Die Wohltäter: Roman (German Edition)
Kameras dabei, die auf seinem Bauch hingen, und eine Fotografentasche voller Kabel und Filme. »Ich bin der Knipser«, stellte er sich mit abgehacktem Dalarnaer Dialekt vor. Ninos spürte, dass der Fotograf, der sich eben vorgestellt hatte, nicht bester Laune war, aber Ninos hatte keine Zeit dazu, ihn glücklicher zu machen.
»Sie haben mich zu Tode erschreckt. Aber gut, dass Sie da sind.« Ninos zeigte auf das geöffnete Küchenfenster. »Das Fenster dort, bitte fotografieren Sie die Tante, die da hinten in der Küche auf und ab geht. Beeilen Sie sich.«
Der Fotograf schüttelte den Kopf. »Das kann ich doch nicht machen. Außerdem möchte ich wissen, um was für eine Story es hier geht. Niemand hat mich gebrieft.« Er sah nun noch verärgerter aus.
Ninos versuchte, tief durchzuatmen. »Ich habe keine Ahnung, was briefen bedeutet, aber wir brauchen ein Bild von ihr. Ich kann jetzt nicht alles mit Ihnen durchgehen. Sie kann jederzeit wieder verschwinden. Bitte«, flehte er.
»Nein, tut mir leid. So was mache ich nicht.« Er verschränkte seine Arme vor der Brust.
»Sind Sie verrückt geworden? Machen Sie das Bild«, sagte Ninos und hörte, wie seine Stimme ins Falsett überging.
Der Fotograf verzog keine Miene, sondern wiederholte lediglich seinen Beschluss. »Ich bitte Sie, so arbeite ich nicht. Sie müssen mir schon erklären, worum es geht, sonst kann ich nicht sagen, ob ich überhaupt Bilder machen werde.«
Ninos beugte sich zu ihm und sagte leise: »Machen Sie das Bild, sonst mache ich es«, und griff nach der Kamera.
»Okay, jetzt drohen Sie mir auch noch. Ich habe kein gutes Gefühl dabei.« Der Fotograf rückte von Ninos ab.
Ninos überlegte angestrengt, wie er ihn wieder auf die rechte Spur bringen konnte. Ihm fiel nichts anderes ein, als ihn stockend anzuflehen.
»Ich bitte Sie. Bitte, bitte. Machen Sie ein Foto. Jetzt. Sonst ist mein ganzer Artikel wie weggefegt.«
»Und ich bin niemand, mit dem man einfach so anfegen kann«, wandte der Journalist sofort ein. »Ich bin immerhin Bildjournalist.«
Ninos drehte ihm den Rücken zu und kochte innerlich. Zu spät bemerkte er, dass er sich ein Stück zu weit hinter dem Baum hervor bewegt hatte. Sein Blick traf Irmtrauds, als sie gerade den Kopf aus dem Fenster steckte. Dann schloss sie es mit einem Knall.
»Jetzt werden wir kein Bild mehr von ihr bekommen«, sagte Ninos aufgebracht zu dem Fotografen.
Murrend ging er um das Haus herum und betrat den Garten auf der Rückseite des Hauses. Der Abstand zum Fenster im ersten Stock betrug etwas über zwei Meter, stellte Ninos fest, als er sich auf die Zehenspitzen stellte, um hineinzuspähen. Egal, wie sehr er sich streckte, er konnte kaum etwas sehen. Er drehte sich um und fluchte.
Dann sah er neben einem Sandkasten eine alte Erle. Ninos steuerte zielstrebig auf den Baum zu, um nach kurzem Zögern hochzuklettern. Langsam fasste er Halt, und es gelang ihm, sich auf einen kleinen Astvorsprung weiter oben am Stamm zu stellen. Zu seiner Freude sah er nun etwas mehr, auch wenn die Perspektive etwas schlechter war als von der Vorderseite aus. In der Wohnung war noch immer Aktivität zu beobachten.
Der Fotograf war ihm gefolgt und stand nun am Fuß des Baumes. Er ereiferte sich immer noch: »Ich habe mit Foto-Örnis gesprochen. Er ist meiner Meinung. Es ist unethisch, durch ein Fenster zu fotografieren, und es ist nicht in Ordnung, dass niemand uns informiert hat, an was für einem Beitrag ihr arbeitet. Streik oder nicht. Reporter und Fotograf müssen ein Team bilden.«
»Geben Sie mir die Kamera!«, rief Ninos aufgeregt, nachdem er noch ein wenig weiter nach oben geklettert war. »Wenn das so schwierig ist, mache ich eben das Bild für Sie. Jetzt kann ich sie sehen. Sie telefoniert wieder und reißt gleichzeitig Sachen von der Wand. Beeilen Sie sich!«
»Hören Sie denn nicht, was ich Ihnen sage«, entgegnete der Fotograf entrüstet. »Außerdem bin ich ja wohl nicht Ihr Assistent.« »Dann kommen Sie eben hoch«, zischte Ninos.
»Ich bin doch kein Kletteräffchen.«
Ninos atmete schnell und versuchte sich darauf zu konzentrieren, nicht herunterzufallen. Er fühlte sich wie ein Idiot. Am liebsten hätte er dem Fotografen nach dem Leben getrachtet.
Während er das dachte, hatte der Fotograf widerwillig die Kameras auf seinen Rücken geworfen und begonnen, sich gespreizt mit verkrampften Griffen am Baumstamm nach oben zu arbeiten. Gleichzeitig wurden sie von einigen Jugendlichen entdeckt, die ein Stück
Weitere Kostenlose Bücher