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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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sie geworfen hat, übergibst du sie mir.«
    Ein kurzes Nicken. Er war nicht glücklich. Nun, dann sollte er halt unglücklich sein. Es gab im Augenblick wichtigere Dinge, um die sie sich kümmern musste.

1 7
    Nach elf Tagen auf See hieb die Wüstenhitze auf Gairs Schädel ein wie ein Hammer, als er aus dem schattigen Schiffsbauch der Wellenreiter stieg. Der stahlblaue Himmel war so heiß wie ein Schmiedeofen und schien weiße Funken aus den Wellen zu schlagen. Barfüßige Seeleute liefen umher und eilten an ihm vorbei, als er zur Reling ging und in die Sonne blinzelte, weil er beobachten wollte, wie sie sich allmählich Zhiman-dar näherten.
    Es war nicht gerade die schönste aller Städte. Sandfarbene Gebäude umgaben eine Bucht in Form eines Halbmondes; sie waren gedrungen und rechteckig wie die Holzbausteine eines Kindes. Hinter der Stadt schimmerte im Dunst eine niedrige Bergkette in derselben sonnengetrockneten Ockerfarbe. Nichts Grünes war zu sehen, und nichts schien hier zu wachsen und zu sprießen. Sogar die Schiffe im Hafen wirkten staubig und ausgetrocknet unter ihren Masten, die an abgestorbene Bäume erinnerten.
    Und diese Hitze! Es war noch nicht einmal Mittag, und schon bekam Gair Kopfschmerzen davon. Es half auch nicht gerade, dass er noch weniger als gewöhnlich geschlafen hatte. Die Luft unter Deck war zu stickig gewesen für mehr als ein Nickerchen, das immer wieder von Albträumen heimgesucht wurde, aus denen er in seiner völlig zerwühlten Koje aufwachte. Er beschattete die Augen mit den Händen und betrachtete die näher kommende Stadt. Sobald sie an Land waren, würde es sicherlich noch schlimmer sein.
    Wenn er bloß den Mund gehalten hätte. Er war so bestürzt über den Ausgang des Prozesses und so dankbar dafür gewesen, dass ihm ein Weg aus der Heiligen Stadt gezeigt worden war, dass er nicht an die Folgen von Alderans Bitte gedacht hatte. Wenn er es getan hätte, befände er sich jetzt nicht in dieser misslichen Lage, würde seine Zeit nicht an diesem von der Göttin verlassenen Ort verbringen und sich nicht in seinem eigenen Schweiß auflösen.
    Gair fuhr sich mit dem Hemdsärmel über die Stirn und wünschte sich sogleich, er hätte es nicht getan, denn schon bei der geringsten Bewegung klebte ihm das Leinen unangenehm am Rücken. Er zog das Hemd von seiner Haut ab und fächelte sich damit Luft zu. Es herrschte nicht einmal genug Wind, um die Segel zu füllen. Bei allen Heiligen, diese Hitze war grausam.
    Als die Wellenreiter dem Hafen näher kam, lösten sich Umrisse aus dem gleißenden Dunst. Lange steinerne Kais ragten ins Wasser, und hinter ihnen erhoben sich große Lagerhäuser und die Läden der Schiffsausrüster. Möwen kreisten schreiend über dem Mastenwald. Kleine Boote pflügten durch das Wasser und flitzten zwischen den schwereren Handelsschiffen wie Wasserläufer umher.
    »Willkommen in Gimrael«, sagte Alderan, als er neben Gair an die Reling trat. »Residenz der Sonne, des Sandes und des Fundamentalismus.«
    »Ich habe mir die Stadt größer vorgestellt.«
    »Von hier aus wirkt sie nicht gerade beeindruckend, aber sie ist eine der ältesten Städte der Wüste. Nur Abu Nidar ist noch älter.«
    Gair hatte keine Lust auf eine Geschichtslektion. »Wie lange bleiben wir hier?«
    »Einen oder höchstens zwei Tage. Das dürfte ausreichen, um das eine oder andere zu erfahren und ein paar Vorräte einzukaufen.«
    »Und dann?«
    »Und dann werden wir sehen.«
    Er stellte keine weiteren Fragen. Am zweiten Tag ihrer Reise von den Inseln hierher hatte er begriffen, dass Alderan ihm nicht mehr sagen würde, als er bereits wusste, und das war äußerst wenig.
    Verdammt sei der Süden. Du könntest mir wenigstens sagen, in was du mich hineinziehst!
    Alderan sah ihn von der Seite an, als ob er Gair gehört hätte. »Alles zu seiner Zeit, mein Junge. Du wirst es erfahren, sobald du es wissen musst.«
    Seine Miene musste ihn verraten haben, oder der alte Mann kannte ihn einfach zu gut.
    »Ich hole meine Sachen«, sagte Gair und ging nach achtern.
    Wie er vorhergesehen hatte, wurde die Hitze noch schlimmer, als sie aus dem Beiboot stiegen und die Stufen zum Kai empor. Jede Brise, die vom Landesinnern kommen mochte, wurde von den Gebäuden abgefangen. Die bleichen Steine auf der windabgewandten Seite der Lagerhäuser warfen die Nachmittagssonne zurück wie ein Spiegel. Schon bald hatten sich Gairs Kopfschmerzen verschlimmert; sein Schädel fühlte sich an, als steckte er im Schraubstock

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