Die Wiedergeburt (German Edition)
erste graue Strähnen. Zwe i fellos war er einer der Ältesten unter den Nordmännern, doch unter Kedaniern ging Alter keinesfalls mit Gebr e chen einher, sondern zeugte allenfalls von Erfahrenheit im Kampf.
„Warum dauert es so lange?“ fragte der Kedanier e r zürnt. „Unser Herr wartet begierig auf den Nächsten! Willst e t wa du der Nächste sein?“
„Nein, Wargulf!“ stotterte der Glatzkopf. „Mir ist nur dieser Mann aus dem Westen aufgefallen. Er sagt, er sei Kentare, und er trägt ein merkwürdiges Mal. Sieh doch!“
Wargulf stieß den Glatzkopf zurück und warf einen kurzen Blick auf das schwarze Mal.
„Ich war lange im Westen unterwegs“, sagte er schließlich. „und dieses Zeichen hat ganz sicher eine B e deutung. Unser Herr sollte sich, nachdem er seinen Durst gestillt hat, den Kentaren mal genauer ansehen.“
Er packte Larkyen an der Kehle.
„Du bleibst am Leben. Jedenfalls fürs erste.“
Ehe er zurück zu den anderen Kedaniern ging, befahl Wargulf dem Glatzkopf: „Du bringst jetzt den nächsten Gefangenen zu unserem Herrn!“
Der Glatzkopf nickte.
„Du kannst dich glücklich schätzen!“ grummelte er, zu Larkyen gewandt.
„Wer ist euer Herr?“ fragte Larkyen. „Wer ist dieser feige Hund, der für all das Morden die Verantwortung trägt?“
Als der Glatzkopf das hörte, schlug er Larkyen sofort zu Boden.
„Wie kannst du es wagen“, schnaubte er und trat La r kyen in den Bauch.
Weitere schmerzhafte Tritte folgten, mit denen Lark y en so lange vor seinem Peiniger hergetrieben wurde, bis er blutüberströmt an einem Felsen liegen blieb und sich prustend übergab.
Der Bandit aus Kedanien spuckte ihn verächtlich an und ging zu den anderen drei Gefangenen, von denen keiner es gewagt hatte, seinen Blick oder gar seine Sti m me zu erheben. Machtlos sah Larkyen zu, wie der Glat z kopf zwei weitere Gefangene wegführte.
Der letzte von ihnen war Larkyens gleichaltriger Freund Endrit. Larkyen hörte ihn schluchzen.
„Endrit“, flüsterte er. Der Freund sah kurz zu ihm auf, und Larkyen las in seinen Augen, dass Endrit jeglichen Lebenswillen verloren hatte. Es schmerzte ihn, seinen Kameraden, auf dessen Gesicht sonst stets ein Lächeln spielte, so sehen zu müssen.
Trotzdem verspürte Larkyen Hoffnung – für sie beide. Der Fels, vor dem er lag, war spitz und kantig. Zumindest eine seiner Ecken war scharf genug, um den Strick ze r schneiden zu können. Er wollte Endrit soeben von seiner Entdeckung berichten, als der Glatzkopf zurückkehrte.
Diesmal zerrte er Endrit auf die Beine und schob ihn vor sich her, bis eine Reihe eng zusammenstehender Ju r ten die Sicht auf ihn versperrten. Dahinter ertönte lautes Grölen und Jubeln. Larkyen hörte Endrit um Gnade fl e hen, darauf folgte das höhnische Gelächter mehrerer Männer.
Nun gab es nur noch ihn, und er musste den Moment nutzen, um fliehen zu können. Larkyen presste seinen Rücken gegen den Felsen. Panisch darauf hoffend, dass ihm genug Zeit blieb, begann er seine Fesseln zu reiben. Sein Herz hämmerte wie wild.
Endlich lockerte sich der Strick, und Larkyen streifte die Fesseln ab.
Im selben Augenblick kam der Glatzkopf zurück. La r kyen behielt die Hände hinter dem Rücken.
„Gleich bist du an der Reihe, unserem Herren geg e nüberzutreten“, verkündete der Bandit mit hässlichem Grinsen, während er sich zu Larkyen herabbeugte.
Hinter seinem Rücken tasteten Larkyens Finger nach e i nem Stein, und er bekam einen faustgroßen Brocken zu fassen. Mit einer raschen Bewegung fuhr seine rechte Hand nach vorn und schmetterte dem Banditen den Stein gegen die Schläfe.
Lautlos fiel der Glatzkopf vornüber. Mit einem Au s druck von Überraschung und Schmerz sah er zu Larkyen auf. Larkyen hob den Stein und schlug erneut zu, immer und immer wieder, bis das Gesicht des Banditen zu einer bl u tigen Masse verschmolz.
Larkyen war außer Atem, und sein Herz raste. Er blickte panisch um sich, doch zu seiner Beruhigung hatte ihn niemand gesehen. Nie zuvor hatte er einen Menschen getötet, dennoch verspürte er einen Hauch von Genu g tuung über den Tod dieses Banditen.
Nun aber musste er so schnell wie möglich ve r schwinden. Er wollte leben, um alles in der Welt.
Geduckt schlich er zwischen den Jurten und mehreren Schafen hindurch zu den Pferden, die an ihrer Tränke am Seeufer standen. Die großen kedanischen Rösser boten ihm gute Deckung. Nicht nur, dass sie größer waren als die Steppenpferde der Nomaden, sie schienen
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