Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
Moor‹, das sich zehn Meilen weit hinzieht und allmählich ansteigt. Hier, auf dieser Seite der Ödnis, steht Holdernesse Hall, zehn Meilen von uns, wenn man die Landstraße benutzt, nur sechs, wenn man übers Moor geht. Es ist eine besonders einsame Gegend. Ein paar Moorbauern betreiben kleine Wirtschaften, sie halten Schafe und Rinder. Ansonsten beherrschen der Regenpfeifer und der Brachvogel das Revier bis hin zur Chaussee nach Chesterfield. Sehen Sie: eine Kirche, ein paar Häuschen, ein Wirtshaus; dahinter werden die Hügel steiler. Dort im Norden müssen wir suchen.«
»Und das Fahrrad?« beharrte ich.
»Ja doch!« sagte Holmes ungeduldig. »Ein guter Radfahrer braucht keine Chaussee. Das Moor durchschneiden Pfade, und es war Vollmond. Aber, hallo! was ist denn das?«
Von der Tür hörten wir aufgeregtes Klopfen, und einen Moment später stand Dr. Huxtable im Zimmer. In der Hand hielt er eine blaue KricketMütze mit weißem Abzeichen auf dem Schirm.
»Endlich haben wir einen Anhaltspunkt!» rief er. »Dem Himmel sei Dank, endlich kommen wir dem lieben Jungen auf die Spur. Die Mütze gehört ihm.«
»Wo wurde sie gefunden?«
»In einem Wagen von Zigeunern, die im Moor kampierten. Dienstag sind sie weitergezogen. Heute hat die Polizei sie verfolgt und ihren Wohn wagen durchsucht. Und dabei wurde die Mütze gefunden.«
»Und wie haben sie es erklärt?«
»Sie machten Ausflüchte und logen, sagten, sie hätten sie am Dienstagmorgen im Moor gefunden. Sie wissen, wo er ist, die Schurken! Gott sei Dank sitzen sie alle hinter Schloß und Riegel. Die Angst vorm Gesetz oder das Geld des Duke wird alles herausbringen, was sie wissen.«
»Soweit, so gut«, sagte Holmes, als der Doktor dann das Zimmer verlassen hatte. »Wenigstens ist damit jetzt die Annahme erhärtet, daß wir in Richtung Moor auf Ergebnisse hoffen können. Die Polizei hat dort nichts unternommen, von der Verhaftung der Zigeuner abgesehen. Sehen Sie mal, Watson! Quer durchs Moor läuft ein Bach. Hier auf der Landkarte ist er eingezeichnet. An einigen Stellen hat er Moraste gebildet, vor allem zwischen Holdernesse Hall und der Schule. Bei diesem trockenen Wetter wäre es sinnlos, anderswo nach Spuren zu suchen; aber hier haben wir die Chance, auf irgendeine Spur zu stoßen. Ich bitte Sie, mich morgen ganz früh zu begleiten, dann werden wir versuchen, ein bißchen Licht in das Dunkel zu bringen.«
Der Tag war gerade angebrochen, als ich aufwachte und den langen, dürren Holmes neben meinem Bett stehen sah. Er war angezogen und offensichtlich bereits draußen gewesen.
»Ich habe den Rasen und den Fahrradschuppen untersucht«, sagte er, »und ›Das Rauhe Wäldchen‹ durchstreift. Jetzt wartet der Kakao auf Sie im Nebenzimmer. Beeilen Sie sich bitte, vor uns liegt ein arbeitsreicher Tag.«
Seine Augen glänzten und seine Wangen waren gerötet von einer Fröhlichkeit, wie sie ein Handwerksmeister empfindet, der seine Arbeit vor sich ausgebreitet sieht. Dieser aktive, alerte Mann war ein ganz anderer Holmes als der in sich gekehrte, bleiche Träumer aus der Baker Street. Als ich die geschmeidige Gestalt sah, die ihre Energie kaum zu bändigen wußte, fühlte ich, daß der vor uns liegende Tag wirklich mit Arbeit angefüllt sein würde.
Und doch begann es mit der schwärzesten Enttäuschung. Voll der schönsten Hoffnungen brachen wir auf zu unserem Gang durch das torfige, rötlichbraune Moor, das von tausend Schafpfaden durchzogen war, und langten richtig an bei dem hellen Grünstreifen, der den Beginn des morastigen Geländes kennzeichnete, das sich bis Holdernesse Hall hinzog. Wenn der Junge heimwärts gegangen wäre, hätte er jedenfalls hier entlanggehen und dabei eine Spur hinterlassen müssen. Aber wir entdeckten nichts, weder von ihm noch von dem Deutschen. Mit einem Gesicht, das sich immer mehr verdüsterte, schritt mein Freund am Rand des Morastes dahin, und seinem Eifer entging kein Schlammfleck auf dem moosigen Grund. Es gab reichlich Spuren von Schafen und nach einigen Meilen auch Marken von Kühen. Sonst nichts.
»Die erste Schlappe«, sagte Holmes und blickte finster über die wellige Weite des Moores. »Dort drüben ist noch eine Sumpfstelle; ein schmaler Weg führt hindurch. Aber, hallo, hallo, hallo! was haben wir denn hier?«
Wie ein dünnes schwarzes Band lag der Pfad vor uns. In seiner Mitte, deutlich abgezeichnet im nassen Grund, sahen wir die Spur eines
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