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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Mädchen wurden als Schülerinnen angenommen. Du bist die Erste mit der Gabe seit den Tagen meiner Großmutter.«
    »Wirklich?« Gütige Götter, sie war so müde. Nun ließ die Erregung über den Streit mit Ytha nach, und sie fühlte sich so ausgetrocknet wie ein durchstochener Wasserschlauch. Sie wollte nur noch schlafen. Aber das konnte sie nicht. Es waren noch viele Vorbereitungen zu treffen sowie weitere Kleidung und Vorräte zu besorgen, falls der schlimmste Fall eintreten sollte, was sie nun ernsthaft befürchtete. Es gab kaum mehr eine Aussicht darauf, dass Ytha ihr weitere Lektionen im Wahrsagen gab. Teia konnte von Glück reden, wenn die Sprecherin ihr nicht aus reiner Gehässigkeit die Gabe ausbrannte, ohne dabei Rücksicht auf das Kind des Häuptlings zu nehmen.
    »Ist das nicht ein Zeichen?« Ana breitete die Hände aus. »Du und dein Kind, ihr seid für große Dinge bestimmt.«
    Teia dachte an die Vision, die sie von sich selbst und ihrem Sohn gehabt hatte, der irgendwann in der Zukunft zur Welt kommen würde. Sie hatte ihm schützend die Hände auf die Schultern gelegt, und der Halsring des Clanhäuptlings hatte um seinen Hals gelegen – unter dem noch bartlosen Gesicht. Und sie dachte an ihre lichtlosen Augen, die so matt wie die Aschefelder von Muiragh Mhor gewesen waren. Große Dinge, die den Blick einer Frau so vollkommen trübe machen konnten, mussten wahrhaft gewaltig sein.
    »Wenn dem so ist, habe ich es noch nicht gesehen. Mama, bitte versprich mir, dass du aufbrichst, sobald der Frühling kommt. Geh so weit weg von Ytha wie möglich. Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir und Papa etwas zustoßen sollte.«
    »Und wir sollen dich allein in den Süden ziehen lassen?«
    Teia biss sich auf die Lippe. Ihre Mutter hatte richtig geraten. Natürlich war ihr klar, dass Teia nicht mit dem Rest der Familie im Frühling von hier abreisen würde.
    »Ich glaube nicht, dass ich dann noch hier sein werde.« Ob sie dann tot oder verbannt sein würde, machte keinen Unterschied. Das Wort der Sprecherin war Gesetz. Und mitten im Winter war das eine so schlimm wie das andere.
    »Hm.« Ana schürzte die Lippen, und Teia versuchte es noch einmal.
    »Es ist das Beste für uns alle.«
    »Ich werde mit deinem Vater darüber reden. Am Ende wird er die Entscheidung treffen.«
    »Mama …«
    »Teir ist nun einmal das Familienoberhaupt«, tadelte ihre Mutter sie sanft. »Ich weiß, dass er dir genauso glaubt wie ich. Er wird wissen, was das Beste ist, wenn die Zeit gekommen ist.«
    Ein eindeutigeres Versprechen würde sie von Ana nicht erhalten, also nickte sie und versuchte zu lächeln. Die Mundwinkel hochzuziehen schien ihr so schwer zu sein, wie die Archenberge selbst anzuheben.
    »Du solltest jetzt gehen«, sagte sie. »Ich muss das Abendessen meines Häuptlings zubereiten, und er wird sehr ungehalten sein, wenn es bei seiner Rückkehr nicht fertig ist.«
    Ihre Mutter bedachte sie mit einem strengen Blick, doch hatte Ana zu viele Sommersprossen und zu rosige Wangen, sodass ihre Miene nur einen geringen Tadel ausdrückte, aber Teia sah die unausgesprochene Frage darin.
    »Mach dir keine Sorgen; er wird nicht die Hand gegen mich erheben. Ich glaube, inzwischen mag er mich sogar ein bisschen, weil er glaubt, dass ich ihm einen Erben schenke.«
    Anas Naserümpfen sagte mehr als tausend Worte, aber sie gab ihrer Tochter einen Abschiedskuss und ging zum Ausgang. Sie legte die Hand auf den Vorhang und hielt inne. »Pass auf dich auf, Teisha. Du magst aufgrund deiner Kräfte stärker als Ytha sein, doch gegen das Clangesetz kommst du nicht an.«
    »Das weiß ich. Aber ich muss es versuchen – die Angelegenheit ist einfach zu wichtig.«
    Ihre Mutter senkte den Blick, seufzte und nickte. Sie verstand es. Dann hob sie den Vorhang und ging.
    Ytha drehte sich auf dem Absatz um, als sie Schritte hinter sich hörte, und ihr Rock schleifte durch den hohen Schnee. Drwyn trat auf den Vorsprung über dem See hinaus, und bevor er weitere Schritte machen konnte, zeigte sie mit dem Finger auf ihn. »Sie könnte alles ruinieren, Drwyn!«
    »Sie ist doch bloß ein Mädchen!« Er lehnte sich lässig gegen den Felsen, als ob er nicht begreifen könnte, dass ihre Pläne in sich zusammenfielen. »Warum bist du so ängstlich?«
    Sie warf die Hände in die Luft – warum begriff er es nicht? – und zählte dann die Verbrechen des verhassten Mädchens an den Fingern ab. »Sie besitzt die Gabe, die sie jahrelang vor mir verborgen hat. Sie trägt

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