Die Wiedergeburt (German Edition)
einmal in voller Pracht.
Larkyens Leib brannte innerlich. Noch immer floss das Gift in seinen Adern, und die Wunde unter seinem Verband war geschwollen und blau angelaufen. Ojun b e strich sie mit einer Essenz aus Kräutern, deren Geruch Larkyen in der Nase stach, und legte darüber einen neuen Verband an.
Auf Geheiß des Schamanen schonte er seine Kräfte noch, indem er die meiste Zeit auf seinen Fellen in der Jurte lag, oder wenn es ihm zu heiß wurde, draußen in der Sonne vor sich hin döste.
Ein Stück entfernt von der Jurte befand sich eine Fe u erstelle mit knisternden Holzscheiten. Wenn er wach war, ließ er sich manchmal dort nieder. Dann blickte er in die Flammen.
Er dachte dabei an Kara. Die einzige Frau, die er je geliebt hatte.
Es hatte eine Weile gedauert, bis auch der Stamm der Yesugei ihre Liebe anerkannt hatte. Und durch die Z u stimmung zu ihrer Vermählung hatten die Yesugei mit e i ner alten Stammestradition gebrochen, die besagte, dass die Liebe einer Majunayfrau auch nur einem Majuna y mann gehören darf. Nie zuvor hatte es eine Vermählung zwischen einer Nomadin und einem Kentaren aus dem Westen gegeben. Alles nur Erinnerungen, die ihn wütend machten auf die Situation, in der er steckte.
„Hast du denn nichts für mich zu tun?“ fragte er den Schamanen, der soeben ein dreibeiniges Metallgestell über den Flammen aufbaute und einen mit Wasser gefül l ten Kessel daran aufhängte.
„Du musst dich erholen“, antwortete Ojun. „Ich ve r stehe, dass dir deine Lage nicht gefällt. Doch dein Körper ben ö tigt alle Kräfte, um das Gift in dir abzubauen.“
Der Schamane hatte am Morgen eines der Tiere g e schlachtet und bereitete nun das Fleisch zu, ehe er es zum Kochen in den Kessel gab. Nach einiger Zeit schwängerte der kräftige Geruch von Schafsfleisch die Luft.
Der Tag schien kein Ende zu nehmen. Larkyen war froh, wenn die Heilung seiner Wunde ihn in tiefem Schlaf ve r sinken ließ. Wann immer er wach war, suchten ihn seine Gedanken heim. Er konnte den Teil seines Herzens nicht ignorieren, der danach schrie, Rache an dem Band i ten aus Kedanien zu nehmen.
Aber Larkyen war nun mal kein Krieger, und diese Gewissheit seiner Schwäche raubte ihm beinahe den Verstand.
Auch der nächste Tag war warm und sonnig. Larkyen fühlte sich wesentlich erholter als am Vortag. Seine G e nesung schritt unerwartet schnell voran. Am Morgen wechselte Ojun ihm wie schon am Tage zuvor den Ve r band. Die Wunde sah noch immer beängstigend aus, auch wenn die Schwellung deutlich zurückgegangen war.
„Ich spüre bereits, wie es mir besser geht“, ließ La r kyen dem Schamanen wissen.
„Die Heilkräuter tun ihre Wirkung.“
„Du hast viel für mich getan, Schamane. Lass mich bis zu meiner vollständigen Genesung tun, was ich kann, um meine Schuld bei dir zu tilgen.“
„Du schuldest mir nichts“, gab Ojun trotzig zurück. Und als der Schamane ihn daraufhin beschämt anblickte, fügte Larkyen rasch hinzu: „Du darfst das Angebot eines Yesugei nicht abschlagen, Schamane. Du würdest mich damit beleidigen.“
„Eigentlich solltest du dich noch ausruhen. Aber es geht dir wirklich um ein Vielfaches besser. Dann mach dich eben nützlich. Aber denk auch an deine Wunde, und dass du noch schwach bist und …“ Ojun winkte ab und schü t telte den Kopf. „Du weißt es ja doch besser“, grummelte er.
Larkyen lächelte.
Der Schamane machte zunächst keinerlei Anstalten, Larkyens Hilfsbereitschaft in Anspruch zu nehmen. I r gendwann jedoch schickte er ihn in den Wald, um Feue r holz zu sammeln. Larkyen war froh, sich endlich nützlich machen zu können. Er genoss es, zwischen den alten Bäumen umherzugehen, und sah sich neugierig in ihren Kronen um. Er entdeckte Vögel, denen er in der Steppe niemals begegnet war, und lauschte ihrem Zwitschern. Als er mit dem Feuerholz zurück zu der Jurte kam, spürte er, wie Schwäche ihn übermannte und seine Knie weich wurden. Der Schamane bemerkte es sofort und eilte ihm entgegen.
„Ich habe es dir doch gesagt.“
Larkyen sank zu Boden, die Welt verschwamm vor seinen Augen, und er hielt sich den Kopf.
Larkyen bereitete ihm einen heißen Aufguss aus Krä u tern in einer Holzschale und gab ihm davon zu trinken. Der Trunk roch ähnlich stechend wie die Kräuter unter seinem Verband, doch kaum hatte Larkyen davon getru n ken, spürte er, wie seine Schwäche ihn verließ.
Der nächste Tag war grau und regnerisch, und in der feuchten Luft klebten Larkyen
Weitere Kostenlose Bücher