Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Meighörner
Vom Netzwerk:
hätte.
    Nachdem Soliman in Wien einsam verstorben sei, hätte man aus seinen Gebeinen einen Stuhl gefertigt. Dieses Möbel wollte mein Herr nun beim Kaiserbruder für seine Sammlung auslösen.
    „Ich biete Thomele als Schemelchen an oder auf Wunsch in spiritus vinum eingelegt“, scherzte er.
    Vom Innenhof zweigte eine Badstube ab. Die sei der Herrin von Ambras und dem Erzherzog vorbehalten, hieß es. Ich fand sie immer verschlossen.
    Weitere Gesprächsfitzelchen deuteten darauf hin, dass Ferdinand der Frau mit den schönen Nasenlöchern das ganze Lustschloss zum Geschenk gemacht hätte. Das wäre sehr viel Öl auf die Mühlen der Tiroler Landstände gewesen.
    Gebaut wurde auch am Unterschloss, an der Kornschütt. Dort sollte ein Heim für die Sammellust meines Herrn entstehen. Ein ganzer Gebäudetrakt. Darin wollte er seine tausendbändige Bibliothek, Rüstungen, Waffen, Münzen, Bilder, Skulpturen, Kunstgegenstände und Absonderlichkeiten nicht nur zusammenführen, sondern auch vorzeigen, hieß es. Würdig vorzeigen schon zum Sommerfest.
    Eilig wurden übermannsgroße Glaskästen gezimmert, innen mit Seide und Samt bespannt. Farblich auf die Kostbarkeiten abgestimmt, die dem Betrachter die Pracht der Schöpfung, die Pracht des Planeten – und, natürlich, die Pracht, den Sachverstand und die Gotteserwähltheit ihres Besitzers vor Augen führen würde.
    Wer glaubt, dass die Loxan angesichts der vielen Baustellen den korrigierenden Überblick verloren hätte, hat diese Frau nicht begriffen.
    Am abgemachten Festtag war vieles fertig gestellt und die Tiroler Elite strömte an den Ort, der der Geheimste im ganzen Land gewesen war. Es wurde der schrecklichste und der glücklichste Tag meines Lebens.
    Mein Herr wäre kein Habsburger, hätte er nicht noch die Elite Böhmens und die Münchner Verwandtschaft geladen.
    „Ich will keine Jause, ich will ein Fest, das seinen Namen verdient“, ließ er seine Tiroler wissen.
    Natürlich standen auch Giovanni Bona, in der ihm einzig möglichen Verwendung als Riese, der lustige Tischrat Frank und Thomele zur Unterhaltung parat. Magnifico, der wenig zum Amüsement hätte beitragen können, beließ man auf seinen Kissen in der Hofburg. Die Hofkapelle fuhr mit dreißig Musikanten und zwanzig Kapellknaben vor. Das idyllische Ambras glich einem Bienenstock.
    Die so genannten Burgknaben hielt man versteckt. Sicher aus Angst, sie könnten in ihrem jugendlichen Überschwang die Neugierigen unter den Gästen alarmieren, sie allein schon durch ihr Aussehen und ihr fürstliches Getue misstrauisch machen.
    August, Kurfürst von Sachsen, fuhr mit einem halben Dutzend Kutschen vor Ambras vor. Weitere zwanzig Fuhrwerke gefüllt mit Hofschranzen, hatte die Innsbrucker Hofburg alle Mühe unterzubringen.
    Die Kapellknaben intonierten Jubelchoräle, Ferdinand stand auf Zehenspitzen und Giovanni Bona riss eine mannshohe Birke aus, die er wie eine Hellebarde hochhielt.
    „Zum Reichstag nach Speyer unterwegs macht man den leidigen Umweg, um den vormaligen Nachbarn aus Böhmen nun in seinem Tirol zu besichtigen. Innsbruck, meine alte Liebe“, sprach der Dresdner so kugelköpfig unter seinem hohen Hut hervor, wie ich ihn aus dem Hradschin in Erinnerung behalten hatte. Selbst seine Nasenlöcher waren von einer kreisrunden Gemäßigtheit, die selten vorkommt. Obzwar er unter den Fürsten als Sparfuchs bekannt war.
    Umso erstaunlicher, dass er eine Zwergin mitführte, die so zart war, dass ihr Name Vogelschnäblin zu ihrer Erscheinung passte. Einem Thomele verblüffend ähnlich saß ein Vogelköpfchen mit großen runden Augen und einem leicht gekrümmtem Näschen auf einem zierlichen Hals. Ihre Glieder waren bachstelzenfein. Da man in Dresden die spanische Hoftracht nicht favorisierte, schwammen in ihrem gelbumfassten Dekolleté weiße Brüste wie Grießnocken in Vanillesauce. Ihre zimtfarbigen Haare reichten bis zum Boden. Die Vogelschnäblin sei im siebzehnten Jahr, hieß es.
    Mein Herr taxierte sie mit Sammlerblicken. Gierig. Thomele schaute nur, wenn die Vogelschnäblin wegblickte. Er war wie vom Donner gerührt. Dennoch hieß man beide Rücken an Rücken zu stehen, wobei herauskam, dass das Weibchen eine Handbreit höher war als Thomele.
    Mein Herr kommandierte die Gesellschaft an die Stätte, die zu ihrer Begrüßung vorbereitet war. Wochenlang vorbereitet worden war. Südlich vom Schloss hatte er eine Höhle viele Meter tief in die rohe Felswand hineinschlagen lassen. Hauptsächlich von

Weitere Kostenlose Bücher