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Die Wildkirsche. Erotischer Roman

Die Wildkirsche. Erotischer Roman

Titel: Die Wildkirsche. Erotischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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Beaumont.
    Lorraine wandte ihren Blick ab und stellte den Eintopf auf den Nachtschrank.
    »Warum hast du ihn gefesselt?«, sagte sie leise.
    »Es blieb mir nichts anderes übrig. Wir konnten ihn nicht beruhigen. Er hätte das Zimmer auseinandergenommen, wenn Giffard und ich ihn nicht überwältigt hätten.«
    Lorraine wandte sich wieder der Kreatur zu und sah in das von Blutergüssen gezeichnete Gesicht. Der Mann war sehr abgemagert. Seine Wangen waren stark eingefallen, und die Augen saßen derart tief in ihren Höhlen, dass man fürchten musste, sie würden vollständig in seinem Schädel versinken. Außerdem stank er nach Schweiß und Kot. Seine Haut war verschmutzt. Lorraine schluckte. Welch grässlicher Anblick! Allein die irre Fratze des Mannes ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Strähnige Haare umrahmten sein schmutziges Gesicht, Speichel hing in seinem zottigen Bart.
    Beaumont schien ihre wachsende Abneigung zu bemerken. Versöhnlich legte er die Hand auf ihre Schulter und lächelte ihr aufmunternd zu. »Wir müssen beide viel Geduld aufbringen. Sprich mit ihm. Ich bin sicher, es wird ihn beruhigen, deine sanfte Stimme zu hören.« Er zog einen Hocker ans Bett und setzte sich, was den Wilden dazu veranlasste, erneut aus Leibeskräften zu schreien und wie ein trotziges Kind, das seinen Willen nicht bekam, zu strampeln.
    »Ich ... soll ...« Lorraine öffnete den Mund, um zu protestieren, doch ihre Stimme versagte. Nein, sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, mit dieser Kreatur unter einem Dach zu leben. Wie hatte ihr Vater nur auf solch einen absurden Gedanken kommen können? Sie verspürte nicht den geringsten Wunsch, sich näher mit ihm zu befassen. Sie fand ihn abstoßend.
    »Gib ihm bitte etwas zu essen, Lorraine. Ich bin sicher, er hat großen Hunger.«
    »Papa ...« Wieso tat er ihr das an? Konnte er diesen Affen nicht selbst füttern? Oder zumindest losbinden, damit er sein Essen selbstständig zu sich nahm?
    Doch Beaumonts ungeduldiger Blick verriet, dass er keine Widerrede duldete. Langsam erhob er sich, um Platz zu schaffen für Lorraine, die widerwillig nach Schüssel und Löffel griff und sich auf den Hocker setzte.
    Sie vermied es, dem Wilden ins Gesicht zu sehen, spürte jedoch, dass er sich eindringlich jede ihrer Bewegungen ansah.
    »Bon soir, Julien«, sagte sie zögerlich. Er antwortete nicht. »Er scheint dich zu mögen«, stellte Beaumont erfreut fest. »Nur weil er nicht sofort schreit, heißt das noch lange nicht, dass er mich mag«, entgegnete sie trotzig und schob ihm einen Löffel in den Mund.
    Julien verzog das Gesicht, als wollte man ihn vergiften, und spuckte den Eintopf aus. Die Essensreste landeten in seinem Bart. Angewidert sprang Lorraine auf. Sie kämpfte gegen ein Würgegefühl an und stellte schnell die Schüssel auf den Nachtschrank zurück, um sich abzuwenden und die Hand auf den Mund zu pressen.
    »Ich kann das nicht«, stammelte sie aufgebracht. »Er ist so ekelhaft.«
    »Beruhige dich, Kind. Es gibt wahrlich Schlimmeres!«
    »Sieh ihn dir doch an! Er ist widerwärtig, von Kopf bis Fuß!«
    »Was hast du erwartet? Er hat keine Tischmanieren, er weiß nicht, was sich gehört, weil es ihm niemand beigebracht hat.«
    Lorraine wusste, dass ihr Vater recht hatte. Dennoch sträubte sich alles in ihr gegen dieses Wesen, das für sie kein Mensch, sondern ein Affe war, der mit viel gutem Willen entfernt menschliche Züge aufwies. Wie sollte sie ihrem Vater nur begreiflich machen, dass er zu viel von ihr verlangte, wenn er sie zu Juliens Kindermädchen machte? Gerade als sie etwas sagen wollte, schreckte sie das penetrante Läuten der Türglocke aus ihren Gedanken.
    »Erwartest du noch Besuch?«, fragte Lorraine überrascht.
    Beaumont schüttelte den Kopf. »Ich sehe nach, wer es ist«, sagte sie und eilte aus dem Gästezimmer, froh, von diesem stinkenden Halbaffen fortzukommen. Vor der Tür stand ein junger Mann, der vollkommen aus der Puste war. Es war Phillippe Alan, der Sohn der alten Bäckersfrau, die ihren Laden vor einigen Jahren an ihren Sprössling abgetreten hatte. Der Schweiß rann von seiner Stirn.
    »Schnell, ist Beaumont daheim?«
    »Er ist oben. Was ist denn geschehen?«
    »Maman liegt kreidebleich in ihrem Bett und kann nicht richtig atmen!“
    Auch das noch! Ausgerechnet jetzt. »Ich hole ihn!«, sagte Lorraine und rannte zu ihrem Vater zurück.
    »Papa! Es ist ein Notfall, du musst sofort kommen«, sagte sie atemlos, als sie das Gästezimmer

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