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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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jetzt glaubte sie manchmal noch, das zornige Kreischen des Unendlichen zu hören.
    Sie dachte daran, das Kreuz zu verstecken, doch sie bezweifelte, dass es einen Ort gab, an dem die Jäger es nicht finden würden. Solange es existierte, würden sie versuchen, seiner habhaft zu werden. Lucian wäre in ständiger Gefahr. Es gab nur eine Möglichkeit, das zu verhindern. Sie nahm das Kreuz aus dem Kästchen und ging damit zum Kamin. Sie musste es zerstören! Aber konnte sie das wirklich riskieren? Was, wenn Lucian eines Tages selbst zur Gefahr wurde? Wenn das Kreuz zerstört war, gab es nichts mehr, das ihm Einhalt gebieten konnte. Warum will ich ihn überhaupt schützen? Hatte er nicht selbst gesagt, sie wäre sein Schicksal? Womöglich war es ihr vorherbestimmt, ihn zu töten.
    Nachdenklich drehte sie das Kreuz zwischen ihren Fingern. Der Widerschein des Feuers fing sich in den goldenen Verzierungen, wurde davon aufgefangen und zurückgeworfen. Ehe sie es sich anders überlegen konnte, warf sie es ins Feuer. Als die Flammen knisternd daran leckten, trat Alexandra einen Schritt zurück. Sie hätte schockiert sein müssen angesichts ihrer Bereitschaft, ein Relikt von unschätzbarem Wert zu vernichten, um einen Vampyr zu schützen. Doch sie empfand nichts. Reglos stand sie da und beobachtete, wie die Lohen emporschlugen. Dabei wirkten sie, als könnten sie das Kreuz nicht erreichen. Sie griff nach einem Schürhaken und stocherte in der Glut, um die Flammen weiter anzufachen. Dann stieß sie das Relikt tiefer ins Herz des Feuers. Doch selbst hier schien ihm die Hitze nichts anzuhaben. Das Ebenholz entzündete sich nicht, ebenso wenig färbten sich die goldenen Beschläge dunkel oder begannen in der glühenden Hitze zu schmelzen. Sie schürte den Kamin weiter an und beobachtete, wie das Feuer über das Brennholz leckte und es langsam verzehrte.
    Als es schließlich heruntergebrannt war und die letzten Feuerzungen erloschen, lag das Kreuz noch immer in der Glut. Alexandra angelte es mit dem Schürhaken aus der Feuerstelle. Hastig schlug sie ein paar Flämmchen aus, die aus vereinzelten Holzsplittern emporzüngelten, die mit dem Kreuz auf die Dielen gefallen waren. Das Schwarze Kreuz war unversehrt. Weder Flammen noch Rauch stiegen von seiner Oberfläche auf. Der Ruß hatte es nicht einmal geschwärzt. Vorsichtig streckte Alexandra die Hand danach aus. Immer näher kamen ihre Finger dem Artefakt, während sie darauf wartete, die Hitze zu spüren, die es ausstrahlen musste. Ihre Hand war nicht einmal mehr einen Zoll entfernt, und noch immer spürte sie nicht das Geringste. Als sie es berührte, fühlte es sich kühl an.
    Einige Zeit starrte sie darauf, ehe sie aufstand und die Kammer verließ. Sie eilte die Holztreppe hinab und folgte dem schmalen Gang an der Schankstube vorbei zur Hintertür. Auf der Schwelle hielt sie inne und ließ ihren Blick über den schattigen Innenhof gleiten. Zu ihrer Linken, im Schutze eines Vordaches, waren Holzvorräte aufgeschichtet. Davor stand ein Holzblock, auf dem das Feuerholz geschlagen wurde. Eine große Axt steckte im Holz, daneben lag eine Handaxt, die zum Entfernen kleinerer Äste genutzt wurde. Alexandra nahm sie und kehrte damit in ihre Kammer zurück.
    Sie kniete sich vor das Kreuz, holte aus und trieb die Axt hinein. Das Werkzeug prallte so heftig von der Oberfläche zurück, dass ein scharfer Schmerz durch ihr Handgelenk fuhr. Ungläubig legte sie die Axt beiseite und hob das Kreuz hoch, um es sich genauer zu besehen. Es hatte nicht einmal einen Kratzer!
    Sie legte es auf den Boden zurück und griff erneut nach dem Beil. Mit aller Kraft schlug sie auf das Kreuz ein, bis ihre Finger taub wurden. Auch diesmal hinterließen ihre Bemühungen nicht die geringste Spur. Die Schneide hätte selbst in den hartnäckigsten Materialien zumindest eine Kerbe hinterlassen müssen – doch da war nichts. Ratlos legte sie die Axt weg und zog ihren Dolch hervor. Vorsichtig schob sie die Spitze unter die Fassung, in der der Splitter befestigt war. Im ersten Moment dachte sie schon, auch hier würde nichts geschehen, doch da gab die Fassung unter dem Druck nach. Da wusste sie, was sie tun würde.

2
    Nachdem sie das Kreuz wieder in seinem Versteck verstaut hatte, verließ Alexandra die Pension und machte sich auf den Weg durch das Stadttor am Netherbow, ins angrenzende Canongate. Ihr Ziel war das White Horse Inn , von wo aus die Kutschen nach London abfuhren. Tatsächlich hatte sie Glück. Morgen bei

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