Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Titel: Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmid
Vom Netzwerk:
verhext. Sosehr sie sich auch das Gehirn zermarterte, Lilli fielen nur Sachen ein, wofür man dringend eine Bande von dummen Jungs brauchte, aber genau die hatte ja wegen Urlaub geschlossen. Ihre Fahrradreifen schnurrten über den Asphalt der Landstraße, und Lilli versuchte, nicht daran zu denken, wie sehr ihr Oles tiefblaue Augen jetzt schon fehlten. Verbissen trat sie in die Pedale, bog auf die Weiherwiese ab und preschte durchs hohe Gras. Wolken von Löwenzahnsamen stoben hinter ihr auf, Lilli bremste knapp vor dem Steg und sprang ab. Neben ihr nahm Bob eine Tüte mit der Aufschrift
Gelateria Cantarella
aus ihrem Lenkerkorb und ließ ihr Rad auf die Wiese fallen. »Und jetzt?«
    »Die Hühner haben wir erst gestern ausgemistet …« Enya zog ihre Kapuzenjacke aus und hängte sie über den Stegpfosten. »Aber wir könnten doch unser Bandenquartier aufräumen. Mal so richtig gründlich!«
    »Und unsere Vorräte wieder auffüllen!« Very ließ die Flaschen mit Biolimonade in ihrem Fahrradkorb aneinanderklirren.
    »Erst machen wir klar Schiff und dann«, Bob hielt die zugeknotete Tüte hoch, »essen wir die Tramezzini von meiner Nonna!«
    Normalerweise lief Lilli schon beim Gedanken an die italienischen belegten Brote das Wasser im Munde zusammen, aber jetzt verspürte sie nicht den geringsten Appetit. »Cool! Mal so richtig Ordnung machen …« Lilli bemühte sich, begeistert zu klingen. »Echt prima Idee!« Sie schleuderte ein Steinchen aus ihrer Sandale und kletterte an Bord. »Wir könnten auch ein Hühnerwettrennen veranstalten!« Mit übertriebenem Elan riss sie die Kükenkajütentür auf. »Na, welche von euch wird wohl unser Champion?«
    Aber Bussi, Birdie, Ines und Flocke gackerten nur verärgert über die Störung, plusterten sich zu Kugeln auf und zogen mürrisch die Köpfe ein.
    Seufzend verschloss Lilli die Kajütentür wieder und kletterte hinter ihren Freundinnen durch die Schiffsluke nach unten.
    Enya faltete fein säuberlich die Häkeldecken zusammen, legte sie ordentlich auf die Kojen und strich sie glatt. Lilli half Very, die Biolimonaden in der Vorratskiste zu verstauen, und Bob kniete sich auf den Boden und prüfte, ob die winzige Holzperle noch in ihrem Astloch lag. Wenn die Perle nicht mehr an Ort und Stelle war, wussten die Mädchen, dass jemand die lose Bohle entdeckt und ihr Geheimfach geöffnet hatte. »Alles bestens!« Vorsichtig nahm Bob die Perle weg und hob die Bohle hoch. In dem flachen Hohlraum darunter lag das Bandenbuch der
Wilden Küken
.
    Bob war die Schriftführerin und schrieb gewissenhaft all ihre gemeinsamen Abenteuer auf. Darüber hinaus waren alle geheimen Codeworte in dem Buch verzeichnet. Es gab eingeklebte Fotos und Postkarten, und sogar Bussi, Birdie, Ines und Flocke hatten eigene Seiten, auf denen jeweils eine ihrer Federn klebte.
    Mit gelangweiltem Blick drehte Lilli sich langsam um die eigene Achse. Hier musste niemand Ordnung machen. Jeder Gegenstand war genau dort, wo er hingehörte. Bis auf das bisschen Staub vielleicht, das in den schrägen Lichtstrahlen schwebte, die durchs Bullauge fielen. Lilli polierte mit dem Ärmel über das Glas des runden Fensters.
    Fast andächtig legte Bob das Bandenbuch der
Wilden Küken
auf den Tisch und schlug eine leere Seite auf. Sie schraubte die Kappe von ihrem Füller und trug rechts oben das Datum ein. Danach pustete sie unsichtbare Fusseln weg, strich mit der flachen Hand über das weiße Papier und wartete. »Was soll ich schreiben?«
    Aller Augen richteten sich auf Lilli.
    »Nichts!«, sagte Lilli verzweifelt. Sie musste an die frische Luft. »Ziemlich heiß hier drin!« Hastig erklomm sie die untersten Stufen der Schiffstreppe und klappte die Luke hoch.
    »Dann schreib ich
Buone vacanze, Wilde Küken
!«, sagte Bob.
    »Was heißt das?«, fragte Very.
    »Schöne Ferien,
Wilde Küken
!«, murmelte Bob, auf ihre Schönschrift konzentriert.
    »Mach lieber ein Fragezeichen dahinter«, brummte Enya.
    Lilli kletterte an Deck, sog die laue Sommerluft ein und streckte sich. Dann zog sie die Schaukelbank, die ihr Vater im Winter für die
Wilden Küken
geschreinert hatte, hinter der Kajüte hervor und stellte sie vor die Reling.
    Aus Gewohnheit warf sie einen sichernden Blick Richtung Keltenwald, aber weder schlich sich jemand an noch beobachtete sie jemand vom Hochsitz aus mit dem Fernglas. Niemand plante einen Angriff auf sie. Keine böse Überraschung, auf die das Oberküken der Mädchenbande gefasst sein musste. Eine

Weitere Kostenlose Bücher