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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Meighörner
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hörte, glaubte ich an zänkisches Volk von der Straße. Nie könnte dies der den schönen Dingen zugeneigte Vater sein.
    Dann hörte ich Onkel Bartlmä. Schrill. Im Kommandieren von Knechten und begriffsstutzigen Schreibern geübt.
    „Die Fugger sind immer einig. Nur bei uns herrscht Zwietracht. Und warum? Weil mein Bruder zu nichts taugt, außer zum Spendieren und Charmieren.“
    Jetzt war es tatsächlich der Vater, der protestierte.
    „Du bestimmst alles. Und wer hat das Mädchen verdorben? Sie glaubt, sie wisse alles. Mit deinen Lektionen hast du sie hochmütig gemacht. So ein überschlaues Luder bringt man an keinen Mann.“
    Darum ging es also: Ich sträubte mich, Willibald Imhoff zu heiraten. Sein Bart, struppig wie der eines alten Geißbocks, wucherte ihm über die Brust. Dabei blickten seine Augen in unterschiedliche Richtungen. Mag der alte Endres Imhoff auch ein erfolgreicher Safranhändler sein.
    „Wenn er schielt, bleibst du auch im Alter schön. Die Blüte des Weibes ist kurz.“ So drang der Vater in mich, als die Imhoff’schen wieder nach Nürnberg abgezogen waren.
    „Wir unterhalten ein Einkaufskartell mit ihnen, sie machen sich gut in sächsischem Silber, in schlesischem Gold und in Gewürzen. Philippine weiß das. Aber wenn ihr vor dem Jungen graust, ist das Gift fürs Geschäft“, sagte Bartlmä zu meinem Vater, um Mäßigung bemüht.
    Seit ich meine Monatskrankheit bekam, konnte es Vater gar nicht schnell genug gehen, mich unter die Haube zu bringen. Und Mutter weinte, wenn auch nie vor mir und den Geschwistern.
    „Eine Welser zeigt Haltung“, hat sie erst gestern Benigna einzuschärfen versucht, als diese sich mit dem Messer fast eine Fingerkuppe abschnitt unter Riesengebrüll.
    Seelenruhig hat Mutter die blutende Wunde mit Kampfer betupft, bis das Blut versiegt war. Sie dann mit frischem Laken geschickt verbunden. Wieso weinte so eine vermeintlich unerschütterliche Frau?
    Vor dem schielenden Willibald hatte Vater mich mit dem jungen Tucher zusammenbringen wollen. Er war ein Kopf kürzer als ich und hatte immer auf meine Brust gestarrt. Und sein Schweiß hatte nach Zwiebeln gerochen.
    Die Wahrheit ist, dass ich für alle Imhoff, Tucher, Peutinger, Rehlinger, Meutting, Rehm, Baumgartner, Schellenberger, Ravensburger, Frickinger, Preißschuh, Gossembrot, und wie sie alle heißen, verloren bin.
    Kapital, das brachliegt, wie Onkel Bartlmä dies nennt. Kapital, das brachliegt, für alle Patrizier, die ihre Söhne mit den Welserschen zu verbinden hoffen. Geld zu Geld, Geschick zu Geschick.
    Ich bin fern jeder Vernunft. Fern jeder Zunft, fern aller Geldvermehrungsherrlichkeit. Fern von Angebot und Nachfrage. Fern von meiner Familie, die mich nicht mehr versteht. Fern von meiner heimlich weinenden Mutter, fern von meinem Vater, der mich verkaufen und sich dann von allem lösen will. Fern selbst von Bartlmä, der mich lehrte:
    „Man darf keine Illusionen um eine Ehe haben, Geschäft ist Geschäft.“

Innsbruck 1568
Das Eichkätzchen
    Treppauf, treppab. Und dies einem Thomele.
    Die Innsbrucker Hofburg, ein Spiegel ihrer Umgebung. Ein ständiges Auf und Ab, so wie dieses Land ein ständiges Auf und Ab ist.
    Eine verbaute Herrschaftskiste. Nicht ohne Reiz für den Künstler. Meister Dürer, dem Chronist der kaiserurgroßväterlichen Adlernase, waren auch diese Verwucherung aus Türmchen, Erkern und Stiegen, wovon einige blind im Mauerwerk endeten, einige Skizzen wert. Und dies auf seiner hastigen Durchreise nach Italien.
    Unmöglich, dass Ferdinands Entourage in das vorgesehene Haus gepasst hätte. Auch wenn der Kaiserurgroßvater mit dem Wappenturm, dessen sechsundfünfzig Kartuschen die Länder seines Reiches präsentierten, und dem Goldenen Dachl wirklich Eindrückliches geschaffen hatte. Feuervergoldet, wie so vieles in dieser Familie.
    Selbst nach dem Erwerb benachbarter Bürgerhäuser mussten Höflinge noch in einem der zwanzig Wirtshäuser oder bei Privatleuten um ein Nachtlager bitten. Nur wenige Würdenträger besaßen ein Stadtpalais wie der langbeinige Graf Trapp.
    Ferdinands Hofstaat war auf gut 220 Personen angeschwollen. Darunter Großtuer wie Obersthofmeister Graf Franz von Thun, Hofmarschall Graf Wilhelm von Zimmern, Oberstkämmerer Blasius Khuen, Oberstallmeister Caspar von Wolkenstein und Hofkanzler Dr. Wellinger samt ihrer Hofschranzen. Dann galt es noch solche, die tatsächlich etwas taten, unterzubringen:
    Die Türhüter der Hofkanzlei, der Hofpfennigmeister, der Kontroller,

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