Die widerspenstige Lady
wenn Sie uns Gesellschaft leisteten. Und Sie werden es zweifellos genießen, sich zur Abwechslung einmal mit Erwachsenen zu unterhalten.“
„Mama!“, protestierte Joseph.
Seine Mutter strich ihm über die Wange. „Ich weiß, dass du kein Kleinkind mehr bist, mein Sohn, aber du bist auch noch ein Junge. Genau wie Rosalie noch ein Mädchen ist. Melissa muss auch Zeit mit Leuten ihres Alters verbringen können. Schon damit sie einmal Ruhe hat vor euch kleinen Quälgeistern.“
Bevor das Geschwisterpaar sich weiter auflehnen oder Miss Childs die Einladung annehmen konnte, kamen Miss Pennyworth und Mr. Tatterly herein. Beide wurden der Gouvernante und den Kindern vorgestellt.
„Und bitte denken Sie daran, Miss Childs“, sagte Lady Fitzsimmon danach. „Wir erwarten Sie in Kürze wieder hier bei uns.“
Hugo lächelte. „Wir werden mit dem Essen warten, bis Sie zurückkehren.“
„Ja, Mylady“, murmelte Melissa schüchtern, aber erfreut und brachte dann die Kinder hinauf.
„Was für eine reizende junge Frau“, bemerkte Miss Pennyworth. „Sie kann bestimmt wunderbar mit den Kleinen umgehen, Lady Fitzsimmon. Ach, ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als Gouvernante in Indien gearbeitet habe. Es war schrecklich heiß und schwül, aber ich habe die Kinder sehr geliebt.“ Sie bemerkte, dass Annabell die Brauen gehoben hatte. „Bis auf das Mädchen, das mein letzter Schützling war. Der Teufel in Kindergestalt. Glücklicherweise hat Annabell mich damals gerettet, und ich vermisse bei ihr wirklich nichts.“
Alle lauschten höflich, nur Hugo lächelte spöttisch. Selbst wenn Susan gar keinen Unsinn redet, macht er sich über sie lustig, stellte Annabell verärgert fest.
Doch bevor sie eine böse Bemerkung machen konnte, erschien Miss Childs wieder, und Lady Fitzsimmon bat alle zu Tisch. Wenn das Dinner nur schnell vorbeigeht und ich mich bald zurückziehen kann, dachte Annabell.
5. KAPITEL
Missmutig beobachtete Annabell, wie Sir Hugo mit Miss Childs durch das Musikzimmer tanzte. Alle hatten protestiert, als sie sich gleich nach dem Dinner auf ihr Zimmer zurückziehen wollte. Jetzt saß sie hier gegen ihren Willen, wie es häufig das Schicksal eines Gastes war.
Natürlich lag ihre schlechte Laune nicht an dem Lächeln, mit dem Sir Hugo die Gouvernante bedachte. Annabell betrachtete die anderen Anwesenden. Lady Fitzsimmon saß am Piano und spielte ein Tanzlied. Susan errötete immer wieder, während Mr. Tatterly sie durchs Zimmer schwenkte, und versuchte, nicht über die eigenen Füße zu stolpern. Einige Bedienstete hatten den teuren Aubusson-Teppich beiseitegerollt. Die glatten dunklen Eichendielen darunter gaben einen exzellenten Tanzboden ab.
Die Musik endete, und Annabell applaudierte Lady Fitzsimmon. Bitte, es ging doch, sie würde sich nicht von Sir Hugo die Stimmung verderben lassen. „Sie spielen ausgezeichnet, Madam“, erklärte sie betont fröhlich.
„Bitte nennen Sie mich Juliet. Wir werden bestimmt noch einige Wochen miteinander verbringen. Da sollten wir uns nicht mit Förmlichkeiten aufhalten.“
„Nur wenn Sie mich auch Annabell nennen“, antwortete sie freundlich.
„Zu gern.“ Juliet schenkte ihr einen verschwörerischen Blick. „Soll ich einen Walzer spielen? Danach ist man jetzt überall ganz verrückt.“
Annabell zuckte die Schultern. „Warum nicht? Schließlich sind Sie die Pianistin heute Abend, und wir sind Ihnen ausgeliefert.“
„Lieber Himmel!“, rief Susan und gesellte sich zu den beiden. „Sei doch nicht so unhöflich, Annabell!“
Manchmal fragte sie sich, wie sie Susan eigentlich ertrug. Sofort bereute sie den Gedanken, denn sie mochte ihre Gesellschafterin sehr gern. Sie hatten in den vielen gemeinsam verbrachten Jahren viel durchgestanden. Außerdem war sie nicht böse auf Susan, sondern eifersüchtig wegen Sir Hugo. Es hatte keinen Sinn mehr, es zu leugnen.
„Du hast recht, Susan“, gab sie also unumwunden zu. „Spielen Sie einen Walzer für uns, Juliet.“
„Beherrschen Sie diesen Tanz?“
Noch bevor Annabell antworten konnte, erklärte Susan: „Sie weigert sich einfach, es zu lernen. Ich versuche immer wieder, sie zu überreden. Es macht solchen Spaß. Aber sie will nicht hören.“
„Vielleicht kann ich ja Ihre Meinung ändern“, schlug Sir Hugo vor, der nun hinter Annabell stand.
Sie zwang sich zur Beherrschung und wandte sich um. „Das haben schon ganz andere Männer …“, sie unterbrach sich und sah Susan an, „ … und Frauen
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