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London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

Titel: London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Harris
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1
    Hampsteads Reichtum reihte sich leblos am Rand des Hampstead Heath Parks auf: mit Raureif bedeckte Mercedes-Limousinen und Geländewagen unter Platanen, unbeleuchtete viktorianische Reihenhäuser. In einem Starbucks brannte Licht, ansonsten war es dunkel in den Straßen. Vereinzelt krochen flüsternd Autos mit den ersten Pendlern durch die East Heath Road Richtung South End Green. Detective Constable Nick Belsey lauschte auf die entfernten, leisen Geräusche. Er konnte noch einzelne Autos unterscheiden, das hieß, es war noch vor sieben. Die Erde unter seinem Körper war kalt. Er hatte Dreck im Mund, und es roch nach Blut und verfaulter Baumrinde.
    Belsey lag im Südteil des Hampstead Heath Parks, auf einem kleinen Hügel voller Kiefern, der von Ginsterbüschen umgeben und vom Rest der Welt durch einen niedrigen Eisenzaun abgetrennt war. Also gar nicht so unsinnig, sich hier zu verkriechen, dachte Belsey – falls das seine Absicht ge wesen sein sollte. Seine Jacke bedeckte das Stück Erde, auf dem er geschlafen hatte. Ein pochender Schmerz durchzuckte seinen Oberkörper, zu allgemein, als dass er hätte sagen können, woher er kam. Der Detective stand langsam auf. Sein Atem dampfte. Er schüttelte die Jacke aus, zog sie an und stieg über den Zaun ins nasse Gras.
    Von der Hügelkuppe aus konnte er London sehen, das sich bis zu den Hügeln von Kent und Surrey erstreckte. Der Himmel verfärbte sich an den Rändern blass. Die Stadt – Camden, das West End, die Square Mile – lag so benommen da wie ein Obdachloser. Seine Uhr war weg. Er durchsuchte seine Taschen, fand eine blutverschmierte Serviette und eine Werbebroschüre für spirituelle Exerzitien, aber keine Schlüssel, kein Handy, keine Dienstmarke.
    Er stolperte den bewaldeten Abhang hinunter zu den Sportplätzen, überquerte sie und ging weiter zu den Teichen. Seine Schuhe waren tropfnass, er spürte das Wasser zwischen seinen Zehen. Auf der Brücke neben dem gemischtgeschlechtlichen Badeteich blieb er stehen und hielt Ausschau nach morgendlichen Schwimmern. Es war noch keiner zu sehen. Er kniete sich auf den Beton, beugte sich hinunter und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Blut tropfte ihm von den zitternden Händen. Das Spiegelbild seines Gesichts auf der Wasseroberfläche war nur eine ölige Mischung aus Licht und Schatten. Zwei Schwäne beobachteten ihn. »Guten Mor gen«, sagte Belsey. Er wartete, bis die beiden davonglitten, dann tauchte er den Kopf ins Wasser.

2
    Auf dem East-Heath-Parkplatz stand ein Streifenwagen mit zersplitterter Windschutzscheibe und offener Fahrertür. Eine Blutspur führte über den Kies zum Park: schmierige Streifen, keine Spritzer, vielleicht drei Stunden alt. Neben dem Blut waren undeutliche Fußspuren zu erkennen. Belsey hielt einen Fuß daneben. Die eiserne Schranke des Parkplatzes lag verbogen auf dem Boden. Es sah so aus, als wäre der Wagen nur gegen die Schranke geprallt. Es gab keine Anzeichen für eine Kollision mit einem anderen Wagen, an den Seiten waren keine Spuren von Lack oder einem Zusammenstoß zu sehen. Die Splitter der Windschutzscheibe hatten sich über die Motorhaube verteilt. Ohne auf das zerbrochene Glas zu treten, hob er ein Lenkradschloss vom Boden auf. Es musste, als er gebremst hatte, nach vorn aus dem Wagen geflogen sein. Er konnte von Glück sagen, dass es ihm nicht den Schädel eingeschlagen hatte. Er legte es wieder auf den Boden, kratzte eine Handvoll nasses Laub zusammen und wischte damit das Lenkrad, den Schaltknüppel und die Türgriffe ab.
    Belsey verließ den Parkplatz und ging langsam die ruhige, gewundene Straße entlang, die von Downshire Hill nach South End Green führt. Links von ihm lag der Park, rechts reihte sich ein Multimillionenpfundhaus an das andere. Es herrschte absolute Stille. Wie jede Morduntersuchung, dachte Belsey, so hat auch jeder Tag seine goldene Stunde: ein Zeitfenster, in dem alles möglich ist, bevor die Stadt startklar war für den neuen Tag. Er probierte die Türgriffe von eini gen Wagen, bis sich schließlich quietschend die Tür eines Vauxhall Astra öffnete. Belsey schaute die Straße rauf und runter, stieg ein, ließ das Handschuhfach aufschnappen und fand drei Pfund in Münzen. Er nahm das Geld, stieg wieder aus und schloss leise die Wagentür.
    Neben dem Krankenhaus befand sich ein rund um die Uhr geöffneter Laden, der zwei somalischen Brüdern gehörte. Bel sey kaufte eine Zahnbürste, eine Flasche Wasser und ein Päck chen Watte.
    »Morgen, Inspector.

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