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Die Wohltaeter

Titel: Die Wohltaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuri Kino Jenny Nordberg
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isolierst dich völlig und sprichst mit niemandem, und plötzlich, eines Tages, rennst du zu einer Kundin und erschreckst sie fast zu Tode. Khas ’rinanokh. Die Familie hat dich verloren.«
    Ninos legte auf, bevor der Bruder seine Ausführung beenden konnte. Er atmete heftig und brauchte dringend etwas zu essen. Eine große Menge, und zwar schnell. Er spürte, wie sich die Unruhe in seinem Körper ausbreitete, und wusste, dass ihm jetzt nur Kohlenhydrate helfen konnten. Selbst bei einer geringeren Medikamentendosierung war er permanent hungrig, und gegen Abend hin konnte er sich in seiner Einsamkeit häufig nicht gegen seine Fressattacken wehren. Die Medikamente hatten zu einer Eskalation geführt, aber er wusste nicht, was er dagegen ausrichten sollte. Außerdem betäubte ihn das Essen ein wenig. Um mit dem Trinkenanzufangen, hatte er zu viele alkoholisierte Restaurantgäste versorgen müssen. Außerdem konnte er es nicht ausstehen, keinen klaren Kopf zu haben. Für ihn betäubte das Essen aufdringliche Gedanken genauso effektiv wie das Trinken.
    Eine Weile später lag eine große Pizza mit frischen Tomaten, Zwiebeln, Rinderfilet und Sauce béarnaise vor ihm auf dem Sofatisch. Er sog den lieblich-fettigen Duft ein. Im Kühlschrank warteten zwei Tafeln Schokolade, auf deren Verpackung der König und seine Gattin Silvia abgebildet waren. Sie waren beim Kiosk im Sonderangebot gewesen, sodass er gleich zwei gekauft hatte. Je mehr Weißmehl und Zucker er in sich hineinstopfen konnte, desto eher würde sich sein Kopf beruhigen.

10
    MIRIAM    New York 1985
     
    Der Kristalltropfen lag schwer und kalt in ihrer Halsgrube, aber der Silberkragen, der das Schmuckstück umrahmte, hatte bereits begonnen, sich aufzuwärmen. Es sei ein Collier für eine erwachsene Frau, hatte er ihr erklärt, als er es ihr umlegte. Von Vivianna Torun Bülow-Hübe designt. Dann hatten sie beim Geburtstagsessen im Four Seasons feierlich miteinander angestoßen.
    Er hatte das Restaurant vor allem seines Interieurs wegen ausgesucht. Das hatte sie sofort begriffen, als sie dort angekommen waren. Goldbraun, beige, Metall und harte Kanten. Mies van der Rohe, der, wie sie wusste, zu seinen Favoriten zählte.
    Sie aßen im Grillraum, da er das dunkle Holzambiente dem etwas glamouröseren Poolraum im Inneren des Restaurants vorzog. Sie hatte sich eine Weile umsehen dürfen und wunderte sich über die gepflegten Gäste, die aussahen, als seien sie eigens dafür geschaffen, sich der Einrichtung anzupassen. Es gab Frauen in Cocktailkleidern und mit akkurat geschminkten Mündern, die beiläufig runde Weingläser in ihrer Hand kreisen ließen, und Männer, die kaum sprachen, sondern nur darauf konzentriert schienen, einen winzigen Schluck Wein in ihrem Mund hin- und herzubewegen. Dies war die korrekte Weise, Wein zu probieren, hatte er ihr zugeflüstert. Sie fand das ein wenig widerwärtig und hoffte, es nicht selbst nachahmen zu müssen. Als sie sich an ihren Tisch gesetzt hatten, lächelte sie den Mann mit der kleinen Silbertasse um den Hals nervös an. Er schenkte ihnen den Wein aus einem langen Rohr ein, das in eine Glaskugel mündete, in der sich die rote Flüssigkeit befand.
    Zuerst hatte man ihr einen kleinen Vogel serviert. Sie sah auf den ersten Blick, dass dies einmal ein Vogel gewesen war, denn er besaß noch Beine, und die Kartoffeln um ihn herum waren so angeordnet, dass es aussah, als hätte er eine Bruchlandung auf einem gepflegten Acker vollführt. Sie aß vorsichtig, da sie unsicher war, ob es bestimmte Regionen in dem kleinen Vogelkörper gab, in die sie ihre Zähne besser nicht setzen sollte. Der Höhepunkt war der Dessertwagen. Er hatte ihr gesagt, dass sie sich aussuchen dürfe, was sie wolle, und sie hatte die Idee gehabt, von allem etwas zu probieren. Dem Kellner war ihr Wunsch keineswegs merkwürdig erschienen, und er hatte anstandslos verschiedene Schokoladen- und Obsthäppchen im Kreis auf einem Teller angerichtet.
    Er hatte etwas über ihre Kindlichkeit gelacht, und sie hatte mit ihm gelacht. Nur selten verwehrte er ihr etwas. Während sie mit ihrem Löffel zwischen Blaubeeren, Zitronenparfait und Karamellcreme herumrührte, sog sie heimlich den Zigarettenrauch vom Paar nebenan ein. Sie liebte ihn dafür, dass er sie in das feine Restaurant in die Welt dort draußen mitgenommen hatte. Es war wichtig, zu lernen, sich verschiedenen Umgebungen anzupassen, hatte er ihr erklärt.
    Sie war seine Kriegsgöttin. Genau wie er würde auch

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