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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Meighörner
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halten. In dieser faltigen Landschaft.
    Die Berge um den Achensee und die berühmte Martinswand, deren Unzugänglichkeit dem Kaiserurgroßvater fast das Leben gekostet hätte, wäre nicht ein Engel zu seiner Errettung erschienen, waren auch Ferdinands Lieblingsreviere.
    Bald nach der Übersiedelung ließ er jedoch von Schwazer Bergleuten einen bequemen Zugang durch die schmale Kranebitter Schlucht zur Martinswand schlagen. Unter uns: Er liebte es nicht, flüchtigen Gämsen bis in den nackten Fels nachzusteigen, so wie es der kernige Maximilian getan hatte. Zog überhaupt die Treibjagd vor.
    Ließ an der Martinswand sogar ein „Lusthäusel“ errichten, „darin die fürstliche Durchlaucht mit dem Arsch Gämsen erlegen kann“, wie Blasius Gufler, sein Gamsjäger, kehlig aussprach. Mit einer Miene, die verriet, was er von der Jagd im Sitzen hielt.
    Damit Ferdinand die „Arschjagd“ nicht fad wurde, hatte er einundfünfzig Gewehre. Darunter Pirschbüchsen und Schrettlbüchsen, die meisten mit silbernen und goldenen Beschlägen.
    Tirols Steinböcke hatte der Kaiserurgroßvater schon ausgerottet, wobei Blasius bei Taufers und im Solsteingebiet angeblich noch welche erspähte.
    Über seine Jagderfolge ließ Ferdinand Buch führen und legte es in der Bibliothek der Hofburg aus. Es wurde Gästen inbrünstiger unterbreitet als jede Bibel. Das Jahr seiner Ankunft in Tirol sollte sein Bestes bleiben:
    58 Hirsche, darunter 4 Sechzehnender, 64 Rehe, 12 Keiler, 35 Böcke, 75 Bachen, 103 Frischlinge, 30 Hasen, 5 Füchse, 262 Rebhühner – 118 davon mit dem Habicht, 32 mit Sperbern und 27 mit hohen Netzen –, ferner Wachteln, Lerchen, Fasane, Wildgänse, Enten, Tauben, einen Birk- und einen Auerhahn, Geier, Reiher, Elstern, Krähen und Eichkätzchen hatte er erlegt. Diese waidmännischen Erfolge vermerkte er genauestens in einem Buch. Darin auch 49 Bauernhunde und zwei totgeschossene Katzen.
    Während dieses Jubeljahres war er 235-mal zum Schuss gekommen und hatte 161-mal getroffen. Einige Mehrfachtreffer darunter. So verrät das Diarium: „am 18. Juni hat der Erzherzog in einem Schuss geschossen ein Zehner, ein Sechser und einen Zwölfer“. Ein andermal erlegte er „mit zwei Schüssen drei Reh und mit einem Schuss zwei Enten“.
    Selbst die Fangjagd liebte er. Auf Rehe und Hasen mit hohen Netzen. Im Winter verfingen sich sogar zwei Wölfe darin.
    An Maria Empfängnis dirigierte mein Herr uns zum Glungezer. Dieser südlich vom Inn aufragende Gebirgszug schließt an den gutmütig gerundeten Patscherkofel an. Im Winter ist der Glungezer ein schattiges Loch. Ein gefährliches obendrein. Soll doch auch auf der Tulfeiner Alm ein Riese hausen. Wenn er laut brüllte, gingen Muren und Lawinen ins Tal, hieß es.
    Dennoch trieb es Ferdinand genau dorthin. Im Spätherbst hatte der Gämsenhüter das Wild vorm Entdecktwerden geschützt. Dies ist ein Hochnebel, so dicht, dass man kaum die Hand vor der eigenen Nase zu erkennen vermag.
    Kurz nach Mitternacht waren wir aufgebrochen. Hatten die Anhöhe von Schloss Ambras passiert, als Föhn die Wolkendecke aufriss – wie ein Jäger, der die Bauchdecke einer noch warmen Hirschkuh aufbricht, mit dem entweichenden Lebensdampf rötliche Sterne und einen blutigen Mond im Firmament verstreut. Föhn ist eine Heimtücke des Wetters im Gebirge, die jeden klaren Gedanken aus dem Kopf bläst. Mein böhmischer Schädel gewöhnte sich nie an diese Blähungen des Teufels.
    Der Schnee lag so hoch, dass mein kleiner Brauner kaum vorankam. Dass ich absteigen musste und sich meine Erschöpfung in Beschimpfungen gegen diese Geröllhaufen, ja diese ganze sinnlose Bergsauerei ergoss. Grollte in der Ferne nicht eine Lawine?
    Irgendwann begann ich nach der Bergsauerei zu treten. Mit meinen feinen weißen Stiefeln. Wo ich eh schon außer Atem war.
    Lag es an meiner Zwergenwut, dass Blasius den Riesen vom Glungezer auferstehen ließ? Mit höhnischem Blick auf mich.
    Dieser hätte vier Töchter des Hirtenkönigs, allesamt Schönheiten, in einem See ertränkt, dem „Schwarzen Brunn“. Aus Wut, da keine hätte seine Braut sein wollen. Er sei dann vor Kummer immer kleiner geworden. Wäre zu einem eisgrauen Bergmännlein geschrumpft.
    Die Waidleute und unsere Hundsbuben lachten. So auch mein Herr. Viel zu geräuschvoll für eine Jagdgesellschaft.
    Leuchte der Mond rötlich, so wie heute, sähe man die Prinzessinnen über dem schwarzen Wasser schweben, fuhr Blasius fort. Ehe sie verschwänden, winkten sie dem

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