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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Silberkugeln haben die flüchtende Kreatur getroffen. Sie hätte zu Staub zerfallen müssen! Dafür, dass dies nicht geschah, gibt es nur eine Erklärung: Dieser Vampyr muss über ähnliche Kräfte verfügen wie der Unendliche!
    Ich habe die Leichen in der Kapelle gesehen. Allesamt Menschen. Es war schwer genug hinzunehmen, Alexandra sei allein mit dem Unendlichen fertig geworden. Aber zusätzlich noch mit einem Dutzend seiner Handlanger? Unmöglich! Sie muss Hilfe gehabt haben. Ist das der Grund für ihr beharrliches Schweigen? Versucht sie einen Vampyr vor uns zu schützen? Es fällt mir schwer, das zu glauben, denn Alexandra hasste diese Kreaturen stets am meisten von uns allen.
    Vladimir ist fest entschlossen, diesen letzten Vampyr zur Strecke zu bringen, doch dazu müssen wir des Schwarzen Kreuzes habhaft werden, das sich noch immer in Alexandras Besitz befindet. Für sie mag die Jagd vorüber sein – für uns ist sie das noch lange nicht.

1
    Dichter Nebel zog durch die engen Gassen Edinburghs und dämpfte jeden Laut. Vereinzelte Laternen erhellten die trübe Nacht. Weder die kalte, regnerische Nacht noch der Mary King’s Close waren für einen Spaziergang geeignet. Die hohen Häuserfassaden fingen das dumpfe Echo ihrer Schritte auf und sandten es zurück in den Nebel. Es war noch nicht lange her, da hatte Alexandra in diesem Labyrinth aus schmalen Gassen und finsteren Hinterhöfen gejagt. Jetzt ging sie mit pochendem Herzen an der Seite eines Mannes, dessen Existenz sie vor Kurzem noch ausgelöscht hätte.
    Immer wieder wandte sie den Kopf, um Lucian zu betrachten. Obwohl er nach vorn blickte und sein halblanges, schwarzes Haar einen Teil seines Gesichts verbarg, entgingen ihr die verstohlenen Blicke nicht, mit denen er sie von Zeit zu Zeit bedachte. Ein Lächeln nahm seinen Zügen die Schärfe und ließ ihn erschreckend menschlich wirken.
    Sie hatte ihm so viel zu verdanken, dass es ihr unmöglich war, ihn zu vernichten – auch wenn sie nur zu gut wusste, dass sie es tun sollte. Sie war die Jägerin und er ihre Beute! Doch so einfach waren die Dinge nicht mehr, denn mit Lucians Erscheinen hatte sie einsehen müssen, dass es selbst unter Vampyren nicht nur bösartige Wesen gab.
    Wenn er nur seinem Bruder nicht so erschreckend ähnlich sehen würde. Anfangs hatte sie ihn tatsächlich für den Unendlichen gehalten. Wie hätte sie auch ahnen sollen, dass der Erste Vampyr einen Zwilling hatte! Manchmal konnte er sie vergessen machen, wessen Gesicht er trug. Die meiste Zeit jedoch stand die äußerliche Ähnlichkeit mit seinem Bruder wie ein unüberwindlicher Wall zwischen ihnen. Wie konnte sie sich zu jemandem hingezogen fühlen, dessen Antlitz das des Mörders ihrer Eltern war?
    Er griff nach ihrer Hand. Seine Finger fühlten sich kühl an, wie die eines Toten, doch sein Blick war voller Wärme. »Glauben Sie noch immer, ich wäre wie er?«, fragte er so leise, dass sie näher heranrücken musste, um ihn zu verstehen. »Mein Bruder existiert nicht mehr. Er kann weder Ihnen noch sonst jemandem länger etwas anhaben. Der Einzige, den Sie jetzt noch zu fürchten haben, bin ich.«
    Zu spät sah sie die eisige Kälte in seinen Augen. Ehe ein Schrei über ihre Lippen kam, schlug er seine Fangzähne in ihren Hals und füllte seinen Mund mit ihrem Blut. Alexandra wollte sich wehren, wollte gegen ihn ankämpfen, doch das Entsetzen darüber, dass sie sich so sehr von ihm hatte täuschen lassen, lähmte sie. Als das Leben aus ihrem Körper entwich, erwachte sie schreiend.
    Sie saß kerzengerade in ihrem Bett, schwer atmend und schweißgebadet. Ihr Blick wanderte durch die Dachkammer, suchte nach einem Eindringling oder einer Gefahr. Anfangs fiel es ihr schwer, etwas in der Finsternis auszumachen, doch allmählich gewöhnten sich ihre Augen daran. Die Schwärze wich unterschiedlichen Abstufungen von Grau, in denen sich nichts weiter verbarg als vertraute Möbelstücke. Der kantige Schatten des Wandschranks, der sich in den Raum zu neigen schien, die Pfosten ihres Bettes, die wie stumme Wachen aufrecht in der Dunkelheit standen. Alexandras Blick ging zur Tür – unter der vom Gang her der sanfte Schimmer eines Nachtlichts in den Raum drang –, streifte dann weiter zum erkalteten Kamin, zu einem Waschtisch und einem Stuhl und schließlich hinüber zum Fenster. Ein Luftzug fuhr durch die Ritzen, bauschte die Vorhänge und ließ sie wie Gespenster umherwogen. Aber nicht dieser geisterhafte Anblick ließ Alexandra erstarren,

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