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Die Witzekiste

Die Witzekiste

Titel: Die Witzekiste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lentz
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Bühne nicht verpassen . . .«

    Wo freiwillig Beifall ist, gehört er zur Kultur – wo er verordnet wird, herrscht Diktatur. Jeder kennt die Bilder von Fähnchen schwingenden Applaus-Paraden, die einst an den Mächtigen der DDR vorüberzogen oder heute noch von Chinas Herrschern abgenommen werden. Da wird selbst der letzte Freiraum jener, die das Staatsgeschehen nur beobachten dürfen, zum Gefängnis. Wenigstens in diesem Punkte zeigte Kaiser Nero Fairness. Er bezahlte seine Claqueure.
    Für seine Auftritte als Sänger und Musiker verpflichtete er einen Trupp von 5000 Mann. Diese Plausores studierten vorher verschiedene Arten von Beifall ein; das Klatschen mit hohlen Händen, imbrex genannt, und das mit flachen Händen, testa.
    Griff der Kaiser in die Saiten, klatschten sie hohl und flach – und kassierten dafür nach heutigen Maßstäben Manager-Gehälter. Des Kaisers Klatscher machten Schule, das System wurde in den Theaterstädten Europas weiterentwickelt bis hin zur »assurance de succés dramatique« in Paris. Dieses Büro übernahm Anfang des 19. Jahrhunderts gegen Honorar Aufträge für alle Arten des Beifalls wie auch des Missfallens.
    Die meisten Politiker von heute sind sich selbst genug. Wir alle kennen die Fernsehbilder aus den Parlamenten, wenn sich die Politikerinnen und Politiker gegenseitig Beifall spenden – dabei gilt die Zustimmung meist nur den Angehörigen der eigenen Fraktionen. In den Protokollen liest sich das dann so wie hier in einem Bericht des Gesundheitsausschusses des österreichischen Parlaments:

    Präsident Dr. Werner Fasslabend: »Wir gelangen jetzt zum 28. Punkt der Tagesordnung. Ich eröffne dazu die Debatte. Gemeldet hat sich als erste Rednerin Frau Dr. Pittermann. – Ich ersuche um Ihre Ausführungen.«
    Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): »Ihr Demokratieverständnis ist bei Gott sehr eigenartig!«
(Beifall von der SPÖ.) »
Ihre Minister haben in der Fernsehzeit ununterbrochen geredet, damit sie eine billige Plattform haben. Aber den frei gewählten Abgeordneten wollen Sie das Wort verbieten, weil Sie jetzt schlafen gehen wollen!«
(Beifall von der SPÖ.) »
Wenn Sie sich physisch nicht in der Lage fühlen, in der Nacht hier zu arbeiten, dann, würde ich sagen, gehen Sie eben in die Invaliditätspension!«
(Bei
fall von der SPÖ. – Abg . Ing . Westenthaler : »Mit Invaliden macht man keine Scherze, Frau Kollegin! Das ist eine Pietätlosigkeit! Mit invaliden Menschen Witze zu machen!« – Weitere Zwischenrufe.)
    »Herr Präsident! Herr Staatssekretär!«
(Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen. – Abg . Ing . Westenthaler: »Mit Menschen macht man keine Witze! Das war kein guter Witz! Pietätlos!« ) »
Von Ihnen, Herr Staatssekretär, weiß ich, dass Sie in der Nacht arbeiten können, denn wir haben Kammersitzungen bis um 4 Uhr früh gehabt, und wir sind es auch in unserem Beruf gewöhnt, nachts zu arbeiten.«
(Anhaltende Zwischenrufe.)
    »Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Der Lärmpegel ist so hoch, dass man von hier heroben fast überhaupt nichts versteht.«

    Beifall ist immer eine Art Lärm: selbst der Applaus, den wir uns selber zollen. Dazu stellte Rainer Eppelmann, deutscher Politiker,Theologe und ehemaliger Bürgerrechtler in der DDR, fest: »Skandale haben die Politik zum Punchingball der Öffentlichkeit gemacht. Wer am härtesten draufschlägt, erhält den lautesten Applaus.«
    Aber wie im richtigen Leben ist diese Regel auch in der Politik nicht allgemeingültig. Erst recht kommt nicht jeder Witz beim Publikum an. Das kann man allerdings nur dadurch feststellen, dass man ihn erzählt. Johann Wolfgang von Goethe erkannte weise: »Der Witz setzt immer ein Publikum voraus. Darum kann man den Witz auch nicht bei sich behalten. Für sich allein ist man nicht witzig.«
    Und das ist ein guter Grund, hier noch schnell einen Witz zu erzählen, der sich ebenfalls um den Beifall rankt:

    Den Amerikanern war es endlich gelungen, ihren Top-Spion in Moskau einzuschleusen. Der Mann war fünf Jahre lang ausgebildet worden. Sie hatten ihm alles beigebracht, was sie über Russland wussten. Er war total auf Russe getrimmt worden. Am Ende der Ausbildung bezweifelte er ernsthaft seine amerikanische Staatsbürgerschaft, er fühlte sogar wie ein Russe. Kurz und gut: Es gab keinen besseren!
    Sein erster Auftrag führte ihn in eine kleine russische Kneipe. Er setzte sich an einen Tisch und bestellte eine Flasche Wodka,

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