Regungen missfielen ihr außerordentlich. Sozusagen als Wiedergutmachung lächelte sie Miss Childs noch herzlicher zu.
    „Bitte nehmen Sie doch gleich mit uns das Dinner ein“, bat Hugo nun die Gouvernante.
    „Ja, Melissa“, meldete sich auch Lady Fitzsimmon. „Wir würden uns alle sehr freuen,

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