Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
genommen haben. Es ist schön, Gesellschaft zu haben.«
Der Jüngling nickte. »Das hier ist eine nette Abwechslung zum Leben bei Hofe«, erklärte er. »Dort steht man nur nutzlos herum und palavert.«
Riehs schürzte die Lippen. »So funktioniert das Regieren, Niven. Du wirst das akzeptieren müssen, wenn du eines Tages selbst Vicomte sein wirst.«
Niven verzog das Gesicht. »Ich wünschte, ich wäre der jüngere Sohn!«, rief er.
»Wie dem auch sei.« Riehs hob mahnend den Zeigefinger. »Diplomatie ist das Herz einer guten Regierung.«
»Wo wir gerade davon sprechen …«, merkte Philippa an und hob fragend die Brauen.
Riehs warf ihr einen undurchdringlichen Blick zu. »Fragen Sie nach Arlhen oder Oc?«
»Natürlich interessiere ich mich mehr für Oc; ich nehme jedoch an, die beiden Länder stehen miteinander in Verbindung.«
»Natürlich«, bestätigte Riehs. »Die Pferdemeisterinnen haben alle Hände voll zu tun, die Nachrichten hin und her zu transportieren.«
»Hat Wilhelm Arlhen besucht?«
Riehs reagierte mit Kopfschütteln und verzog ironisch die Lippen. »Er hat seinen Fürstenpalast seit über einem Jahr nicht verlassen, Philippa. Und hat auch an keiner einzigen Versammlung des Rates teilgenommen. Abgesehen von seinen Angestellten und gelegentlich Frans bekommt niemand ihn je zu Gesicht.«
Philippa runzelte nachdenklich die Stirn. »Ist es denn gut, dass er den Palast nicht verlässt?«
»Offensichtlich hat es nicht viel geholfen«, antwortete
Riehs. »Wilhelm hat die Einwohner von Oc mit einer Zusatzsteuer belastet.«
»Einer Zusatzsteuer?«, erkundigte sich Philippa.
»Soweit ich es verstanden habe, wird diese Steuer zusätzlich zu dem normalen Zehent erhoben«, erklärte Esmond. »In Kleeh haben wir so etwas nicht. Prinz Nicolas findet das zwar interessant, doch so lange seine eigenen Einnahmen sich nicht verringern, macht er sich deshalb keine Sorgen. Für Ihr Volk dagegen dürfte das wohl starke Entbehrungen bedeuten.«
Philippas Miene verfinsterte sich. »Wieso tut Wilhelm so etwas? Er ist doch ohnehin nicht sonderlich beliebt.«
»Jetzt jedenfalls noch weniger, so wurde mir wenigstens berichtet. Doch Sie wissen ja, wie besessen er ist, Philippa.«
Sie seufzte. »Natürlich. Die Geflügelten Pferde.« »Genau. Er will eine neue Wolkenakademie aufbauen – die Fleckham-Akademie.«
»Eine neue Akademie!« Philippa setzte sich aufrecht hin und stellte ihre Teetasse klirrend auf den Unterteller. »Wozu braucht er denn so etwas?«
»Die Fleckham-Akadamie«, erwiderte Esmond bedächtig, »soll eine Schule für Männer werden. Eine Schule, auf der Männer lernen können, Geflügelte Pferde zu fliegen.«
Philippa starrte ihn an. »Das ist reiner Wahnsinn! So etwas wird der Rat niemals akzeptieren.«
»Etliche Ratsmitglieder glauben, dass Wilhelms Versuche, eine neue Blutlinie zu schaffen, Erfolg gezeigt hat, Philippa. Eine Blutlinie von Geflügelten Pferden, die auch Männer auf ihrem Rücken tolerieren.«
»Aber das hat er nicht!«, rief sie. Sie sprang auf und lief aufgeregt auf und ab. Die Hacken ihrer Reitstiefel knallten
auf dem blanken Kiefernboden. »Er hat nicht die Blutlinie verändert, sondern sich selbst!«
»Möglicherweise«, warf Esmond behutsam ein, »gibt es noch mehr Männer, die bereit sind, sich so zu verändern, wie er das getan hat.«
Philippa erreichte das große Fenster am Ende des Speisesaals. Hinter der Scheibe erstreckten sich auf den Hängen die Lavendelfelder. Ihre üppigen Blüten schimmerten in einem strahlenderen Blau als selbst der Himmel.
Philippa holte tief Luft und zwang sich zur Ruhe. »Ich glaube nicht, dass das funktioniert.« Sie drehte Bergen und Blumen den Rücken zu und sah Esmond und seinen Neffen an. »Nicht, weil es keine Männer gibt, die bereit wären, ihre Körper zu verändern. Fliegen ist fast jedes Opfer wert. Doch Brüste und ein bartloses Kinn machen noch keine Frau, oder? Wilhelm hat sich zwar genug verändert, um seinen Geruch zu verfälschen, aber er ist nach wie vor ein Mann. Ich maße mir nicht an zu wissen, warum Kalla die Geflügelten Pferde so geschaffen hat, wie sie sind, aber diese Wesen dulden nun einmal nur Frauen auf ihren Rücken. Ich bin noch nicht davon überzeugt, dass die Bindung zwischen Wilhelm und dem Fohlen wirklich funktioniert.«
»Man hat ihn mit der Stute gesehen.«
»Doch nicht etwa in der Luft, oder? Noch nicht!«
»Nein, nicht fliegend. Aber man hat gesehen, wie er sie gestreichelt hat. Was das
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