Die Wohltaeter
zwischen den Containern inne.
»Ist das denn so schwer zu verstehen«, zischte Matay gereizt. »Das Glas kommt in diesen hier, die Kartons nach da drüben und der ganze andere Müll dorthin. Altkleider in den grünen, aber die hast du ja wohl kaum dabei.«
Ninos drehte sich um. »Was?«
»Ich scherze, ahuno. Wenn du es über dich bringst, diesen hässlichen grünen Trainingsanzug wegzuschmeißen, in dem du die ganze Zeit rumläufst, dann kannst du ihn in den passenden grünen Container werfen. Das ist kher, weißt du. Geht an die Armen.«
Ninos ging zu dem grünen Container und las den angebrachten Aufkleber. »HHH.« In kleineren Buchstaben stand darunter: »Hilfe von Hand zu Hand.«
Jetzt spielt Gott mir einen Streich, dachte er.
Er rief nach Matay. »Komm und sieh dir das an! «
»Was ist denn?« Matay stöhnte, entzifferte den Aufkleber aber dennoch. »Was willst du mir sagen? Die gibt es in der ganzen Stadt. Man spendet seine alten Kleider, und dann werden sie weiterverkauft. Der Erlös geht an die Armen in Afrika.« Er hörte sich an, als wäre das die selbstverständlichste Sache auf der ganzen Welt. »Hast du noch nie deine Kleidung hier abgeliefert? Das war eines der ersten Dinge, die ich in diesem Land gelernt habe. Die Schweden sind phantastisch, ist das nicht eine schlaue Sache – ein bessere Möglichkeit für kher gibt es wohl kaum.«
Ninos wusste nicht, was er entgegnen sollte.
»Wir sollten mal eine Sammlung unter dem gesamten Personal im Restaurant starten und dann alles hier abliefern. Das machen wir nächstes Mal! «
»Ja, vielleicht«, antwortete Ninos leise. Was spielte es schon für eine Rolle. Ein betrunkener Gast hatte ihm Flausen in den Kopf gesetzt. Und selbst wenn es sich hierbei um einen großangelegten Bluff handelte – was konnte er schon in dieser Sache ausrichten? Er war ja nur noch zur Hälfte der Alte. Schnell beschloss er, sich die Sache aus dem Kopf zu schlagen. Er wollte nicht mehr an den Gast denken, der niemals wiederkehren würde.
8
TUVA
Es regnete, und Tuva fror so sehr, dass sie zitterte. »Verkrampf dich nicht.« Sie rief sich die Mahnung in Erinnerung, die ihr Vater vor vielen Jahren einmal während eines Skiurlaubs vor der ganzen Familie ausgesprochen hatte. Wer sich entspannt, friert weniger, murmelte sie vor sich hin und versuchte, ihre Schultern zu lockern. Das lange Haar fiel ihr wie ein zweiter, nasser Pullover über den Rücken und kühlte ihren Körper, während sie am Eingang des Hauptbahnhofes auf der Vasagata in Stockholm stand.
Nach sieben Stunden hatte das Wachpersonal begonnen, sie in der Wartehalle zu umkreisen, und sie war nach draußen zur Fontäne umgezogen. Sie nahm die Sammelbüchse in die andere Hand, hustete kurz und streckte sie dann wieder den Menschen entgegen, die auf sie zukamen und meistens schnell vorübergingen.
Sie hatte sich als Erste auf der Liste eingetragen. Sie wollte so gern eine Freiwillige werden, dass sie ihren Namen in Großbuchstaben auf das Papier geschrieben hatte, das hinter dem Lager an der Bürowand hing. Was auch immer von ihr verlangt würde – sie war interessiert.
Das Ziel, vor Ort zu helfen, erreichte man, indem man schon zu Hause Initiative und Ausdauer bewies. Das hatte Tuva begriffen, als sie mit jenen gesprochen hatte, die es wissen mussten. Sie hatten die phantastischen Möglichkeiten beschrieben, die draußen in der Welt warteten. Die Kollegen waren inspirierend, warmherzig und humorvoll gewesen, und Tuva hatte sich zum ersten Mal seit langem beseelt gefühlt. Millionen von Menschen starben Jahr fürJahr an Hungersnot, doch es gab noch immer Menschen, die das etwas anging. Sie wollte etwas Eigenes tun, etwas, bei dem sie beweisen konnte, dass sie allein zurechtkam und gleichzeitig zu etwas Wichtigem beitrug. Ihr Studium der Politikwissenschaft in Stockholm erschien ihr vollkommen irrelevant, und auf dem dortigen Frescati-Campus schienen alle nur an Theorien interessiert, die Tuva nichts bedeuteten.
Sie hatte bereits einige Monate im Laden gearbeitet, und der Weg, sich für eine Freiwilligentätigkeit zu bewerben, stand ihr nun offen. Am Ende dieser Reise stand die Chance auf einen Platz irgend wo in Afrika, in einem richtigen Wohltätigkeitsprojekt. Das war ihr Ziel. Aber erst einmal musste sie damit beginnen, Geld zu sammeln, indem sie in der Stadt mit ihrer Büchse klapperte.
Nach einem Gespräch mit dem ernsten Mann, der in den Laden gekommen war, um zu fragen, ob sie den Willen und die
Weitere Kostenlose Bücher