Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
Barbaren waren klein und stämmig. Die Frauen trugen Stoffkleider und darüber verfilzte, fettige Tierfelle. Ihre Haare sahen nicht besser als die Felle aus. »Sie haben sie einfach zurückgelassen«, sinnierte er. »Sie sind davongelaufen und haben ihre Familien im Stich gelassen!«
Der Hauptmann zuckte mit den Schultern. »Barbaren eben.«
»Barbaren, gewiss, aber es sind doch auch Menschen«, erklärte Frans nachdrücklich.
Der Hauptmann warf ihm einen gleichgültigen Blick zu. »Sie töten Kinder, edler Herr.«
»Ja, das weiß ich auch.« Frans trat auf die Gruppe Wildländlerinnen zu und bemerkte, dass keine vor ihm zurückwich. Einige der Frauen sahen ihn grimmig an und schoben ihre Kinder hinter sich. Ein oder zwei ältere Jugendliche warfen sich trotzig in die Brust und gaben sich den Anschein von Mut, obwohl ihnen Angst und Schrecken in die schmutzigen Gesichter geschrieben stand. Frans ging um sie herum und versuchte, seine Bestürzung zu verbergen. Er hatte keine Nerven für so etwas und war überzeugt, dass er einen schlechten Soldaten abgeben würde.
»Gehen Sie nicht zu nah an sie heran, edler Herr«, warnte der Hauptmann neben ihm.
Frans sah sich überrascht um. Er hatte nicht bemerkt, dass der Mann ihm gefolgt war. »Es besteht doch jetzt sicher keine Gefahr mehr«, erwiderte Frans.
»Es besteht immer Gefahr«, antwortete der Hauptmann.
»Ich muss das Mädchen aus Onmarin finden«, erklärte Frans.
»Dann sollten Sie vielleicht unter den Toten suchen. Diese Barbaren sehen für mich alle gleich aus.«
Bei dem Gedanken, der trauernden Mutter erklären zu müssen, dass sie noch eine Tochter verloren hatte, verkrampfte sich Frans unwillkürlich der Magen. Er blickte zum anderen Ende des Lagers, wo die Leichen auf einem Haufen gestapelt worden waren, dann betrachtete er die erbärmlichen Überlebenden. Er würde das Kind zuerst hier suchen.
Als er um die Barbaren herumging, beobachteten sie ihn mit zusammengekniffenen, wachsamen Augen. Inmitten der kleinen Gruppe wimmerte ein Kind, doch jemand brachte es schnell zur Ruhe. Einige von ihnen saßen auf dem harten Boden, andere knieten oder standen. Sie bildeten einen Kreis und blickten alle nach außen. Sie erinnerten Frans an ein Rudel Rehe, das sich auf einer Jagd, an der er teilgenommen hatte, in einem schützenden Kreis zusammengedrängt hatte. Diese Leute haben wirklich etwas Animalisches an sich, dachte er lieblos. Sie waren schmutzig, und sie stanken, aber es war noch mehr als das. Sie hatten keinerlei soziales Verhalten entwickelt, das eine zivilisierte Gesellschaft zusammenhielt. Sie hatten nicht gelernt, ihre Triebe zu unterdrücken, und wussten nicht, wie es war, nicht ständig ums reine Überleben kämpfen zu müssen. Diese Leute waren nur mit ihrem Land verwurzelt, und dieses Land hatte sie nicht gut behandelt.
Frans dachte weiter darüber nach, obwohl ihm das in dieser Situation eigentlich unangemessen und belanglos vorkam.
Angenommen, wir würden ihnen helfen, anstatt sie zu jagen?, dachte er. Wenn wir ihnen Schiffe mit Gütern schicken würden, mit Getreide, Kleidung oder Werkzeug?
Er hielt inne und gab zwei Frauen, die Schulter an Schulter vor ihm standen, ein Zeichen. Die eine war ein grauhaariges, kleines altes Weib. Die andere war etwas jünger, und ihr Gesicht wurde von einer abscheulichen Narbe entstellt. Die gesunde Gesichtshälfte war vollkommen unbewegt.
»Treten Sie zur Seite!«, forderte er sie auf und winkte mit der Hand. In seiner rauen Stimme drückten sich seine widersprüchlichen Gefühle aus. »Wer ist das da hinter Ihnen?«
Die Frauen starrten ihn an, und für einen Augenblick dachte er, sie würden sich nicht rühren. Er legte die Hand auf den Griff seines Degens und zog ihn ein Stück aus der Scheide. Der Soldat hinter ihm trat näher.
Langsam machte die alte Frau einen halben Schritt nach links. Die Frau mit der Narbe blieb stehen, schob jedoch eine Hand unter ihre Felle.
Als Frans das Mädchen hinter ihr sah, war er ganz sicher, dass es sich um das Kind aus Onmarin handelte. Obwohl das Mädchen unglaublich verdreckt war, unterschied es sich schon durch seine hellen Haare und den zierlichen Körper von den Wildländlern. Es kniete auf dem Boden, und die Frau mit der Narbe hatte ihre Hand wie eine Klammer um ihren Nacken gelegt. Als die alte Frau zur Seite trat, hob Lissih den Blick zu Frans. Tränen liefen ihr über die mitleidenswert geschundenen Wangen, und sie begann zu schluchzen.
»Lissih?«, fragte
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