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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Bürgersteig, und Bogus konnte sich gerade noch
aus dem Wagen rollen, ehe der Schläger ruckartig anfuhr. Trumpers Hosentasche
verfing sich im Türgriff, und er wurde gegen den Bordstein geschleudert.
    Trumper
kümmerte sich erst um den Schein, dann um sich selbst; seine Knie waren
aufgeschürft, und er setzte sich auf den [430]  Koffer, zog die Hosenbeine hoch und besah sich die Wunden. Als
er Leute aus dem Filmstudio kommen hörte, war er schon darauf gefaßt, daß jetzt
eine Horde von Ralphs Spießgesellen auf ihn losstürzen und ihn, stellvertretend
für Wilson, in Stücke hauen und auf die Straße werfen würde. Doch da waren nur
zwei Leute: der Junge mit der grellorangen Jacke und der unverkennbare
schlurfende Gang des haarigen Mannes neben ihm.
    »Hallo Ralph«,
sagte Trumper. Er schob Ralph den Hundertdollarschein in die Klaue und erhob
sich vom Koffer. »Trägst du bitte meinen Koffer, Kleiner«, sagte er. »Wie ich
erfahren habe, suchst du einen Tonmeister.«
    »Thump-Thump!«
brüllte Ralph.
    »Es war der
andere«, murmelte Kent. »Der Typ, der den Wagen gefahren hat…«
    »Nimm den
Koffer, Kent«, sagte Ralph. Er legte den Arm um Bogus, musterte ihn von oben
bis unten, entdeckte Blut und Schlimmeres. »Mein Gott, Thump-Thump«, sagte er,
»du siehst nicht gerade aus, als hättest du den Heiligen Gral gefunden.« Er
strich den Hundertdollarschein glatt, und Trumper nahm ihn schnell wieder an
sich.
    »Es gibt keinen
Heiligen Gral, Ralph«, sagte Bogus und setzte alles daran, nicht zu wanken.
    »Du warst
wieder auf Entenjagd, ThumpThump«, sagte Ralph und führte ihn zur Studiotür.
Bogus brachte ein müdes Grinsen zustande. »Mein Gott, Thump-Thump, sieht so
aus, als hätten die Enten wieder gewonnen.«
    An der hohen
Stufe zum Vorführraum verlor Bogus das Gleichgewicht und mußte sich von Ralph
hineintragen lassen. Alsdann! dachte er geistlos. Auf in ein Leben für die
Kunst. Es schien ihm nicht das richtige Leben für ihn selbst zu sein, aber im
Moment, dachte er, tut’s jedes Leben.
    »Wer ist das?« fragte Kent. Was Bogus über das Tonmischen gesagt hatte, hatte ihm nicht
gefallen. Kent war jetzt der [431]  Tonmeister,
ein fürchterlich schlechter, aber er dachte, er würde es noch lernen.
    »Wer das ist?«
Ralph lachte. »Ich weiß es nicht«, sagte er und beugte sich hinab zu Bogus, der
auf der Bank mit dem Projektor zusammengesunken war. »Wer bist du eigentlich,
Thump-Thump?« fragte er Bogus lachend.
    Doch vor lauter
Glück war es Bogus schwindlig geworden, er bestand fast nur noch aus hysterischem
Kichern. Es ist erstaunlich, wie man doch unter Freunden seine Maske
fallenlassen kann. »Ich bin der Große Weiße Jäger«, sagte er zu Ralph. »Der
Große Weiße Entenjäger.« Aber er konnte nicht mal diesen Witz zu Ende bringen,
sondern ließ den Kopf auf Ralphs Schulter sinken.
    Ralph
versuchte, ihn durchs Studio zu führen. »Das ist der Schneideraum, wo wir…«
Bogus war kurz davor, im Stehen einzuschlafen. In der Dunkelkammer gab ihm der
Geruch der Chemikalien den Rest; die Chemikalien, der Whisky, Mulcahys Kaffee
und die Erinnerung an Couths Dunkelkammer. Er knallte mit dem Ellbogen in eine
Wanne mit Fixierbad, spritzte seine Hose mit Fixierlösung voll und übergab sich
in einen Entwicklerbehälter.
    Ralph half ihm
aus den Kleidern, spülte ihn am Waschbecken in der Dunkelkammer ab und suchte
in Trumpers Koffer nach sauberen Kleidern. Er fand keine, hatte aber noch ein
paar alte Sachen von sich selbst im Studio und zog sie Trumper an. Eine unten
weit ausgestellte gelbe Cordhose; Trumpers Beine reichten gerade bis zu den
Knien. Eine cremefarbene Bluse mit Rüschen und Puffärmeln; Trumpers Arme
reichten bis zu den Ellbogen. Ein paar grüne Cowboystiefeletten; Trumpers Zehen
hatten noch mehrere Zentimeter Platz. Er kam sich vor wie ein Zwergenclown
unter Robin Hoods Gefolgsleuten.
    »Großer Weißer
Entenjäger heute nicht in Form?« fragte Ralph.
    »Ich könnte
jetzt vier Tage hintereinander schlafen«, gab [432]  Trumper zu. »Dann möchte ich Filme machen,
Ralph. Jede Menge Filme, jede Menge Geld. Neue Klamotten kaufen«, murmelte er,
als er über die gelbe Cordhose stolperte. »Und ein Segelboot für Colm.«
    »Armer Thump-Thump«,
sagte Ralph. »Ich weiß einen schönen Platz, wo du schlafen kannst.« Er
krempelte die absurden Hosenbeine hoch, so daß Trumper etwas besser laufen
konnte, und rief dann ein Taxi.
    »Das ist also
der berühmte Thump-Thump«, sagte Kent; er hatte schon von

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