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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Taschengeld gegeben – das gehörte nicht mal zur
Abmachung, das wissen Sie doch, mein Junge?«
    »Ja, Sir.«
    »Sie haben Ihre
Frau besucht«, sagte Mulcahy.
    »Ja, Sir.«
    »Tut mir leid«,
meinte Mulcahy. »Vielleicht hätte ich es Ihnen sagen sollen.«
    »Sie haben es gewußt ?«
fragte Trumper. »Das mit Couth?«
    »Ja, sicher«,
antwortete Mulcahy. »Wir mußten schließlich herausbekommen, wer Sie sind,
oder?« Er nahm einen dicken Aktenordner von der Kommode und blätterte darin.
»Ihrer Frau können Sie nichts vorwerfen, mein Junge«, seufzte er.
    »Nein, Sir.«
    »Also, was
machen wir jetzt?« fragte Mulcahy. »Mir ist das wirklich peinlich. Ich habe
schließlich die Verantwortung für Sie übernommen. Und Sie haben einen Chauffeur
gestohlen! Und sind in einem Zustand zurückgekommen, in dem man Sie keinesfalls
allein lassen konnte…«
    »Es tut mir
leid, Sir«, sagte Trumper. Es tat ihm wirklich leid. Irgendwie mochte er
Mulcahy.
    »Sie haben den
armen Chauffeur um seinen Job gebracht, mein Junge«, tadelte ihn Mulcahy.
Trumper versuchte, sich Dante ins Gedächtnis zu rufen; vage konnte er sich an
ein paar seltsame Heldentaten erinnern.
    Mulcahy nahm
etwa fünfhundert Dollar aus dem [423]  Briefumschlag
und gab Trumper den Rest zurück. »Das ist für den Chauffeur«, sagte er. »Es ist
das mindeste, was Sie tun können.«
    »Ja, Sir«,
antwortete Trumper. Unhöflich zählte er das Geld nach; beim ersten Zählen waren
es elfhundert Dollar, beim zweiten Mal nur noch neunhundert.
    »Damit kommen
Sie zurück nach Iowa«, sagte Mulcahy. »Wenn Sie dahin wollen…«
    »Ich weiß
nicht… ich weiß nicht, ob ich nach Iowa will.«
    »Also, ich weiß
nicht viel über Ihre Doktorarbeit«, meinte Mulcahy. »Aber ich glaube nicht, daß
es eine besonders lukrative Angelegenheit ist.«
    »Arnold«,
unterbrach ihn seine Frau; sie steckte sich gerade eine wertvolle Brosche an.
»Wir kommen noch zu spät zur Vorstellung.«
    »Ja, ja«,
beruhigte Mulcahy sie. Er erhob sich und besah sich seine Smokingjacke, ehe er
hineinschlüpfte; er schien sich nicht ganz sicher zu sein, wie man sie anzog.
»Wir gehen nämlich ins Ballett«, erzählte er Trumper, »es gibt doch nichts
Schöneres als ein gutes Ballett.«
    Vertraulich
faßte Mrs. Mulcahy Trumper am Arm und sagte: »In Washington gehen wir nie aus.
Nur, wenn Arnold in New York ist.«
    »Wie schön für
Sie«, erwiderte Trumper.
    »Kennen Sie
sich mit Ballett aus?« fragte Mulcahy.
    »Nein, Sir.«
    »All die grazilen
Leute, die auf Zehenspitzen herumtanzen«, zirpte Mrs. Mulcahy.
    Mulcahy
brummelte, als er sich in seine Smokingjacke zwängte; offensichtlich war er
ganz verrückt auf Ballett, daß er diese Prozedur mitmachte. Bogus erinnerte
sich daran, daß er wie ein Botschafter ausgesehen hatte, aber als er Mulcahy im
Abendanzug sah, wußte er, daß dem Mann diese Rolle wirklich nicht zu Gesicht
stand. Seine Kleider saßen nicht richtig; im Gegenteil, sie wirkten, [424]  als ob man sie ihm naß an
den Körper geklatscht hätte und sie beim Trocknen ganz eigenwillig munter
Falten geworfen hätten.
    »Was werden Sie
jetzt tun, mein Junge?« fragte Mulcahy.
    »Ich weiß
nicht, Sir.«
    »Also, mein
Guter«, sagte Mrs. Mulcahy zu Bogus, »erst einmal sollten Sie sich einen neuen
Anzug zulegen.« Sie drehte sich um und zupfte vorsichtig an dem alten herum,
als könne er sich jeden Moment auflösen.
    »So, wir müssen
jetzt los«, sagte Mulcahy, »und Sie müssen sich jetzt aus Ihren Badetüchern
schälen.«
    Bogus sammelte
seine Kleider auf und tapste vorsichtig zum Bad; in seinem Kopf war etwas
Schweres, etwas Schmerzendes. Seine Augen fühlten sich ganz ausgetrocknet an,
wie gebraten; es tat weh, wenn er blinzelte.
    Als er wieder
ins Zimmer kam, stand einer der Beamten, die ihn hergebracht hatten, neben den Mulcahys.
»Wilson«, sagte Mulcahy zu dem Mann, »bringen Sie Mr. Trumper, wohin er will –
innerhalb der Grenzen von Manhattan Island.«
    »Ja, Sir«,
sagte Wilson. Er sah aus wie ein bezahlter Killer.
    »Wohin werden
Sie denn nun gehen, mein Lieber?« wollte Mrs. Mulcahy wissen.
    »Ich weiß
nicht, Ma’am«, antwortete Trumper. Mulcahy stöberte wieder im Aktenordner
herum. Trumper sah ein Bild von sich und eins von Biggie.
    »Hören Sie,
mein Junge«, schlug Mulcahy vor, »gehen Sie doch zu diesem Ralph Packer.« Er
zog einen zusammengehefteten Stoß Papier heraus, auf dem ganz vorn ein haariges
Foto von Ralph prangte.
    »Der ist in
Iowa, Sir«, sagte Trumper. Er

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