Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Witzekiste

Die Witzekiste

Titel: Die Witzekiste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lentz
Vom Netzwerk:
einer der Anstehenden zum andern: »Siehste , wie die
    Juden wieder bevorzugt werden!«

    Dieser Cappuccino-Gast hat sich gelohnt. Ich danke ihm. Sekt mag er nicht. Ungarn war dem Westen schon immer näher, auch im Kommunismus. Ich erinnere mich, dass ich dort schon Ende der siebziger Jahre in Geschäften mit einer westlichen Kreditkarte zahlen konnte. Ein gebürtiger Ungar erzählt mir zwei Witze aus seiner alten Heimat:

    Ein Genosse soll aus der Partei ausgeschlossen werden. Wegen dauernder Trunkenheit. Sein Parteioberer wirft ihm vor: »Selbst dein Parteidokument stinkt nach Wodka!«
    »Dazu kann ich nichts« , wehrt sich der Angesprochene, »immer wenn ich Beitrag bezahlt habe, hat der Parteisekretär den Stempel angehaucht!«

    Die ungarische KP schickt ein hochrangiges Mitglied in den Westen. Der Mann soll dort sechs Wochen studieren, wie es mit dem Sterben des Kapitalismus steht, das ja bevorstehen soll.
    Als der Entsandte nach sechs Wochen zurückkommt, holt ihn ein Genosse auf dem Bahnhof ab und fragt:
    »Kannst du ein Resümee geben mit einem Satz?«
    »Es ist ein schöner Tod!«

    Die Polen waren und sind vielleicht die begabtesten Witzemacher des europäischen Ostens. Niemand weiß, wie viele Witze dort entstanden sind, um dann ihren Weg durch alle sozialistischen Länder zu nehmen.
    Aus dem heutigen Polen stamme folgender, sagt mein ungarischer Gast:

    Zwei Polen treffen sich nach der Wende.
    »Wie geht es dir? Was machst du?«
    »Ich habe jetzt eine Stellung in der Stadtverwaltung.«
    »Und deine Frau?«
    »Die arbeitet als Sekretärin.«
    »Und deine Tochter?«
    »Die ist Arzthelferin.«
    »Und davon könnt Ihr leben?«
    »Wo denkst du hin, nein ! Aber zum Glück ist mein Sohn arbeitslos.«

    Ich bringe eine eigene Erinnerung ein. Als ich 1983 in Warschau war, wurde unsere Delegation abends in den Keller des wieder aufgebauten Restaurants »Krokodil« eingeladen. Der Gastgeber pries in seiner Rede den Bau und sagte. »Diese eindrucksvollen Gewölbe, die Sie hier sehen, sind nebenbei aus Mikrobeton: 70 Prozent Beton und 30 Prozent Mikrofone.«
    Die Ostfriesen der DDR waren die Volkspolizisten. Viele Friesen-Witze wurden einfach übertragen. Das galt für alle sozialistischen Länder bis auf einige wirklich eigenständige Vopo-Witze. Ich sammele sie wie ein Pilzsucher. Und eröffne das Gespräch mit meinem sechsten Kandidaten:

    Das meistgebrauchte Wort der Vopos soll »Gänsefleisch« gewesen sein. Die Frage: »Gänsefleisch mol den Gofferraum uffmache?«

    Mein Gesprächspartner lächelt höflich über meine Bemühungen, Sächsisch zu reden, vielleicht auch insgesamt über die Anstrengungen eines Wessis, sich in Witze hineinzudenken, deren Entstehungsbedingungen er selbst nicht erlebt hat. Im Gegensatz zu meinem Zuhörer. Er kontert den Vopo-Witz mit einer Quizfrage:

    Frage: »Welches ist der höchste Berg der Welt?«
    Antwort: »Die DDR! Bedenken Sie: Dreißig Jahre Aufstieg! Und immer noch keine Aussicht!«

    Oder:

    Die Augustus-Brücke in Dresden hieß in der DD R-Zeit »Dimitroff-Brücke« . Besuchern wurde das so erklärt: »Die Bezeichnung stammt aus der Zeit ›August des Starken‹ . Wenn
der Sachsenfürst am Nachmittag mit dem Schiff über die Elbe fahren wollte, suchte er aus den Schönen des Landes diejenigen heraus, die mitfahren sollten. Er zeigte dann: »Die mit droff, die mit droff!«

    Dann fällt ihm noch ein heiterer DD R-Witz ein:

    »Kannst du nach 10 Bier noch arbeiten?«
    »Aber sicher, leicht!«
    »Nach 20 Bier?«
    »Aber ja!«
    »Nach 30?«
    »Auch noch.«
    »Nach 40?«
    »Also , etwas eingeschränkt, würde ich mal sagen.«
    »Nach 50?«
    »Also , arbeiten nicht mehr. Nur noch leiten!«

    Anlaufstelle für Fragen aller Art war in der DDR der Radiosender Eriwan, der Fragen aus allen Lebensbereichen »im Prinzip« immer beantworten konnte:

    Frage an Radio Eriwan: »Stimmt es, dass der Genosse Stalin die Witze sammelt, die über ihn erzählt werden?«
    Antwort: »Im Prinzip ja, aber er sammelt auch diejenigen, die sie erzählen.«

    Ich habe jetzt zwölf Tassen Kaffee getrunken. In Kännchen. Obwohl ich nur drei bestellt hatte. In Tassen. Der Ober kommt wieder vorbei und ich schaue schüchtern zu Boden. Als ich wieder aufblicke, lächelt mich Gast Nr. 7 an: »Hallo Dieter!«, begrüßt er mich. »Kennst du den schon?«
    Ausgerechnet ein Kollege ist von meinem Ober angeworben worden. Er erzählt:

    Ein Mann klingelt an der Etagentür. Krächzend antwortet zu seiner

Weitere Kostenlose Bücher