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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Schuldgefühle brodeln, ich kann kaum noch atmen.
    Fred zieht seine Jeans an, seine behaarte Brust ist noch bloß. Ich habe ein so entsetzlich schlechtes Gewissen, weil ich meinen Ehemann betrogen habe, dass ich in die weichen Falten des Quilts heule. Fred kniet sich vor mich und bietet mir eine tröstende Hand, aber ich scheue seine Berührung, ich ekele mich vor ihm beinahe so sehr wie vor mir. Ich will, dass er geht, doch er steht nur dort mit den Händen in den Hosentaschen, als wüsste er nicht, was er tun soll.
    »Ich kann mich nicht erinnern, dabei je eine Frau zum Weinen gebracht zu haben, aber ein gutes Zeichen ist das sicher nicht«, sagt er leichthin. Mir ist nicht nach Scherzen zumute.
    »Du musst gehen«, flüstere ich. »Bitte, bitte geh.«
    Er rührt sich noch immer nicht. Womöglich muss ich ihn gewaltsam hinauswerfen. »Alles okay?«, fragt er unsicher. »Ich könnte losgehen und uns was zu essen holen, und dann könnten wir drüber reden«, sagt er und zieht sein T-Shirt an. »Bei Dee gibt’s super Fish and Chips. So in knuspriger Panade, mit hausgemachten Fritten, aus hiesigen Kartoffeln, und das weiß ich genau, weil Dee sie mittwochs bei mir kauft.«
    »Ich habe gesagt, du sollst gehen«, sage ich mit mehr Nachdruck. Glaubt er wirklich, dass mit Fish and Chips alles wieder in Ordnung kommt? »Ich möchte jetzt einfach nur alleine sein.«
    »Hör zu, ich weiß, das ist seltsam, aber Joseph, er würde …«
    »Nein!« Ich unterdrücke ein Schluchzen. »Wage es ja nicht, seinen Namen zu nennen. Und sag mir nicht, was sich Joseph wünschen würde, denn ich weiß, was er sich wünschen würde. Er würde hier sein wollen, bei mir. Also mach mir bloß nicht vor, dass er das hier gewollt hätte.«
    Nun aber ist es Fred, der wütend wird und sich im Recht wähnt. »Ich mache niemandem etwas vor«, sagt er ruhig, und dann bin ich wieder alleine.

Kapitel 18
    Prissy
    Ich war zwar darauf gefasst, meinen Sohn betrunken zu erleben, schließlich hatte die Polizei mehrmals die Formulierung »unter Alkoholeinfluss« gebraucht, aber der Anblick, der sich mir auf der Polizeiwache in Carbonear bietet, bestürzt mich doch. Quentin wirkt wie ein Stromer, er riecht vage nach Erbrochenem und nach Doritos. Sein Freund, den ich nur als Boner kenne, ist auch dort. Ich schäme mich, weil ich meinem Sohn überhaupt erlaubt hatte, etwas mit einem anderen Kind zu unternehmen, von dem ich gar nichts weiß. Weder seinen Namen noch den seiner Eltern, keine Adresse, Telefonnummer, Notfallkontakt, nichts. Ich war so froh, dass Quentin sich einem anderen als seinem Onkel angeschlossen hatte, dass mir all diese Informationen unnötig erschienen. Boner hatte einen netten Eindruck gemacht, und die beiden wollten ja auch nur in der Stadt etwas essen und ein wenig herumbummeln.
    Ein Polizist liest mir vor, welche Vorwürfe gegen meinen Sohn erhoben werden: Trunkenheit in der Öffentlichkeit, Alkoholkonsum bei Minderjährigen und Diebstahl. Quentin hat immerhin den Anstand, zerknirscht auszusehen, selbst in seinem alkoholisierten Zustand.
    »Haben Sie Fragen, Ma’am?«, erkundigt sich der Polizist.
    Fragen? Natürlich habe ich Fragen. Unzählige Fragen. Zum Beispiel, wie Boner wirklich heißt, oder wie es meinem Sohn gelungen ist, vor einem Supermarkt in einen Lieferwagen zu schlüpfen und daraus zwei Sechserpack Bier und eine Schachtel Doritos zu stehlen. Ich will wissen, was nun mit Quentin geschehen wird. Wie die Strafe für all diese Vergehen lautet und ob mein Sohn vor Gericht erscheinen muss. Ich habe so viele Fragen, dass ich sie kaum überblicken kann, und dennoch verlangt es mich nicht wirklich nach Antworten.
    »Nein.« Ich will nur mein Kind mitnehmen und die Polizeiwache so schnell wie möglich verlassen. Ich unterschreibe ein Formular, mit dem ich bestätige, dass mein Kind in meine Obhut übergeben wird, und ein weiteres, auf dem ich verspreche, ihn zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Anhörung zu bringen. Als ich gerade gehen will, kommt Boners Vater. Wir beäugen uns misstrauisch. Natürlich hält jeder das Kind des anderen für den schlechten Einfluss und das eigene für den kleinen Engel. Quentin gilt offensichtlich als die üble Saat, da er aus Toronto stammt, gefärbte Haare und keinen Vater hat.
    »Noch eines«, sagt der Polizist. »Ihr Sohn behauptet, sein Vater sei verstorben.«
    Aus reiner Gewohnheit nicke ich. Doch das geht zu weit. Die Nachbarn anzulügen, ist zwar verwerflich, aber nicht ungesetzlich. Die

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