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Die Wuensche meiner Schwestern

Die Wuensche meiner Schwestern

Titel: Die Wuensche meiner Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa van Allen
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größere Opfer bitten sollen. Ihre Gedanken waren voller Vielleichts.
    Doch nun wiesen ihre Schwestern sie auf eine andere mögliche Erklärung für das Scheitern der Magie hin: Vielleicht war das Ergebnis des Zaubers kein Misserfolg, sondern ein Schritt nach vorn. Eine weitere Etappe im Lebenszyklus. Die nächste Phase. Oder – sie nahm noch eine Gabel von ihrem Gyros und kaute wütend darauf herum – vielleicht machte sie sich auch bloß wieder etwas vor. Sie wollte anscheinend unbedingt eine Logik in Dingen erkennen, die sich nicht mit Vernunft erklären ließen.
    Sie rührte mit ihrem Strohhalm in ihrer Limo herum, bis der Plastikdeckel quietschte. Ein kühler Wind blies die Straße hinunter. »Darüber muss ich mir erst mal Gedanken machen«, erklärte sie.
    * * *
    Weihnachten ging vorüber, und der Januarfrost setzte sich in den alten Knochen Tarrytowns fest. Die Tage waren kurz und eisig. Der Stausee war an den Rändern gefroren. An dem Morgen, mit dem ihre letzte Woche in der Strickerei anbrach, sah Aubrey nach dem Aufstehen, dass die Straßen und Dächer von Tappan Square mit einer dünnen Schneeschicht überzogen waren.
    Sie packte die letzten Kisten in ihrem Schlafzimmer. All die Dinge, die sie dringend behalten wollte – bestimmte Haarbürsten, Pullover und Bücher – waren schon in mit Klebeband versiegelten Gräbern aus Pappe verschwunden.Ihr tat der Rücken weh, und sie setzte sich aufs Bett. Meggie, Bitty und die Kinder waren früh am Morgen in das Zweifamilienhaus in Sleepy Hollow gefahren, das Aubrey und ihre Schwestern gemietet hatten, und machten dort sauber, damit es bereit für ihren Einzug war. Das neue Haus war alles andere als eine Strickerei, bloß ein unscheinbares Gebäude im Kolonialstil, dessen Stirnseite direkt am Bürgersteig lag und dessen Schornstein kaum mehr als ein Rohr war, das wie ein Strohhalm im Glas aussah. Aber das Haus würde ihnen erlauben, ihre Ressourcen zu bündeln und zusammenzubleiben, während jede von ihnen herausfand, was sie als Nächstes tun wollte.
    Die Türklingel schnarrte asthmatisch, und Aubrey sprang auf die Beine. Sie ging nach unten und fuhr dabei mit der Hand übers Treppengeländer. Sie rechnete mit einem Repräsentanten der Stadt, der sie wieder einmal mit irgendeiner Sache belästigen würde. Doch als sie die alte Messingtürklinke hinunterdrückte und ein paar vereinzelte Schneeflocken ins Haus bliesen, stand Vic vor ihr, der seine nackten Hände vor Kälte rieb.
    »Oh«, entfuhr es ihr. »Du!«
    Er sah zerknirscht aus, als wollte er sich dafür entschuldigen, vor ihrer Tür zu stehen und niemand anderes als er selbst zu sein. »Kann ich reinkommen?«
    Sie umklammerte den Türgriff. Ihr Herz schlug wie ein wild gewordener Dampfmotor in ihrer Brust. Sie wollte ihn anschreien: Nein! Du solltest nicht hier sein! Doch in Wirklichkeit wollte sie nur eines: ihm die Arme um den Hals schlingen und ihn an sich ziehen, an seiner Brust weinen und ihm sagen, wie leid ihr alles tat – und sie fühlte sich wie gelähmt, weil sie all das nicht tun konnte.
    »Bitte, komm herein«, sagte sie.
    Er trat an ihr vorbei ins Haus, und sie spürte die Kälte, die von seiner Jacke ausging. Der Schnee hatte kleine schmelzende Tropfen auf Vics Schultern hinterlassen. Erzog sich die Mütze vom Kopf – es schmerzte Aubrey, dass es keine war, die sie für ihn gemacht hatte, sondern eine gekaufte, mit engen mechanischen Maschen –, und sein dunkles Haar darunter war so verstrubbelt, dass sie es am liebsten mit der Hand geglättet hätte.
    »Es ist kalt draußen«, sagte er. Er hätte ebenso gut bemerken können, dass es Tag war, dass es schneite oder dass ihr Herz ein Haufen Trümmer in ihrer Brust war oder etwas ähnlich Offensichtliches.
    »Ja. Es schneit«, erwiderte sie.
    »Also … wie geht es dir?«
    »Ich komme irgendwie klar. Und dir?«
    »Genauso.« Sie riskierte einen Blick in sein Gesicht und versuchte, nicht an ihre letzte Begegnung zu denken, bei der sein Blick so weit und unergründlich gewesen war, als er gesagt hatte, dass er sie liebe und sie ihn geküsst hatte und seine Lippen totenstarr gewesen waren. »Hast du, ähm, hast du dein Haus bereits übergeben?«
    Er spielte mit seiner Mütze herum. »Fast. Ich muss bis Ende des Monats ausziehen.«
    »Es ist meine letzte Woche«, teilte sie ihm mit. »Meine Schwestern und ich haben drüben in Sleepy Hollow ein Haus gemietet.«
    »Ist doch toll«, sagte er. Er ließ den Blick durch den Flur schweifen, als

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