Die Wiederkehr des gefallenen Engels
übersehen haben.«
Lara richtete sich auf der Liege auf. »Weiß meine Mutter Bescheid? Hat sie jemand verständigt?«
»Ich glaube, dein Lehrer hat sie angerufen, nachdem die Sanis dich abgeholt haben. Sie müsste bereits auf dem Weg hierher sein.«
»Wie lange war ich ohnmächtig?«
»Kann ich nicht genau sagen, aber es dürften nicht mehr als zwanzig Minuten gewesen sein. Der Anruf kam sehr schnell und der Rettungswagen fuhr gleich los. Rottenbach liegt ja praktisch um die Ecke. Als sie dich hier eingeliefert haben, hatte der Aufwachprozess bereits begonnen.«
Lara rechnete sich aus, dass ihre Mutter eigentlich jeden Augenblick eintreffen musste. Von ihrem Büro in Stuttgart waren es auch circa zwanzig Minuten Fahrzeit. Wenn sie gleich losgefahren war, nachdem …
Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende führen, denn die Tür flog auf und Rachel Winter stürmte herein. Ihr verschmiertes Make-up zeigte deutlich, dass sie geweint hatte. Der Kajal war verlaufen, eine dunkle Spur zog sich von ihrem rechten Auge die Wange hinab, aber sie schien es nicht zu bemerken. Mit besorgtem Blick trat sie an die Liege und nahm Laras Hand fest in ihre.
»Was ist passiert? Man konnte mir nichts Genaues sagen.« Vibrierend vor Aufregung stieß sie die Worte aus. »Hast du Schmerzen?«
Lara mühte ein Lächeln auf ihr Gesicht. »Alles okay, Mom.«
»Alles okay?«, wiederholte Rachel ungläubig. »Du bist mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus eingeliefert worden und willst mir sagen, alles sei in Ordnung?«
Der Arzt wandte sich an ihre Mutter. Er stellte sich vor und reichte ihr die Hand. »Es besteht kein Grund zur Sorge. Ich habe nichts Ernstes entdeckt, obwohl noch nicht alle Untersuchungen abgeschlossen sind.« Dann klärte er Rachel Winter über seine Theorie auf, wie es zur Ohnmacht gekommen sein konnte.
»Aber sicher sind Sie sich nicht?«, fragte Rachel misstrauisch.
Der Arzt wurde ernst. »Nein, sicher bin ich mir nicht. Aus diesem Grund habe ich Ihre Tochter für eine Kernspintomografie angemeldet, die uns endgültige Sicherheit geben wird.« Er blickte auf seine Armbanduhr. »Die Untersuchung findet gleich im Anschluss hier im Krankenhaus statt. Sie können Lara begleiten, wenn Sie möchten.«
»Natürlich möchte ich.« Sie hielt noch immer Laras Hand und streichelte sie unentwegt. Ganz offensichtlich hatte sie sich beruhigt, denn auf ihren Lippen lag ein Lächeln, als sie zu Lara sagte: »Alles wird gut, mein Schatz. Mach dir keine Sorgen.«
Lara grinste sie an. »Ich mache mir keine Sorgen.«
»Sag mal, Lara, leidest du unter Platzangst. Manche Menschen fühlen sich unwohl, wenn sie in die sogenannte Röhre müssen«, schaltete sich der Arzt dazwischen.
Lara hatte den Apparat schon mehrfach im Fernsehen gesehen. Es war wirklich eine Röhre, aber mit Licht darin und am Ende nicht geschlossen, sondern offen. »Ich denke nicht, dass ich Probleme damit haben werde.«
»Gut, aber man kann nie wissen. Wenn du möchtest, können wir dir ein Beruhigungsmittel geben.«
Laras Grinsen wurde noch breiter. »Ich brauche nichts, danke, aber vielleicht meine Mutter …«
Rachel kniff sie in den Arm.
»Aua«, machte Lara.
»Na, anscheinend geht es dir ja schon wieder besser«, sagte ihre Mutter und Lara konnte sehen, wie sie innerlich aufatmete.
10.
Die Kernspintomografie hatte ewig lange fünfundvierzig Minuten gedauert. Zwar hatte Lara keine Angst, aber unbeweglich dazuliegen, war einfach nicht ihr Ding. Das Hämmern der Maschine hatte die Sache auch nicht besser gemacht. Lara hatte Kopfhörer getragen und war mit Musik beschallt worden, die aber kaum gegen den Lärm angekommen war. In regelmäßigen Abständen endeten einzelne Zwischenphasen der Untersuchung und ihr wurde mitgeteilt, wie lange die nächste Sequenz dauern würde. Ihre Mutter war die ganze Zeit bei ihr gewesen. Zu wissen, dass sie bei ihr war, beruhigte Lara.
Als die Zeit in der »Röhre« zu Ende war, atmete sie auf. Kaum wieder auf der Station betrat ein weiterer Arzt das Zimmer, der mit ihr das Ergebnis der Untersuchung besprach. Die Kernspintomografie hatte keinen Befund ergeben. Alles war in Ordnung. Lara und ihre Mutter waren erleichtert. Lara fragte den Arzt, ob sie jetzt das Krankenhaus verlassen könne, aber der Arzt verneinte. Dr. Leypoldt müsse das Ergebnis der Untersuchung ebenfalls bewerten und mit ihr eine Abschlussbesprechung führen.
Eine zähe Stunde verging, bevor der Unfallarzt eintrat und sich mit dem Untersuchungsbericht
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