Die Wohltäter: Roman (German Edition)
auf und geht. Aber denkt daran, was ihr aufgebt. Die Kinder in Zimbabwe zum Beispiel.«
Er sah Ninos an. »Ich weiß, wer Sie sind. Der kleine Gangsterkönig aus Södertälje. Man hat uns vor Ihnen gewarnt.«
Zoran räusperte sich. Wenn nötig, konnte er sich zurückhalten, aber er hörte nicht gern, wenn jemand anderes in seiner Anwesenheit als Gangsterkönig bezeichnet wurde.
Ninos machte eine abwehrende Handbewegung, damit er wieder einen Schritt zurückwich. Aber Leif schien nicht weiter darauf zu reagieren.
Dann machte Leif eine Geste in Richtung Tuva. »Mitunter müssen wir auch zusammenstehen und diejenigen von uns weisen, die zweifeln und uns im Stich lassen. Ich möchte, dass ihr mir alle beisteht und dass wir dies nun mit der Schülerin tun, die uns verraten hat.«
Keiner am Tisch machte Anstalten, sich zu rühren, aber einige von ihnen sahen Tuva hasserfüllt an.
»Ich habe nichts falsch gemacht«, schrie Tuva verzweifelt. »Ich habe gekämpft«, fuhr sie zu Leif gewandt fort. »Ich habe gefroren, geschwitzt und gehungert, und ich habe dort unten gesessen, um dir zu zeigen, dass ich um Verzeihung bitte für etwas, was ich noch nicht einmal getan habe. Und als ich wieder heraufkomme, stehen hier irgendwelche fremden Menschen und behaupten, sie sollen mich abholen. Was hat das mit mir zu tun? Und da weigerst du dich immer noch, mir zu glauben!«
Ninos begriff nicht, wo sie auf einmal die Kraft hernahm, aber sie hatte einige schnelle Schritte auf Leif zugetan und schrie ihm direkt ins Gesicht.
»Du bist hysterisch«, sagte Leif eiskalt. »Ich möchte nichts mehr von dir wissen. Du wirfst zu viele Fragen auf. Du bist ein Krebsgeschwür für unsere Gemeinschaft. Du musst uns verlassen.«
Tuva antwortete, indem sie Leifs Behauptung, dass sie hysterisch sei, bestätigte. Sie fasste ihn am Oberarm und schüttelte ihn, während sie jammernde, schluchzende Schreie ausstieß, die in der Tonhöhe variierten. Leif zuckte zurück und versuchte, ihre Arme abzuwehren. Dann verpasste er ihr eine schallende Ohrfeige.
Sofia reagierte zuerst. Sie war durch den Keller eingestiegen, hatte sich über die Brandtreppen nach oben geschlichen und sich hinter eine der zusätzlichen Küchentüren zum Kelleraufgang gestellt, die der vorausschauende Viscount in den Speisesaal hatte einbauen lassen. Als sie ein schallendes Geräusch, den erschrockenen Ausruf einer Frau und ein Schluchzen hörte, folgerte sie, dass die Verhandlungen nun vorbei waren.
Noch bevor es Ninos und Zoran gelungen war, Leif von Tuva wegzuzerren, war Sofia mit einem antilopenhaften Sprung in den Speisesaal gelangt und hatte sich neben Tuva gestellt und sie mit einer Armbewegung hinter sich geschoben.
Dann kreuzte sie die Arme vor der Brust und stellte sich vor Leif. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt. »Caro. Mit dir fangen wir an«, sagte sie auf Englisch zu ihm.
Leif starrte die schwarzgekleidete Erscheinung vor sich an, die ihn offenbar zu einer Prügelei herausforderte.
»Worum geht es hier eigentlich?«, fragte er, zum ersten Mal auf Schwedisch. »Haben jetzt alle hier den Verstand verloren? Und wo kommt sie plötzlich her?« Er zeigte auf Sofia, ohne ihr in die Augen zu sehen. Stattdessen sah er Ninos an.
Ninos erwiderte seinen Blick mit ebenso verblüffter Miene und schüttelte den Kopf. Er hatte keine Ahnung, wie er auf Sofias großartigen Auftritt reagieren sollte. Es war am besten, die Szene nicht zu unterbrechen.
Matay wollte keineswegs zulassen, dass sich alle interessanten Dinge ohne seine Anwesenheit abspielten, sodass er sich hineingeschlichen und hinter Ninos gestellt hatte. »Unsere erste Königin wurde immer dann geholt, wenn Unrecht gegen Frauen begangen wurde«, flüsterte er.
Ninos bedeutete ihm verärgert, zu schweigen.
»Sie sind vom CIA! Mossad! SAS! BND!«, schrie Leif, noch immer auf Sofia zeigend.
»Servizio per l’Informazioni e la Sicurezza?«, schlug Sofia hilfsbereit vor, als Leifs Liste der Geheimdienste langsam zu versiegen schien.
»Ja«, brüllte Leif. »Da seht ihr«, fuhr er fort und machte eine Geste zu den versammelten Freiwilligen, die es nicht wagten, auch nur den kleinen Finger zu bewegen. »Versteht ihr jetzt – versteht ihr alle jetzt –, warum ein Teil von uns außerhalb der Gesellschaft leben muss? So ist die Welt beschaffen. Wer versucht, Gutes zu tun, muss immer kämpfen, gegen das Kapital, die Imperialisten, die Faschisten, die Plutokraten ... «
Sofia betrachtete
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