Die Wohltäter: Roman (German Edition)
Aber ich bin keine Reporterin, und ich hatte Angst, wegen Anna. Sie braucht mich noch. Doch ich glaube, die Zeit ist reif. Wir werden HHH vor der ganzen Welt entlarven. Und du wirst Journalist!«
Ninos wusste nicht, wie er reagieren sollte. Die meisten Journalisten, die er kennengelernt hatte, waren Verlierer. Gemeinsam mit Zoran amüsierte er sich immer über die Boulevardzeitungen und alles, was sie wieder mal falsch verstanden hatten. Außerdem schienen sie beim Schreiben meistens einfach ihre Phantasie zu Hilfe zu nehmen.
»Ich bin kein Reporter«, stellte Ninos nach einer Weile fest. »Dann wirst du eben einer.«
»Also«, begann Ninos, ohne weiterzukommen. Wie konnte er sie wieder zur Vernunft bringen? »Ich kann nicht so schreiben wie die Leute bei der Zeitung. Außerdem habe ich gerade einen verletzten Arm. «
»Man muss einfach nur die richtigen Fragen stellen können«, sagte Ingrid. »Beharrlich sein. Und das bist du ja. Alles andere bringe ich dir bei.«
»Aber Schwedisch ist noch nicht mal meine Muttersprache.«
Ingrid lachte auf. »Du weißt wohl nicht sonderlich viel darüber, wie die schwedischen Medien funktionieren. Denn genau damit werden wir dich bei ihnen einschleusen.« Sie änderte ihren Tonfall. »Ich muss aufs Land raus, um den Wasserstand in meinem Ferienhaus zu kontrollieren. Vielleicht kannst du mich dort hinfahren? Dann werde ich dir erzählen, wie wir unseren Plan am besten angehen.«
»Ich darf mit meinem kranken Arm keine langen Strecken mit dem Auto fahren«, sagte Ninos. »Und auch nicht Journalist werden. Aber du kannst meinen Wagen nehmen, und ich begleite dich.«
Unter großer Anstrengung riss Ninos in der Garage die Plane vom Auto und blieb davor stehen. Er verspürte keinerlei Enthusiasmus. Seit seinem Unfall konnte er sich kaum mehr an das Gefühl erinnern, einen schnellen Sportwagen zu fahren. Manuels Unglückswagen war zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon recyceltes Blech.
Ninos selbst besaß ein mitternachtsblaues deutsches Cabrio mit zweihundert Pferdestärken unter der Haube. Manuel hatte ihm das Auto eines Tages gekauft, weil es ihn nervte, dass Ninos sich ständig seines lieh, wenn er ein wenig prahlen wollte. Manuel hatte einhundertachtzigtausend Kronen in bar angezahlt, den Rest musste Ninos in Raten abzahlen. Eigentlich interessierte er sich nicht besonders für Autos, aber er hatte die Farbe selbst aussuchen dürfen, und es gefiel ihm, dass man das Dach zurückklappen konnte. Zwar hatte er dazu im schwedischen Sommer höchstens zehn Mal Gelegenheit, aber allein für diese wenigen Male hatte sich der Wagen bereits gelohnt. Den Rest des Jahres regnete oder schneite es auf das Verdeck herab, wenn er mehr liegend als sitzend nach Södertälje und zurück heizte. Er hatte das Gefühl, als wäre das schon eine Ewigkeit her. Mittlerweile war er meistens zu Fuß unterwegs mit seinen gekrümmten Gliedern, die mit roten Warndreiecken übersät waren.
»Huhu! Ninos ?«, hörte er Ingrid in der Ferne rufen. Das Licht in der unterirdischen Garage am Fridhemsplan war schummerig, und sie stakste unsicher zwischen den langen Reihen von Autos hin und her.
»Hier«, rief Ninos gedämpft, und nach einigen Sekunden hatten sie sich gefunden. Sie trug die bulligste Daunenjacke, die Ninos je gesehen hatte, dazu samische Lovikka-Handschuhe mit farbenfrohen Troddeln. Dort, wo sie hinfahren würden, war es offenbar kalt. Er selbst trug einen schicken Ledermantel und hatte sich bemüht, praktischeres Schuhwerk auszuwählen als die Schuhe, mit denen er für gewöhnlich durch die Gegend humpelte.
»Heißes Auto«, bemerkte Ingrid, als sie sah, welches seines war. Sie schaute auf die riesige Plane, die er noch immer in den Händen hielt.
»Warum hattest du ihm einen Teewärmer aufgesetzt?«
»Weil es eine Weile geschlafen hat«, sagte Ninos, um ihr genauso drollig zu antworten. Er warf die Plane auf einen Haufen hinter einem Pfeiler. »Bitte schön.« Er ließ den Schlüsselbund in Ingrids Hand fallen.
Sie fingerte daran herum. Der Schlüssel hing zusammen mit einem silbernen Kreuz an einer Kette. Nach dreimaligem Drücken leuchteten alle Lichter des Autos auf, und Ninos bückte sich, um auf den Beifahrersitz neben Ingrid zu krabbeln, deren Kopf wie ein kleiner Knopf aus der voluminösen Daunenjacke herausschaute.
Ingrid fährt wie ein versierter Autodieb, dachte Ninos beeindruckt, als sie auf den Essingeled eingebogen waren und nun in Richtung Malmköping rasten. Sie
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