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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Ölhändlers zuströmten.
    Das Jubelgeheul wurde plötzlich lauter, als ob die Menge in eine Straße eingebogen wäre, die unmittelbar zu dem Platz führte. Es war eher Gesang als Geheul. Gair bemerkte, dass einzelne Wörter und Wendungen andauernd wiederholt wurden, doch das Einzige, was er verstand, war Ammanai . Der Gesang klang knurrend und brummend; die Menge war eine Bestie mit tausend Stimmen.
    Er wagte einen Blick über die Schulter. Der Pöbel ergoss sich von der südöstlichen Ecke auf den Platz und trug einen dicken Mann mit nackter Brust, der eine Axt über dem Kopf herumwirbelte. Eine gelbe Schärpe wand sich um seinen Bauch. Heulende Frauen umtanzten ihn, ihre Röcke wirbelten, ihre Schleier waren verschwunden. Ihre langen schwarzen Haare flatterten wie Fahnen. Es war ein siegestrunkener Pöbel.
    Gair trieb Shahe an und hatte bald die Tamasierinnen in der relativen Sicherheit der dunklen Gasse erreicht. Er half der Superiorin abzusitzen, drehte sich dabei im Sattel und sah, wie die Kultisten etwas zur vordersten Reihe der Menge durchreichten. Bronzeblätter schimmerten im Licht des frühen Morgens. Es war wohl die Eiche aus der Kapelle des Tochterhauses. Sie wurde auf die Pflastersteine geworfen und ging im stampfenden, singenden Gewühl unter. Er wandte sich ab und war froh, dass die Nonnen nicht über die Häupter der Menge hinwegsehen konnten.
    Drei weitere Gestalten drängten sich unsicher in eine Gasse unmittelbar gegenüber dem Ölhändler. Auf ein Nicken Gairs hin winkte die Superiorin sie herbei. Während die Passanten gebannt dem Kultistenpöbel zusahen, rafften die drei Nonnen ihre Gewänder und rannten in die Arme ihrer Schwestern. Er zählte sie. Fünfzehn befanden sich jetzt auf dieser Seite des Platzes – weniger als die Hälfte derer, die sich auf den Weg gemacht hatten. Er stellte sich in die Steigbügel und suchte die anderen Straßen, die er erkennen konnte und die auf den Platz führten, nach den Vermissten ab. Er bemerkte die Umrisse von vier, vielleicht fünf weiteren Nonnen; die Schatten der Morgendämmerung zwischen den Häusern verhinderten eine genaue Zählung.
    Er wandte sich an die Superiorin. »Führt diese Gruppe zum Tor. Ich kümmere mich um den Rest.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Schwester Martha kann das übernehmen. Ich bleibe hier, bis ich weiß, dass sie alle in Sicherheit sind.«
    »Ich will nicht zwischen Eurem Schutz und dem Schutz Eurer Schwestern wählen müssen, wenn die Menge außer Rand und Band gerät.« Sobald er die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihm klar, dass es sinnlos war, mit der Superiorin zu rechten. Sie steckte die Hände unter ihr Skapulier und war so gelassen und reglos wie eine Heilige aus Marmor.
    »Wie Ihr wünscht.« Er wendete Shahe und ritt hinaus auf den Platz. Beim Klang des Hufgetrappels drehten sich einige Zuschauer nach ihm um, aber als sie nur einen einsamen Wüstenmann auf seinem Pferd sahen, richteten sie ihre Aufmerksamkeit rasch wieder auf das Schauspiel vor ihnen. Als er die andere Seite erreichte, waren dort bereits sieben Nonnen zusammengekommen und drängten sich um sein Pferd.
    »Wir haben Rauch gesehen. Was ist passiert?«, wollte eine von ihnen wissen. Ihr verrutschter Schleier enthüllte ein verkniffenes, schmallippiges Gesicht.
    »Es brennt auf der anderen Seite der Stadt«, sagte er und wusste nicht, ob er ihnen die ganze Wahrheit sagen sollte. Doch er hätte sich keine Gedanken darüber machen müssen.
    »Das Tochterhaus«, jammerte die Nonne und hielt sich an Shahes Zügeln fest. »Sie haben das Tochterhaus niedergebrannt!«
    Die schwarze Stute warf den Kopf herum, bis Gair die Hand der Nonne sanft vom Zügel löste. »Ganz ruhig, Schwester. Mach dir keine Sorgen. Ich geleite euch aus der Stadt.«
    Sie ergriff seinen Arm; ihre Finger waren kalt vor Angst. »Grundgütige Mutter, was sollen wir bloß tun? Wohin sollen wir gehen? Sie haben das Tochterhaus angezündet!«
    Schluchzend sackte sie auf die Knie. Sofort war Resa bei ihr und legte ihr den Arm um die Schultern. Die ältere Nonne klammerte sich an sie und vergrub das Gesicht im Gewand des Mädchens.
    Gair suchte die Gruppe nach weiteren vertrauten Gesichtern ab, entdeckte aber keines. »Wo sind die anderen?«
    Eine Nonne mit einem schweren Sack, in dem sich Gegenstände mit seltsamen Umrissen abzeichneten, antwortete ihm. »Sofi hat sie hinauf zum Löwentor geführt. Sie hat gesagt, dass sie früher immer die Armen an der Nordmauer besucht hat und deshalb einen

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