Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman
Strafgefangenen. Giovanni tat so, als bewache er das eiserne Tor und schlug mit seiner Birke nach Hornissen.
Im kühlen Halbdunkel empfingen Bacchuspriester und ein Hohepriester die Gäste und reichten ihnen große Pokale, gefüllt mit Wein. „Fremdlinge, betretet nicht uneingeweiht den Tempel des Dionysos, reizt nicht den Zorn des stierhörnigen Gottes, sondern lasst euch in dessen Geheimnis einführen. In mächtigem Zug leert den Krug trefflichen Weines, dann schreibt eure Namen in das Buch der Bacchusfreunde“, sprach der Hohepriester unter einem falschen Bart hervor, dessen Mehlkruste staubte.
Als der Sachse sich nicht fügen wollte, schob man ihm einen Stuhl unter, wo an Füßen und Armen Eisen hervorschnellten, ohne ihn zu verletzen. Die Handfesseln des Fangstuhles wurden erst gelöst, als er versprach, Dionysos zu Ehren den Pokal zu leeren.
Auch Damen waren bei dem Trinkspiel zugegen. Philippine wurde als Freiin von Zinnenburg vorgestellt, ihre Mutter als Welserin und die Loxan als die böhmische Gräfin, die sie war. Inzwischen wurde jedoch unter den Gästen getuschelt, dass die wilden Weiber von Ambras allesamt Verwandte des Bartlmä Welser seien.
August von Sachsen begrüßte die Damen mit ausgesuchter Höflichkeit. Dann schäkerte Ferdinand von Bayern mit ihnen. Die adeligen Tiroler trauten ihren Augen kaum, als sie die vermeintlichen Hexen und Huren im Gespräch mit zwei mächtigen Fürsten fanden. Die Königinnen von Hall blickten schmallippig unter ihren frommen Hauben hervor. Hatten sie die Buhlin ihres Bruders doch lediglich mit sprödem Kopfnicken bedacht und die Loxan, die Protestantin, demonstrativ übersehen.
Die Trinkprobe der Frauen bestand darin, ein handtellergroßes Glasschiffchen zu leeren, was selbst den frommen Schwestern Ferdinands gelang.
Ihre staatsgeheime Schwägerin Philippine schrieb Dionysos „Ich hoff zu Gott“ ins Trinkbuch. Ihre Besichtigung durch Menschen, die ihr nicht gewogen waren, setzte ihr zu. Ihre schönen Nasenlöcher vibrierten. Für Menschen ohne meinen Blickwinkel und meine Kenntnisse erschien sie jedoch wie die Ruhe selbst.
Der immer noch im Fangstuhl arretiert Sachse zog mich auf seinen Schoß.
„Den Kleinsten aller Kleinen, die Berühmtheit. Dich nehme ich mit nach Speyer. Von dort nach Dresden. Ich züchte Zwerge“, sagte er.
„Nein. Ich stehle deine Bruthenne und Thomele sorgt für eine Tiroler Linie“, antwortete Ferdinand und riss die Vogelschnäblin an sich. Sie wehrte sich. Ferdinand wühlte in ihren langen Haaren. Beide Fürsten lachten, während Thomele nicht wusste, wohin schauen vor lauter Peinlichkeit.
Dann dirigierte Ferdinand uns hinaus in den Park in ein kleines Lusthaus mit dem „tanzenden Tisch“.
Dort hieß er seine Schwestern und einige Tiroler hinsetzen, darunter auch von Firmian und Liechtenstein, Wortführer der Beschwerde beim Kaiserbruder, was diese gerne taten, denn der Wein war schwer gewesen. Thomele löste heimlich einen Mechanismus und schon drehten sich der Ahorntisch und die Stühle von Wasserkraft getrieben wie wild, machte die Sitzenden taumelig und versteckte Düsen spritzen sie nass.
Derart belustigt, schritt man zur Tafel. Sie war unter Baumkronen aufgebaut, vom Sonnenlicht durchflutet. Lichtpunkte hüpften über die Kapellknaben, die ein vielstimmiges Madrigal intonierten, das Hofkapellmeister Wilhelm Bruneau, ein Niederländer, speziell für diese Sommerbelustigung komponiert hatte. Giovanni, der solchen Sirenengesang nicht vertrug, stolperte über seine Birke.
Es wäre ermüdend, angesichts der Ereignisvielfalt dieses Tages, die Speisenfolge aufzuzählen. Vieles hatte Philippine mit ihrer Mutter selbst zubereitet oder nach eigenen Rezepten zubereiten lassen. Darunter Bratzeug, Knödel, Torten und sommerliches Kompott, raffiniert mit Gewürzen und Kräutern durchmischt. Alles aus ihrem Rezeptbuch, das viele hundert Gerichte enthalte, wie Ferdinand stolz verkündete.
Dann wandte er sich an den Sachsen: „Protestantismus schmeckt sicher nach Gerstenmus. Mus mit ein wenig Petersilie, aber nur an Erntedank“, höhnte Ferdinand und alle Tiroler lachten.
„Und Katholizismus schmeckt nach Riesenknödeln. Vor Fett triefenden. Nach sofortigem Erstickungstod“, gab der Herr aller deutschen Protestanten zurück. Jetzt waren die Deutschen über so viel Schlagfertigkeit erheitert. Laut, wie ein Kerl, lachte auch die Loxan, was manchem Katholen den Spaß besonders vergällte.
Nun ist es so, dass mein Herr und der
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