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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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dir mache ich mir gar nicht soviel – für dich spricht eigentlich nur Madame.«
    »Immerhin …«
    »Wenn du auch als Vater nicht viel taugst«, fuhr Petra kokett fort, »als Mann gefällst du mir. Verstehst du?«
    »Kein Wort.«
    »Du bist ein Schuft.« Sie lächelte ihn an. »Du hast dich nie um mich gekümmert – und dann bist du gekommen, nicht wie ein Vater, sondern wie ein – wie ein …«
    »Ein was?«
    »… ein Protz, ja«, sagte sie überzeugt, »wie einer, der mir alle Wünsche erfüllen kann, mit anderen Worten: du bist ein Strolch.«
    »Warum gibst du dich mit einem Strolch ab?«
    »Weil ich einiges von ihm wissen möchte. Warum hast du dich damals von Mutti getrennt?« fragte sie direkt.
    »Frag doch Mutti!«
    »Sie weicht mir aus.«
    »Ich ebenfalls«, erwiderte er.
    »Wenn ich nicht böse werden soll, dann möchte ich jetzt endlich einmal …«
    »Es war eine Kriegsehe«, unterbrach er Petra. »Daß sie nicht hielt, war meine Schuld.«
    »Gerade das nehme ich dir nicht ab«, entgegnete sie. »Du spielst dich vor mir als Kavalier auf, weil du genau weißt, daß Mutti über dich schimpft. Du bist nicht besser als sie – nur schlauer, deshalb benimmst du dich fein – und so fein bist du sonst gar nicht«, setzte sie rasch hinzu. »Wenn du schuld an einer Sache bist, wärst du der letzte, der es zugäbe.«
    »Na, na, na …«
    »Mutti haßt dich. Dafür gibt es nur zwei Gründe: entweder enttäuschte Liebe …«
    »Was liest du für schlechte …?«
    »Oder einen Schuldkomplex.«
    »Mein Gott!« erwiderte Martin mit gespieltem Entsetzen. »Muß ich mir von einer Vierzehnjährigen erklären lassen …«
    »Es ist nicht so lustig, wie du denkst«, entgegnete Petra ernst. »Wenn ich am Tisch sitze, stelle ich mir vor, wie schön es wäre …«
    »Wenn?«
    »… du an seinem Platz säßest«, antwortete sie trotzig. »Schlemmer hast du mir gründlich vermiest.«
    »Drück dich bitte anständig aus, Petra.«
    »Meinst du, es ist ein Vergnügen, daß ich mich jedesmal zu dir stehlen muß? Daß ich jetzt angeblich mit einer Freundin Schularbeiten mache … Meinst du, daß es noch lange so weitergehen wird?«
    »Warum nicht?«
    »Ich darf dich nur jedes vierte Wochenende sehen«, fuhr sie fort, »und muß jede Begegnung mit einer Lüge bezahlen.« Ihr junges Gesicht wurde böse. »Ich will auch nicht mit dir unter einer Decke stecken. Ich will deine Tochter sein und nicht deine Komplizin.«
    Martin freute sich, weil Petra so klug war; aber es verdroß ihn auch, daß er es bereits nach ein paar Wochen aufgegeben hatte, mit dem Kind zu spielen. Das Kind spielte mit ihm, heimlich und lebhaft unterstützt von Maman alias Madame.
    »Wenn ich deine Ausführungen recht verstehe«, erwiderte Martin, »dann soll ich also deine Mutter wieder heiraten.«
    Petra sah auf den Boden.
    »Einverstanden«, sagte er, »nur mußt du mir die Braut – deine Mutter – vermitteln.«
    »Schuft!« entgegnete sie und lächelte mit nassen Augen. »Natürlich war ich kindisch«, setzte sie hinzu, »aber begreifst du denn nicht: ich möchte nicht Schlemmer heißen, sondern Ritt.«
    »Gut, mein Kind, vielleicht läßt sich das arrangieren.«
    Martin hörte erleichtert, daß die Landung der New Yorker Maschine ausgerufen wurde, und sagte: »Komm, wir müssen zum Flugsteig.«
    »Darf ich mitkommen?« fragte Petra.
    »Natürlich.«
    »Aber ich will nicht stören.«
    »Im Gegenteil, ich möchte dich vorführen.«
    Das Flugzeug hatte aufgesetzt und rollte auf das Hauptgebäude zu. Martin legte den Arm um Petras Schultern und zog sie weiter.
    »Ich bin auch kein Freund dieser Heimlichkeiten«, erklärte er, »und ich möchte, daß du ohne Umwege zu uns kommen kannst.«
    »Aber Mutti wird das nicht erlauben.«
    »Man wird einen Weg finden …«
    »Aber ich möchte nicht, daß du ihr weh tust.«
    Martin schwieg.
    »Hörst du?« fragte Petra und schüttelte seinen Arm.
    Die Landetreppe wurde an das Flugzeug herangeschoben, das Luk geöffnet. Die ersten Passagiere quollen aus dem gedrungenen Leib. Der Flugplatzfotograf kümmerte sich mehr um die hübsche Bodenstewardeß als um die Ankommenden.
    »Spricht Mrs. Lessing deutsch?« fragte Petra.
    »So gut wie du und ich«, antwortete er.
    »Schade. Ich hätte gern mein Englisch erprobt.«
    Vor dem Zoll stauten sich die Passagiere. Die junge Frau in dem eleganten Reisekomplet winkte Martin zu. Er ging ihr entgegen. Sie umarmten sich stürmisch. Wieder war Martin verblüfft, wie

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