Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)
genossen das Bergpanorama mit bloßem Auge oder durch das Fernglas der
Grottenolme
.
Vroni hob den Blechdeckel eines am Fels befestigten kleinen Kästchens und nahm das Gipfelbuch heraus. »Falls ihr euch eintragen wollt.«
Alle wollten. Bob machte den Anfang, schrieb das Datum auf die nächste freie Seite und malte ein Küken darunter. Sie, Lilli, Very und Enya setzten ihre Unterschriften unter das Küken.
Danach trugen sich auch die
Olme
ein. Als Letzter hatte Erik den Stift in der Hand und hielt ihn Vroni hin.
Sie lachte. »Ich steh da schon oft genug drin.« Aber weil Erik nicht nachgab, steckte sie sich die strohblonden Haare unter die Kappe und trug sich ebenfalls ins Gipfelbuch ein.
Nach ihrer Brotzeit drängte Vroni, die rechtzeitig wieder zurück am Staigerhof sein musste, rasch zum Aufbruch. Die Gruppe folgte Vroni schon talwärts, da entdeckte Lilli, dass Enya noch vor dem Metallkästchen kniete und im Gipfelbuch blätterte.
Sie lief hin. »Komm, die andern sind schon losgegangen!«
Über Enyas Schulter hinweg betrachtete Lilli die Seite. Sie sah das Küken, ihre Unterschriften und die der
Grottenolme
. Und eine Zeile darunter standen nah beieinander die Namen von Erik und Vroni. Über dem i von Vroni schwebte anstatt des i-Punkts ein Herzchen. Und über beide Namen waren gezackte Gipfel gemalt, als gehörten sie zusammen.
»Enya! Jetzt komm schon!«, sagte Lilli. »Das ist nur ein Zufall!«
Aber noch während sie die Worte aussprach, beschlich Lilli das Gefühl, dass sie das nicht sagte, weil sie es für die Wahrheit hielt, sondern um Enya zu trösten.
»Wahrscheinlich hast du recht!« Enya packte das Gipfelbuch zurück und schulterte ihren Rucksack.
Lange bevor sie die Hadersdorfer-Alm erreichten, hörten sie das Brüllen der Kühe. Vroni beschleunigte ihren Schritt. »Die müssten längst gemolken sein!«
Mitch spähte durchs Fernglas. »Die Tiere sind auf der Weide, aber Gelatino ist nirgends zu sehen!«
Ole nahm ihm das Fernglas weg und richtete es auf den von hier oben winzig wirkenden Staigerhof. »Sein Auto steht nicht am Parkplatz!«
Trotz der Anstrengung, die sie bereits hinter sich hatten, legte die Gruppe das letzte Stück des Weges fast im Laufschritt zurück.
An der Almweide angekommen, schaute Vroni auf ihre Uhr. »Ich muss dringend nach Hause. Schafft ihr das mit dem Melken auch ohne mich?«
»Sicher!« Erik berührte Vroni kurz am Arm. »Geh ruhig, bevor deine Eltern noch die Bergwacht alarmieren!«
Vroni verabschiedete sich und die
Wilden Küken
und die
Grottenolme
machten sich an die Arbeit. Kaum hatte Lilli den Stall betreten und sich einen der Melkeimer vom Haken genommen, trottete Milli auf sie zu und stupste sie auffordernd mit dem Maul in die Seite. Wie Vroni es ihr gezeigt hatte, ging Lilli in die Hocke und fing an, Milli zu melken. Obwohl es ja nur fünf Kühe und sieben Ziegen, aber acht Melker waren, dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis sie die vollen Milchkannen auf den Leiterwagen laden konnten.
»Wer schafft die Milch zur Lastenseilbahn?« Ole blickte in die Runde, aber niemand riss sich um die Aufgabe.
»Ich und du!«, entschied Lilli schließlich. »Und die andern machen schon mal Feuer im Küchenofen und richten das Abendessen her!«
Nachdem Lilli und Ole den Leiterwagen schon über den Schlauch gezogen hatten, in dem das überschüssige Quellwasser vom Brunnentrog hinunter in die Blechbadewanne rieselte, drehte Lilli sich noch einmal um. »Ach ja, Erik?«
Erik blieb in der Tür zur Alm stehen.
»Du und Enya, könnt ihr beiden vielleicht die Handtücher waschen?« Lilli zeigte auf die Blechwanne.
Erik nickte widerwillig und Enya lächelte.
Den Leiterwagen im Schlepptau, wanderten Ole und Lilli talwärts. Beide hielten die Deichsel und Lilli spürte Oles Arm an ihrem.
»Kann ich dich was fragen, Ole?«
Er blickte sie abwartend an.
»Ach, nichts«, sagte Lilli und ärgerte sich über sich selbst.
Ole zuckte mit den Schultern.
Schweigend erreichten sie die Lastenseilbahn und schweigend luden sie die Milchkannen in die Transportkiste. Bei der letzten, besonders schweren, geriet Lilli ins Straucheln und sie musste sich an Ole festhalten. Sie stützte sich länger auf ihn als nötig. »Wieso wolltest du mich oben auf dem Berg nicht abseilen?« Sie suchte seinen Blick. »Hast du Höhenangst oder so was?«
Anstatt zu antworten, drückte Ole den roten Knopf. »Komm!« Er sprang zwischen die Milchkannen auf die Ladefläche.
»Du spinnst!«, sagte
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