Die Wildkirsche. Erotischer Roman
erreichte.
Beaumont stürzte ohne zu zögern ins Treppenhaus und eilte an ihr vorbei. »Pass auf Julien auf.«
Lorraine seufzte betrübt. Sie blickte über das Geländer ins Erdgeschoss und sah gerade noch, wie ihr Vater seinen Ärztekoffer aus dem Büro holte und mit Monsieur Alan verschwand. Die Tür knallte hinter ihnen zu. Lorraine straffte die Schultern und stellte sich dem Unvermeidbaren. Sie versuchte den Ekel niederzukämpfen und betrat den Raum. Julien hob den Kopf und schnupperte. Ihr Blick fiel auf den Nachtschrank, wo der Eintopf stand.
»Hast du also doch Hunger bekommen!«
Seufzend griff sie nach der Schale, tunkte den Löffel ein und beugte sich über ihn.
»Hier habe ich etwas Schmackhaftes für dich. Mach brav den Mund auf.«
Er starrte sie an.
»Sag Aaaaah.« Sie machte es ihm vor und kam sich dabei lächerlich vor. Dann ließ sie den Löffel verführerisch über seinen Lippen kreisen. »Ich weiß, dass es dir schmecken wird, vertrau mir.«
Ein grollender Laut drang aus seiner Kehle. Als sie noch versuchte, ihm den Löffel in den Mund zu stecken, warf er den Kopf zur Seite und zerrte an seinen Fesseln.
Lorraine verlor allmählich die Geduld. Es war eine Zumutung, sie mit dieser Kreatur allein zu lassen. Sie sah ein, dass ihr Vater keine andere Wahl gehabt hatte, als Monsieur Alan zu folgen. Schließlich ging es um das Leben seiner Mutter. Dass ihr Vater jedoch von ihr erwartete, dass sie sich in seiner Abwesenheit um Julien kümmerte, war wirklich zu viel verlangt! Energisch legte sie die Hand auf sein Kinn und drückte es nach unten, sodass sich sein Mund öffnete. Fauliger Geruch stieg ihr aus seinem Rachen entgegen. Fast hätte sie sich übergeben.
Eilig löffelte sie den Brei in seinen Mund, doch Julien spuckte den Eintopf erneut aus. Die zähe Flüssigkeit blieb in seinem langen, dunklen Bart hängen.
»Friss nicht wie ein Schwein!«, fuhr sie ihn an und schob ihm einen weiteren, vollen Löffel in den Mund.
Julien stieß ihn mit der Zunge zurück und schüttelte heftig den Kopf.
»Etwas Besseres haben wir nicht im Haus.« Wütend stellte sie die Schale auf den Boden.
Leila, die unbemerkt durch den Türspalt in das Zimmer gekommen war, stürzte sich sogleich auf das Mahl und begann, die Schüssel auszulecken.
»Gibt es überhaupt irgendetwas, das nach deinem Geschmack ist?«, fluchte sie und sah angewidert auf ihn hinab.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sein Blick merkwürdig starr war. Die dunklen Pupillen schienen auf irgendetwas fixiert. Verwirrt folgte sie seinem Blick und bemerkte mit Schrecken, dass es ihre Brüste waren, die seine Aufmerksamkeit fesselten und voll und prall aus den Körbchen direkt in sein Gesicht zu springen drohten. Ein seliges Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Das war es also, worauf er Appetit hatte!
»Was genug ist, ist genug“, rief sie empört und verließ das Zimmer. Sollte dieser undankbare Wilde doch verhungern!
Mit Schwung warf sie sich rücklings auf ihr Bett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Nie zuvor war ihr ein Mensch so schnell unsympathisch geworden. Natürlich, er konnte nichts für seine Andersartigkeit. Sicher war er ein Opfer unglücklicher Umstände geworden. Trotzdem konnte sie sich nicht überwinden, zu ihm zurückzukehren. Er machte ihr Angst und verursachte ihr Ekel. Wie sollte sie die nächsten Wochen, Monate oder sogar Jahre aushalten, wenn er mit ihr unter einem Dach lebte?
Bald richtete sie ihre Gedanken auf Etienne, der bereits zweimal verlautbart hatte, er würde um ihre Hand anhalten, wenn der rechte Zeitpunkt gekommen sei. Mit einem Mal erzeugte diese Vorstellung kein Unbehagen in ihr. Im Gegenteil, nun freute sie sich umso mehr darauf, ihn in wenigen Stunden wiederzusehen und dachte an die Überraschung, von der er gesprochen hatte. Was mochte er sich einfallen lassen, um sie zu verwöhnen? Etwas Neues, Aufregendes, das ihr die Sinne raubte? Vielleicht nahm er sie dieses Mal in dem kleinen See, unter Wasser!
Lorraine kicherte vergnügt. Wenn sie an Etienne dachte, dauerte es nicht lange und ihr fielen die unanständigsten Dinge ein. Sie schob ihren Rock zurück, winkelte die Beine an und ließ ihre Hand zu ihrer Scham gleiten. Liebevoll streichelte sie die lockigen Haare, die ihren Venushügel schmückten. Etienne war ein Mann, der wusste, was ihr gefiel, fast so, als steckte er in ihrer Haut. Die Aussicht darauf, neue Spielarten kennenzulernen, regte sie an, ihre eigene Fantasie schweifen zu lassen.
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