Die Wohltaeter
lang.
Journalistenschule – HHH: 1:0, dachte Emil. Wie man persönliche Angriffe parierte, lernte man bereits im ersten Semester.
Auch Ninos war zufrieden, denn er hatte ein neues Wort für sein Notizbuch, das er sich freute nachzuschlagen. Impertinent. Doch er kam nicht dazu, es zu notieren, weil er zum Ziel von Iversens nächstem Angriff wurde. Dieser war mittlerweile ziemlich wütend und hatte beschlossen, das Match zu beenden.
»Sie dürfen selbst wählen, wem Sie glauben«, wandte er sich an die versammelten Journalisten. »Hier haben wir einen Gangster und religiösen Fanatiker ...« Er zeigte in Ninos’ Richtung. »... der an Himmel und Hölle glaubt und eine Art Kreuzzug gegen uns betreibt. Wir sind Wohltäter, die versuchen, Menschen zu helfen, die es wirklich schwer haben, und wir stehen fest mit den Beinen auf dieser Erde, auf der es eine Menge zu tun gibt. Das ist alles, was ich sagen kann. Nun liegt es an Ihnen, zu entscheiden, wem Sie glauben.«
Die Journalisten sahen Ninos an, der meinte, eine gewisse Unruhe in ihren Augen erkennen zu können. Er war von Iversen genervt, aber er freute sich bereits auf das, was er sagen würde.
»Es ist wahr. Ich glaube an Gott«, sagte Ninos feierlich und bekreuzigte sich in Richtung der Fernsehkamera, die ihm am nächsten stand. »Aber hier geht es nicht um mich. Es geht um Dokumente, die das beweisen, was ich sage.« Er wandte sich erneut Iversen zu. »Um Ihre eigenen Akten, die zeigen, wie Sie Gelder hinterziehen. Aber wenn Sie das nicht interessiert, möchte die schwedische Nachrichtenagentur vielleicht einen Blick auf das werfen, was ich habe.«
Er hielt eine seiner Akten hoch, die Kopien von allem enthielten, was er in der Sortieranlage mitgenommen hatte, ordentlich abgeheftet zusammen mit den Listen der Vorstandsmitglieder der verschiedenen Unternehmen. Dann sah er wieder geradewegs in die Kamera.
»Dieses Material hier stammt direkt von Hilfe von Hand zu Hand. Es handelt sich um ihre Briefe, ihre Rechnungen und ihre Buchhaltung. Entscheiden Sie selbst, ob Sie der Morgenzeitung und mir vertrauen wollen. Aber es reicht schon zu sehen, was HHH selbst schreibt.«
»Wir können unser Rohmaterial nicht einfach der Nachrichtenagentur überlassen«, zischte Emil hinter ihm. »So etwas tut man niemals.«
Aber Ninos hörte nicht zu. Er legte die Akte vor sich auf die Bank und winkte die Fotografen zu sich. Dann blätterte er Seite für Seite um, damit alle einen genauen Blick darauf werfen konnten. »Seien Sie so gut und gehen Sie ein Stück zur Seite, damit die Kamera Platz hat«, sagte Ninos.
Die Radiofrau sah mit einem Gesicht zu ihm auf, das größte Verwunderung ausdrückte. »Das Radio hat immer Vorrang. Wussten Sie das etwa nicht?«
Ninos starrte sie kurz an und brach dann in Gelächter aus. »Selbstverständlich. Sie dürfen zuerst schauen. Herzlich willkommen«, sagte er direkt in das Mikrofon, das sie in der Hand hielt. Er war sich vollkommen sicher, dass er die wichtigste Neuigkeit des Tages im Radio verkünden würde. »Es ist 16.45 Uhr, mein Name ist Ninos Melke Mire.«
39
Sie wurden im Fernsehen, im Radio und in den großen internationalen Nachrichtenagenturen erwähnt. Mehrere Kommunalräte tobten, und die Opposition im Reichstag forderte, jegliche Entwicklungshilfe für Zimbabwe und alle Zahlungen an HHH mit sofortiger Wirkung einzustellen. Zwei große Hilfsorganisationen waren auf die Straße gegangen und hatten öffentlich protestiert, weil sie befürchteten, dass ihre eigene Tätigkeit und ihr Ruf geschädigt würde, wenn HHH unbeschadet weitermachen dürfte.
Die Entwicklungshilfeministerin hatte jedoch lediglich mitteilen lassen, dass es nicht in den Bereich der Ministerin gehöre, Entscheidungen darüber zu treffen, welche Länder und Organisationen Sida für förderungswürdig hielt.
»Was nützt eine Ministerin, die nicht regieren kann«, hatte Ninos Emil gefragt. Dieser hatte keine überzeugende Erklärung, abgesehen davon, dass Minister häufig das System für etwas verantwortlich machten und sich so der persönlichen Verantwortung entzogen. Das hinge mit dem demokratischen System zusammen.
Ninos hatte es besonders genossen, als das Radio am Morgen ein Interview mit Gunnel Bexelius sendete, mit der auch die Morgenzeitung gern gesprochen hätte, jedoch daran gescheitert war, dass sie sich in ihrem Sommerhaus verschanzte. Dem Radio gegenüber versicherte Bexelius jedoch, dass sie selbst den Bericht, den sie in Auftrag
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