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Die Wohltaeter

Titel: Die Wohltaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuri Kino Jenny Nordberg
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Misstrauen gegenüber Politikern und anderen Machthabern, als dass sie für irgendeinen von ihnen sterben würde. Möglicherweise würde sie ihr Leben für Flintberg aufs Spiel setzen, wenn auch nur aus dem Grund, dass sie es nicht wagen würde, zu widersprechen und wie eine Memme dazustehen, falls er sie darum bäte.
    Sie hatte bereits den ganzen Vormittag damit verbracht, sich telefonisch bei drei Fachverbänden durchzufragen, ohne auch nur den Schimmer einer Story zu finden, die nicht schon tausend Mal gesendet worden war. Darüber war sie so verärgert, dass sie beschloss, Flintberg zur Strafe eine Quittung über ein Mittagessen abzeichnen zu lassen. Sie schickte einem Mitarbeiter des militärischen Nachrichtendienstes im Verteidigungsministerium eine pgb-verschlüsselte Einladung zum Essen und erhielt unverzüglich die Antwort: Im Eriks auf der Fredrikshovsgata? Man konnte immer davon ausgehen, dass die Staatsdiener die teuersten Restaurants vorschlugen. Beim letzten Mal hatte sie im Eriks allerdings zufällig direkt neben einem Vorstandsmitglied des Radios gesessen, weshalb sie sich, anders als sonst üblich, nicht über die Regierung oder gar über den Justizminister lustig machen konnte. Lieber im Källhagen, schrieb sie zurück. Sie rief die Taxizentrale an, besann sich jedoch anders und legte auf. Sie würde zu dem Restaurant im Djurgården laufen.
     
    Zwei Stunden später, gestärkt von einem etwas zu teuren Mittagessen und einer konzentrierten, aber herzlichen Konversation darüber, welche Radiosender das Verteidigungsministerium eigentlich gerade bespitzelte, schob Karin sich wieder durch die Drehtür zu ihrem Arbeitsplatz. Eine Vertreterin der Gewerkschaft der Handelsangestellten hatte ihr eine Nachricht auf Band hinterlassen, eine junge Frau, deren Stimme sehr energisch klang. Karin rief zurück. Während sie sich vorstellte, kramte sie einen Stift hervor, um neben dem letzten Punkt auf ihrer Liste über Gewerkschaften ebenfalls ein kleines Häkchen zu setzen. Die Liste musste sie in der Hand haben, wenn sie Flintberg seine Idee zu diesem Beitrag ausredete.
    Karin arbeitete ihre Fragen ab: Bestand der Verdacht, dass ausländische Mitbürger systematisch daran gehindert wurden, der Gewerkschaft beizutreten? Deutete etwas darauf hin, dass insbesondere Migranten in geringerem Maße gewerkschaftlich organisiert waren als in Schweden geborene Arbeitnehmer? Wie immer war es ein Dilemma, den Begriff »Migrant« zu definieren, und Karin betonte, dass sie nur an Arbeitnehmern interessiert war, die im Ausland geboren waren, um zu vermeiden, dass alle Schwarzhaarigen Schwedens in den Kreis ihrer Gesprächspartner mit einbezogen wurden. Des Weiteren: Gab es in diesem Fall Beispiele für solche Unternehmen?
    Aber genau wie bei ihren anderen Gesprächen stellte Karin fest, dass auch in dieser Gewerkschaft gerade die Migranten zu den engagiertesten Mitgliedern zählten. Und das war zwar tatsächlich eine Neuigkeit, aber definitiv keine Story, aus der man etwas entwickeln konnte – es fehlte ein Konflikt. Karin bedankte sich höflich und strich die Gewerkschaft durch. Doch die Frau am anderen Ende des Hörers redete weiter.
    »Eigentlich darf ich darüber noch nicht sprechen, aber wir haben mehrere Beschwerden über eine Ladenkette erhalten, die gebrauchte Kleidung verkauft.«
    »Mmmh«, machte Karin. In Gedanken war sie bereits bei ihrem Meeting mit Flintberg.
    »Wir sind noch dabei, zu überprüfen, wie groß sie sind, aber es gibt keine Tarifverträge, und es haben sich unabhängig voneinander mehrere Angestellte gemeldet.«
    »Um wie viele Menschen geht es?«, fragte Karin mechanisch.
    »Acht Läden allein in Stockholm. Wir gehen davon aus, dass es um ungefähr hundert Festangestellte und weitaus mehr Aushilfen geht. Offenbar will man keine Tarifverträge zulassen, was ja nahezu widerrechtlich ist.«
    »Es ist nicht widerrechtlich, wenn ein Unternehmen es vorzieht, keine Tarifverträge zu vereinbaren«, entgegnete Karin trocken.
    »Nein, das versteht sich«, sagte die Vertreterin in vertraulichem Tonfall, »aber Sie wissen schon, was ich meine. Es sollte an jedem Arbeitsplatz Tarifverträge geben.«
    Einen Moment lang hatte Karin Lust, deutlich ihre wahre Meinung zu diesem Punkt zu äußern, besann sich dann aber auf ihre Neutralität als Journalistin.
    »Und was wollen Sie unternehmen?«
    »Wir werden der Sache nachgehen, was einige Wochen in Anspruch nehmen wird. Wenn sie Schwierigkeiten machen, werden wir

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