Die Wohltäter: Roman (German Edition)
umgebracht hatte, war Nenad zum neuen Oberhaupt ernannt worden. Mittlerweile war er auch Zorans Chef.
Während des Balkankriegs hatte die Kirche in Södertälje, mit Ninos’ Onkel an der Spitze, den Serben eine Menge Kleidung, Nahrungsmittel, Medizin und Geld gespendet. Nenad hatte mehreren serbischen Führern nahegestanden und die Hilfe der syrisch-orthodoxen Kirche für die serbischen Flüchtlinge koordiniert. Ninos wurde deshalb als Bruder anerkannt, auch wenn er kein Mitglied war und mittlerweile auch keine Geschäfte mehr mit ihnen machte.
»Du hast den falschen Typen angegriffen«, fuhr Zoran fort. »Es muss sich um diesen Dänen handeln, den du im Visier hast. Dieser Mann, dieser Däne, ist mächtig. Wahnsinnig mächtig. Er wird jetzt sicherlich von Interpol gesucht, weil du ihn verpfiffen hast. Bist du jetzt etwa auch zu einem verdammten Denunzianten geworden?«
Ninos spürte, wie sein Blutdruck in die Höhe schoss, vor allem, weil er als Denunziant bezeichnet wurde. »Ich habe niemanden verpfiffen. Møller ist ein Schwein, der die ganze Welt ausnutzt, um sich zu bereichern. Du hast die Artikel doch gelesen. Findest du das, was er tut, etwa in Ordnung? Außerdem gibt es doch wohl niemanden, der behauptet, der Däne habe es auf mich abgesehen.«
»Doch, es stimmt. Der Auftrag kam über Norwegen aus New York. Nenad hat es mir selbst berichtet. Er hat erst nicht geglaubt, dass es stimmt, aber dann habe ich ihm erzählt, womit du dich gerade beschäftigst. Wer sollte es sonst sein? Wir würden doch wissen, wo du sonst noch warst und für Unruhe gesorgt hast.«
»Nenad ist doch nur sauer, weil ich, im Gegensatz zu ihm, immer den Tanzwettbewerb gewonnen habe. Dort war ich der König«, Ninos lachte. Er wusste nicht, warum ihm ausgerechnet das entfuhr, aber er hatte ein starkes Bedürfnis danach, die Stimmung ein wenig aufzuheitern.
»Du«, sagte Zoran langsam, »du wirst bald der König der Toten sein, wenn du nicht begreifst, dass du ein Denunziant bist und der Däne keine Ruhe geben wird, bevor er dich ausgelöscht hat.«
Ninos verstummte. Das war einfach zu absurd. Zu lächerlich, dass er hier mit Zoran in Lilla Essingen herumkurvte, der ihm erzählte, dass Møller ihn umbringen wollte. Er konnte es nicht glauben.
»In Ordnung. Dann ist es eben so. Aber was soll ich tun?«, fragte Ninos schließlich.
»Du hast schon genug getan. Die Frage ist, was wir tun sollen«, brummelte Zoran.
»Okay, also, was sollen wir tun?«, fragte Ninos in neugieriger Erwartung einer Antwort.
» Du sollst erst mal rein gar nichts machen. Aber wir haben einen Auftrag.«
Ninos bemerkte, dass sie nun bereits zum zweiten Mal den selben Tabakladen passierten, bevor Zoran fortfuhr.
»Nenad möchte keinen Krieg mit dem Dänen anfangen, bevor wir nicht wissen, wie mächtig er ist. Oder ob du es überhaupt wert bist, du kleiner Idiot.«
»Halt den Mund. Nenn mich nicht Idiot.«
»Findest du nicht selbst, dass du ein Idiot bist – Journalist zu werden?«, sagte Zoran aufgebracht. »Jetzt wirst du auch noch bedroht, ohne auch nur das Geringste daran zu verdienen. Es ist so sinnlos. Ich habe dir doch einen Job angeboten.«
»Ich scheiße auf dein schnelles Geld.«
»Dann scheiß doch drauf, aber scheißt du auch auf dein eigenes Leben? Ich habe es Nenad noch nicht erzählt, aber wir werden versuchen, das Kopfgeld auf zwei Millionen zu erhöhen, so tun, als würden wir dich erschießen und dich dann verstecken, bis die Lage sich beruhigt hat.«
Ninos schüttelte den Kopf. Er hätte ahnen müssen, dass hinter Zorans Ideen letztendlich immer Geld steckte. Das war mit Abstand der dümmste Plan, den er je gehört hatte. Aber er hatte einen gewissen Einfluss auf seinen Kopf, wie er jetzt spürte. »Hast du eine Schmerztablette? Jetzt fängt das mit meinem Nacken wieder an«, sagte er.
»Warum sollte ich eine Schmerztablette haben? Ich kann dir Ropies besorgen, wenn du welche haben willst«, antwortete Zoran irritiert. »Aber hörst du überhaupt, was ich erzähle?«
»Ja, ja. Was hat Nenad noch gesagt?«
»Nichts. Was sollte er schon sagen?«
»Ich kann doch jetzt nicht einfach aufhören, auch wenn etwas schlecht läuft.«
»Du brauchst ja nicht mit deiner Arbeit als Journalist aufzuhören. Ich werde dich zum Schein erschießen, du verschwindest einige Monate und tauchst dann wieder auf, um zu erzählen, man hätte dich entführt.«
»Ich weigere mich, bei diesem Spiel mitzumachen«, sagte Ninos. »Vergiss es.«
»Gut. Dann
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