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Die Wiederkehr

Die Wiederkehr

Titel: Die Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verantwortlich, und sie nehmen ihre
Aufgabe sehr ernst, Delãny.«
»Andrej«, sagte der Schwertkämpfer. Er wandte sich ganz zu von
Salm um und sah dann fragend zu der Tür, die dieser so sorgsam
hinter sich geschlossen hatte.
»Ich wollte nur sichergehen, dass uns niemand belauscht, Del…
Andrej«, verbesserte sich von Salm, der seinen Blick richtig gedeutet
hatte. »Selbst hier haben die Wände Ohren, aber ich darf mich nicht
beschweren. Schließlich habe ich die meisten davon selbst anbringen
lassen.«
Er schien darauf zu warten, dass Andrej auf seinen scherzhaften
Ton einging, doch als dieser ihm den Gefallen nicht tat, verschwand
das angedeutete Lächeln aus seinem Gesicht und machte einem Ausdruck leiser Sorge Platz. »Mir wurde berichtet, dass Ihr verletzt seid,
Andrej«, sagte er. »Ist das wahr?«
»Es ist nicht weiter schlimm«, antwortete Andrej. »Viele Männer
werden in diesen Tagen verletzt.«
»Aber wie kann das sein?«, wunderte sich von Salm. »Verletzt?
Ihr?«
Andrej versuchte seinen Schrecken zu verbergen, aber ganz gelang
es ihm nicht. Einige Atemzüge lang starrte er den weißhaarigen
Mann nur durchdringend an, dann räusperte er sich und fragte:
»Wie… meint Ihr das?«
»Nun, nach allem, was ich von Euch gehört habe, sollt Ihr ein ganz
hervorragender Schwertkämpfer sein«, erklärte von Salm. »Und gestern nach der Schlacht erschient Ihr noch gesund und munter. Was ist
geschehen?«
»Ich war unachtsam«, antwortete Andrej. »Selbst das schärfste
Schwert ist nutzlos, wenn man es nicht früh genug zieht.«
»Oder gegen den Falschen«, fügte von Salm hinzu. Er nickte, trat
einen Schritt zurück und wies mit einer Kopfbewegung auf Andrejs
Schwert. »Das ist wirklich eine prachtvolle Waffe«, sagte er. »Darf
ich sie sehen?«
Andrej zögerte einen winzigen Moment, aber dann zog er das
Schwert aus der Scheide und reichte es von Salm mit dem Griff voran. Schon die Art, wie er die Waffe entgegennahm, machte Andrej
klar, dass von Salm seine Kriege nicht immer nur vom Schreibtisch
aus geführt haben konnte.
»Ein wahres Prachtstück«, lobte er. »Ich habe selten eine fantastischere Waffe gesehen. Ich kann verstehen, dass Ihr sie nicht aus der
Hand geben wollt.« Er ließ die Klinge mit einer spielerischen Bewegung durch die Luft sausen, die ihn plötzlich um Jahrzehnte jünger
erscheinen ließ. »Mancher Mann würde töten, um in den Besitz dieser Klinge zu kommen. Habt Ihr getötet, um sie zu erhalten, Andrej?«
Er stellte die Frage in beiläufigem Ton, während er den blitzenden
Stahl erneut durch die Luft pfeifen ließ, wie um einen unsichtbaren
Gegner zu attackieren. Aber Andrej entging der lauernde Unterton in
seiner Stimme keineswegs.
»Ich habe es bekommen, nachdem ich seinen früheren Besitzer getötet habe«, antwortete er ruhig. »Aber ich habe ihn nicht getötet, um
es zu bekommen.«
»Eine gute Antwort«, lobte von Salm spöttisch. »Sollten wir diesen
Krieg überleben, dann solltet Ihr Euch vielleicht überlegen, eine politische Laufbahn einzuschlagen, Andrej.«
Er reichte ihm die Waffe. Andrej steckte sie in die Scheide zurück
und fragte: »Warum habt Ihr mich rufen lassen, Graf? Doch nicht,
um Euch mit mir über mein Schwert zu unterhalten.«
Ein Anflug von Ärger huschte über von Salms Gesicht. Dann aber
nickte der Graf. »Ihr seid ein Mann, der offene Worte zu schätzen
weiß«, bekannte er. »Aber das wusste ich ja bereits. Nun gut. Ihr
habt Euch heute Morgen beim Besitzer Eures Gasthauses nach einem
Jungen erkundigt, wie ich höre?«
Andrej nickte. Anscheinend hatten nicht nur die Wände in diesem Gebäude Ohren.
»Was wolltet Ihr von diesem Jungen?«, fuhr von Salm fort.
»Marco?« Andrej hob die Schultern. »Nichts Bestimmtes. Mit ihm
sprechen.«
Das war nicht die Antwort, die von Salm hatte hören wollen. Er
runzelte die Stirn und deutete dann mit einer Kopfbewegung auf
Andrejs Brust. »Man erzählt sich, dass Ihr gestern Abend in Begleitung eben dieses Jungen das Lokal verlassen habt, und heute Morgen
hat man Euch halb bewusstlos in der Gosse gefunden. Der Wächter,
der Euch fand, hielt Euch für betrunken, aber in Wahrheit war es
wohl eher die Wunde, die Euch niedergestreckt hat.«
»Ihr seid gut informiert«, befand Andrej, aber von Salm schüttelte
den Kopf.
»Nicht gut genug, wie mir scheint«, sagte er. »Sonst wüsste ich
zum Beispiel, ob zwischen diesem Jungen und Eurer Verletzung
vielleicht ein Zusammenhang

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